Zum Sonntag Unser täglich Brot gib uns heute - Stoff zum Nachdenken

Xanten · Die Bibel sagt: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht. Der Volksmund sagt: Wir leben nicht vom Brot allein, es muss auch Wurst und Käse sein. Es sieht also ganz so aus, als lädt uns die Brotbitte dazu ein, darüber nachzudenken, was wir wirklich brauchen. Essen und Trinken mal auf jeden Fall. Ein Dach über dem Kopf. Kleidung gegen die Kälte und um die Blöße zu bedecken. Arbeit, um Geld zu verdienen und Sinn zu gewinnen. Gesundheit und Frieden im Land. All das haben wir. Viele aber nicht. Das müssen wir im Blick behalten.

Zum Sonntag: Unser täglich Brot gib uns heute - Stoff zum Nachdenken
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Und dann kommt das, was wir gerne hätten: Erfolg. Freizeit. Ein Auto vor der Tür. Urlaubsreisen. Ein bisschen Luxus. Oder ein bisschen mehr davon. Dürfen Christen sich Luxus leisten? Ganz schnell kommen da die Spaßverderber, die im Christsein einen guten Anlass sehen, um anderen ein schlechtes Gewissen zu machen.

Martin Luther hat in seiner berühmten Reformationsschrift "Von der Freiheit eines Christenmenschen" dazu geschrieben: "Ein Christenmensch ist ein freier Herr aller Dinge und niemanden untertan - durch den Glauben!" Wir dürfen also tun und lassen, was wir wollen, oder? Ist die Freiheit eines Christenmenschen also eine Freiheit zum Egoismus? Das kann es ja wohl nicht sein.

Und deshalb ist der Satz Martin Luthers auch noch nicht vollendet: Er setzt nämlich einen zweiten Satz direkt dazu: "Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht und jedermann untertan - durch die Liebe!" Das ist also das Spannungsfeld, in dem wir uns bewegen. Der Glaube macht uns frei - das ist eine Absage an die, die uns durch ihre Moral binden wollen. Die Liebe aber bindet uns an unseren Nächsten - aus der Freiheit eines Christenmenschen heraus. Nein, es ist längst nicht für jeden Menschen auf der Welt sicher-gestellt, dass er sein täglich Brot hat. Darum ist diese Bitte im Vaterunser nach wie vor wichtig. Nicht in erster Linie um unser eigenes Brot bitten wir dann. Aber vielleicht um das Bewusstsein, dass es auch an uns liegen könnte, ob Menschen in anderen Teilen der Welt ihr tägliches Brot haben. Denn wenn ihnen das Brot fehlt, dann werden sie hierher kommen, um von unserem Brot zu essen. Unser täglich Brot gib uns heute - viel Stoff zum Nachdenken. Was brauchen wir wirklich? Und was brauchen andere? Wozu befreit uns der Glaube? Und worin bindet uns die Liebe?

AUTOR PETER MUTHMANN IST PFARRER DER EVANGELISCHEN KIRCHENGEMEINDE BÖNNINGHARDT. FOTO: PM

(RP)
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