Xanten Steinerner Zeitzeuge

Xanten · Ein im Hochchor des Xantener Doms entdecktes Bodenmosaik wird demnächst im neuen Stiftsmuseum ausgestellt. Derzeit wird es aufwändig restauriert.

Es ist eine Art Riesenpuzzle: und bei manchem Freund des Geduldsspiels dürften jetzt die Augen leuchten: 6063 Teile. Das weiß Sophia Michnia ganz genau. In ihrer Werkstatt in Troisdorf ist das Mosaik derzeit eingelagert. 2,50 mal 2,60 Meter ist es groß und gut 1,4 Tonnen schwer. Das passt nicht auf den heimischen Wohnzimmertisch und wäre auch gar nicht bezahlbar. Das 15 Zentimeter hohe Werk stammt aus dem Mittelalter, wurde im Chor des Xantener Doms gefunden und soll demnächst seinen Platz im neuen Stiftsmuseum erhalten. Sophia Michnia restauriert das Mosaik, das gleich mehrfach für den Aufbruch in Xanten steht – allein schon, weil es auch aus Materialien erstellt wurde, die wohl ursprünglich aus der Römerstadt Colonia Ulpia Trajana stammten.

Bei seiner Entdeckung im Jahr 1933 war das Mosaik eine Sensation. Nicht in jeder Kirche, so Elisabeth Maas vom Stiftsmuseum, überstanden derartige Werke die Jahrhunderte. Oft wurden die Steinlagen zerstört, durch Brände beschädigt. In Xanten blieb der mittelalterliche Bodenbelag wohl durch eine spätere Erhöhung des Kirchbodens unbeschadet.

Streit um die Entstehungszeit

Wobei im Rahmen der Forschung über das Xantener Mosaik trefflich gestritten werden kann. Prof. Dr. Walter Bader, ehemaliger Landeskonservator und der Ausgräber im Xantener Dom schlechthin, datiert die Verlegung auf die Zeit beim Wiederaufbau der damaligen Kirche nach einem Brand um 1050. "Zwingend" sei das sogar, wie er später im "Der Dom zu Xanten" angesichts einer 1970 erschienenen Dissertationsschrift schreibt. Da vertritt Hiltrud Kier in ihrer Doktorarbeit mit dem Titel "Der mittelalterliche Schmuckfußboden" die These, dass durch die weiteren Brände nach 1050 – der verheerendste traf das Bauwerk im Jahr 1109 – auf jeden Fall Spuren auf dem Mosaik zurückgeblieben wären. Solche Anzeichen sind aber nicht vorhanden, was auf eine Verlegung erst kurz vor der Neueinweihung im Jahr 1128 schließen ließe, so Klier.

Einigkeit herrscht allerdings über die Bedeutung des Fußbodenmosaiks: Von prächtig bis kostbar reichen die zutreffenden Aussagen. Die Spitzdreiecke, Quadrate und Kreise, Knotenbänder und Tiergestalten, so Elisabeth Maas, lassen auf einen mittelalterlichen Kunstfachmann schließen. Bedient habe der sich vermutlich bei der Auswahl der Steine in der Nachbarschaft, sagt die Mitarbeiterin von und Dom-Custor Dr. Udo Grote: weißer, grauer, grüner und schwarzer Kalkstein beziehungsweise Marmor, Blaustein, helle und dunkle Keramik sowie Tonfliesen.

Die Bergung

Und all diese Steine zeugen von der Geschichte der Stadt: der (mehrfache) Neubau des Bodens, die Suche nach den Ursprüngen durch Ausgrabungen. Dann die Bergung und Aufbewahrung in Walter Baders Kapitel-Anwesen. Nur zu ganz besonderen Anlässen, so schreibt der Xantener Historiker Dr. Ralph Trost, wurde das gute Stück hergezeigt. 1962 landete es im Regionalmuseum, wo es nur wegen seiner Steine der Römer hingehörte. Folgerichtig war der Boden im Erdgeschoss des Museums jahrelang abgedeckt und mit anderen Ausstellungsgegenständen bestückt.

Jetzt kommt er ins neue Stiftsmuseum, wird demnächst im Keller der alten Kellnerei zu sehen sein – ein Zeitzeuge besonderer Art.

(RP)
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