Xanten Vom Friedhof auf den Weihnachtsmarkt

Xanten · Anja Spinola aus Moers verkauft in Xanten seit sieben Jahren Dufthölzer. Die 33-Jährige ist von Beruf Bestatterin "mit Leib und Seele".

 Holzkugeln aus Buchenholz, in unterschiedliche Öle getränkt, bekommt man bei Anja Spinola auf dem Xantener Weihnachtsmarkt.

Holzkugeln aus Buchenholz, in unterschiedliche Öle getränkt, bekommt man bei Anja Spinola auf dem Xantener Weihnachtsmarkt.

Foto: Armin Fischer

Man kann Anja Spinola gut riechen, schon von weit her. Aber sie selber nimmt die verschiedenen Düfte kaum noch wahr, die den Weg weisen zu ihrer kleinen Hütte auf dem Weihnachtsmarkt. Die 33-Jährige verkauft duftende Kugeln - Holzkugeln aus Buchenholz, in unterschiedliche Öle getränkt. "Die halten mehrere Monate", versichert die Moerserin, die zum siebten Mal auf dem Xantener Weihnachtsmarkt steht. "Man muss sie nur ab und zu mit Wasser beträufeln." Und vor allem auf ein Stövchen legen oder in eine Glasschale oder ein kleines Körbchen. Denn die Öle geben etwas Farbe ab - das macht sich nicht so gut, wenn man sie zum Beispiel in den Schrank oder die Kommode zwischen die Wäsche legt, damit die immer schön riecht.

Opium, Zitrone, Lavendel, Tanne, Rose, Vanille, Sandelholz, Limone, Johannisbeere, Gute Laune: Die Öle kauft Anja Spinola in Düren, die Holzkugeln kommen aus Spanien. Sie hat nicht immer den gleichen Stellplatz auf dem Weihnachtsmarkt, aber mittlerweile Stammkunden. "Und die finden mich - egal, wo ich stehe", sagt sie und nickt, als eine Marktbeschickerin, die zwei Stände weiter Taschen anbietet, sie fragt, ob sie auch einen Kaffee möchte. "Man kennt sich mittlerweile", erzählt die Mutter einer sechsjährigen Tochter.

Für den Weihnachtsmarkt in Xanten nimmt sie sich übrigens ihren Jahresurlaub. Denn im eigentlichen Berufsleben ist die 33-Jährige Bestatterin. Seit drei Jahren arbeitet sie in einem Bestattungsunternehmen in Duisburg. Und sie ist es "mit Leib und Seele: Ich möchte keinen anderen Beruf haben", sagt Anja Spinola. "Schon als Kind bin ich gerne über die Friedhöfe gelaufen und habe auf den Grabsteinen gezählt, wie alt die Menschen geworden sind." Und wenn sie meinte, ein Grab sehe gerade nicht so schön aus, hat sie es kurzerhand saubergemacht.

Wie kommt man vom Friedhof auf den Weihnachtsmarkt? Wie die Jungfrau zum Kinde. In ihrem "Fall" ist der Gatte Sascha Schuld, der das Geschäft mit dem Duft vor einigen Jahren mit einem Partner aufgezogen hat und auch heute noch einmal in der Woche in dem Holzhäuschen steht. Dann nimmt sich Anja Spinola Zeit für die Tochter, backt mit ihr Plätzchen, kümmert sich um die beiden Hunde. Und der Haushalt muss schließlich auch gemacht werden.

Zitrone und Wildkirsche sind übrigens ihre Lieblingsdüfte. "Düfte machen 'was mit der Seele. Auch im Bestattungsgewerbe wird mit Düften gearbeitet", sagt die 33-Jährige, die sich ihre Hütte auf dem Weihnachtsmarkt nahe der der Bühne schön hergerichtet, die Verkaufstheke mit rotem Samt ausgelegt hat. Tritt, Stuhl, Wolldecke, Gas-Heizofen, Wolle und Stricknadeln im Korb. Sie strickt einen Schal für die Tochter, rosa natürlich. Sie sagt: "Ich stricke nur auf dem Weihnachtsmarkt, sonst nie." Sie schätzt die netten Gespräche mit Kunden: "Ich bin gerne hier, das ist für mich Entspannung." Wie Urlaub halt.

(jas)
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