Xanten Wie in alten Zeiten: Der neue Kapitelsaal

Xanten · Nach drei Jahren ist die Restaurierung des früheren Versammlungsraums der Stiftsherren im Dom abgeschlossen. Schmuckstücke sind die Fliesen, die nach historischem Vorbild gebrannt wurden. Am Sonntag weiht Weihbischof Theising den Saal ein.

 Legen selbst letzte Hand an im frisch renovierten Kapitelsaal: Domprost Klaus Wittke und Steinmetzt Thorsten Knapp. Im Hintergrund der stellvertretende Kirchenvorstandsvorsitzende Adolf Heck (r.) und Adrian Thyssen, stellvertretender Vorsitzender Dombauverein.

Legen selbst letzte Hand an im frisch renovierten Kapitelsaal: Domprost Klaus Wittke und Steinmetzt Thorsten Knapp. Im Hintergrund der stellvertretende Kirchenvorstandsvorsitzende Adolf Heck (r.) und Adrian Thyssen, stellvertretender Vorsitzender Dombauverein.

Foto: Armin Fischer

Knapp 10 000 Fliesen sind gelegt, die neuen Stromleitungen verlegt, die Wände verputzt, die hohen Fenster mit einer zweiten Verglasung geschützt: Nach rund drei Jahren Sanierungszeit - Pausen inklusive - ist der Kapitelsaal nun fertig saniert und restauriert. Und der Dom ist um eine Attraktion reicher. Ab Sonntag, wenn nach dem Pontifikalamt um 11.30 Uhr der Saal mit einem Gottesdienst, den Weihbischof Wilfried Theising halten wird, und mit Bachs Präludium und Fuge F-Dur, gespielt von Regionalkantor Wolfgang Schwering an der "Saalorgel" eröffnet wird, erstrahlt er erstmals wieder in alter Herrlichkeit. So wie die Kanoniker den Versammlungsraum noch kannten, als sie hier zusammenkamen und die Geschicke des Stifts führten.

Die Geschichte Schon in den Zeiten bis Anfang des 19. Jahrhunderts, als die Stiftsherren hier tagten, wurde der Saal immer wieder umgebaut. "Wir kennen vier Hauptbauphasen", erläutert Steinmetz Torsten Knapp von der Dombauhütte. Zeitweise war eine Zwischendecke eingezogen, um den unteren Versammlungsteil vom oberen Schlafraum für die Kanoniker abzutrennen. Zudem wurde eine zweite Reihe Fenster ins Mauerwerk gebrochen. Die Wandfarbe änderte sich mehrfach, der Boden war mal höher, mal abgesenkt. Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg diente der Saal als Sakristei, als Lager für Stühle und Musikinstrumente und als kleines Museum. "Kein schöner Zustand, nichts kam zur Geltung", erläutert der Leiter der Dombauhütte, Johannes Schubert. Es musste etwas geschehen.

Das Schmuckstück Den Fußboden hatte es besonders schlimm getroffen, die Ziegelsteine waren auf einem Sandbett verlegt und mit der Zeit eingesunken. Er stellte die Sanierer vor eine der größten Herausforderungen, denn der Boden sollte nach historischem Vorbild aus dem 16. Jahrhundert wieder hergerichtet werden. Das heißt, die Dombauhütte musste sich auf die Suche nach einem Fachbetrieb machen, der noch die alten Brenntechniken beherrscht, um die Kacheln in Schwarz und Weiß, Rotbraun und Grün nach historischem Vorbild herzustellen. Reste in einer Ecke des angegliederten kleinen Türmchens, das Carl Cuno, ein Baumeister aus der Mitte des 19. Jahrhunderts mit gut erhaltenen Fliesen hatte auslegen lassen, zeigten noch die einstige Schönheit des Kapitelsaals.

Schubert und Knapp wurden in Höhr-Grenzhausen (Westerwald) fündig. "Wir hatten Glück", sagt Propst Klaus Wittke. "Im weiten Umfeld gab es nur einen Betrieb, der sich darauf verstand." Und Torsten Knapp ergänzt: "Man konnte in dem Familienbetrieb mit einem Blick sofort sagen, welche Glasur damals angewendet wurde. Vergleicht man die Reste des Originalbodens und den Nachbrand, wird das hohe Einfühlungsvermögen in die Technik des 16. Jahrhunderts deutlich sichtbar." Die Herstellung der 12 mal 12 Zentimeter großen Bodenfliesen war eine kniffelige Arbeit: Schon die kleinste Abweichung während des Brennens konnte das Ergebnis beeinflussen. Je nach Sauerstoffgehalt im Brennofen, so Knapp, reichte die Farbpalette der Fliese von Tiefbraun bis Schwarz.

Die Kosten Zwei Drittel der Sanierungs- und Restaurierungkosten hat die Kirchengemeinde getragen, ein Drittel steuerte das Bistum Münster bei. "Es war nicht so teuer wie viele vielleicht denken", sagt Propst Klaus Wittke ohne konkrete Zahlen zu nennen. Viele Beteiligte hätten auch ehrenamtlich Stunden investiert, die Mitarbeiter der Dombauhütte, deren Betreiber der Dombauverein ist, "mit Leidenschaft" daran gearbeitet.

Die Nutzung Der Kapitelsaal mit seinem nunmehr barrierefreien Zugang ist mehr als ein weiteres eindrucksvolles Zeugnis der Domgeschichte. Er kann künftig für Veranstaltungen der Kirchengemeinde wie Vorträge oder den Neujahrsempfang genutzt werden oder für kleinere Gottesdienste, zum Beispiel speziell für größere Besuchergruppen, wenn in der Krypta schon eine Messe stattfindet.

(RP)
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