Bewegen Hilft Die Institutionen Verständnis entsteht durch Begegnung

Xanten · Amar Azzoug und Hayat Ketfi sind die Gesichter des Bunten Tischs, der ein besseres Zusammenleben zugewanderter und in Deutschland geborener Menschen zum Ziel hat. Dringend gebraucht wird ein Kopierer für die wichtigen Konversationskurse.

 Hayat Ketfi (linkes Bild, 3. v. r.) spricht mit Flüchtlingen. Sie und Amar Azzoug engagieren sich für den Bunten Tisch in Moers.

Hayat Ketfi (linkes Bild, 3. v. r.) spricht mit Flüchtlingen. Sie und Amar Azzoug engagieren sich für den Bunten Tisch in Moers.

Foto: Christoph Reichwein

Moers Jetzt in diesem Büro sitzen bleiben, weiter darüber sprechen, wie die Welt besser werden und was man konkret vor der Haustür dafür tun kann. Das wär's. Das Büro ist der Arbeitsplatz von Amar Azzoug und Hayat Ketfi vom Bunten Tisch. "Du kannst die Welt retten", sagt Azzoug, "du brauchst aber Ideale", und man möchte ihm ganz dringend glauben. Diese Welt hätte es verdammt nötig.

Im Moment steht das Thema Flüchtlingsarbeit ganz oben auf der To-do-Liste von Azzoug, seiner Kollegin und dem ganzen Team, das aus rund 50 Ehrenamtlern besteht. Der Bunte Tisch koordiniert die Flüchtlingsarbeit in Moers - seit Anfang des Jahres hat er offiziell das Mandat dafür. Schon seit Juni 2014 steht das Thema Flüchtlinge täglich auf der Agenda von Ketfi und Azzoug, zu ihren ursprünglichen Themen kommen die beiden momentan kaum.

Der Verein will politische Bildung vermitteln, Menschen und Kulturen zusammenbringen und auf diese Weise Vorurteile abbauen. Erklärtes Ziel ist es, das Zusammenleben Zugewanderter und Menschen, die gebürtig aus Deutschland kommen, zu verbessern, das Interesse aneinander zu wecken. Azzoug und Ketfi organisieren Gesprächsabende zwischen muslimischen und christlichen Jugendlichen, Diskussionsrunden, Veranstaltungen, bei denen sich ein Land, eine Kultur oder eine Region vorstellt. Den anderen besser zu kennen, schafft Verständnis. Nicht unbedingt Sympathie, aber häufig Akzeptanz. "Ob ein Mensch schlecht ist oder nicht, hängt schließlich nicht mit dem Herkunftsland zusammen", sagt Ketfi. Beim Bunten Tisch macht man keinen Unterschied zwischen Flüchtlingen oder Nichtflüchtlingen oder Migranten mit einem deutschen Pass. Wo der Mensch zählt, sind Status, Herkunft oder Religion zweitrangig. "Jeder hat erst einmal Respekt verdient", sagt Azzoug. "Allen mit menschlicher Nähe und Wärme zu begegnen war, ist und bleibt unser Leitfaden."

Wirklich menschlich zu sein heißt, dem anderen offen gegenüberzutreten. Es heißt aber auch, sich zu kümmern - zum Beispiel mit Erste-Hilfe-Sprachkursen. "Die Sprache ist immer noch das A und O", sagt Ketfi. Sechs dieser Konversationskurse bietet der Bunte Tisch derzeit insgesamt an.

Montags beispielsweise kommen immer rund 50 Teilnehmer in die Container an der Kornstraße, werden dann in Kleingruppen eingeteilt; jede Gruppe wird von einem Lehrer betreut. Die Lehrer, das sind derzeit rund 25 Ehrenamtliche, fünf weitere lassen sich jetzt gerade einarbeiten.

Wenn sie am Morgen in Azzougs und Ketfis Büro kommen, bildet sich eine lange Schlange an dem alten Kopierer. Für neue Bücher ist kein Geld da, gelernt wird von Arbeitsblättern mit Lückentexten darauf oder kleinen Bildchen von Dingen, die es zu benennen gilt. Dieser Kopierer, so treu er auch gewesen ist, hat seine beste Zeit hinter sich. Amar Azzoug möchte das Geld, das bei "Bewegen hilft" zusammenkommt und an den Bunten Tisch geht, daher gern in ein neues Gerät investieren. Denn dieser Kopierer ist mehr als nur ein technisches Gerät.

Er spuckt die für die Sprachkurse so wichtigen Arbeitsblätter aus und steht damit für die Chance auf einen Kontakt zwischen Flüchtlingen und der Gesellschaft, in die sie hineingeworfen wurden. Diese Möglichkeit nicht zu nutzen, wäre fahrlässig. Schließlich soll die Welt doch ein bisschen besser werden - wenigstens vor unserer Haustür.

(RP)
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