Köln/Bonn Streit um Pferde bei Karnevalszug

Köln/Bonn · Dem auf dem Kölner Rosenmontagszug gestürzten Pferd geht es wieder gut. Dennoch fordern Tierschützer nach einem ähnlichen Vorfall in Bonn ein generelles Teilnahmeverbot von Pferden auf Karnevalszügen. Die Grünen lehnen das ab.

Mit einer Möhre in der linken Hand und in rot-weißer Gardeuniform steht Florian Müller im Stall neben "Querida". Der Reiter des Kölner Karnevalsvereins Nippeser Bürgerwehr ist noch in der Nacht nach dem Sturz auf dem Kölner Rosenmontagszug in den Stall gekommen, um sich ein Bild vom Gesundheitszustand des Pferdes zu machen. Müller gibt dem Tier einen leichten Klaps und spricht der Stute etwas ins Ohr. Sowohl ihm als auch "Querida" gehe es wieder gut, sagt er. Das sei der Bürgerwehr wichtig, betont Kommandant Helmut Schüßler, der mit im Stall ist.

"Querida" war mitten auf der Strecke liegengeblieben. Der Kölner Rosenmontagszug musste deshalb für rund 20 Minuten unterbrochen werden. Da es zunächst nicht aus eigenen Kräften wieder auf die Beine kam, wurde ein Kran angefordert. Doch bevor der zum Einsatz kam, stand das Tier wieder und wurde in eine Tierklinik gebracht. Die Holländer-Stute sei ausgerutscht auf dem glatten Asphalt, meint Andrea Schnitzler, die einen Reiterhof in Langenfeld betreibt, auf dem das Tier lebt. 14 ihrer Pferde waren im Rosenmontagszug dabei. "Querida geht es gut. Sie macht das schon sehr lange, ist gesund und munter. Wenn man ihr ein bisschen Zeit gegeben hätte, wäre sie von selbst wieder aufgestanden", sagt Schnitzler.

Der Einsatz von Pferden im Karneval ist seit langem umstritten. Auch in Bonn gab es beim Rosenmontagszug einen Unfall mit zwei Pferden, die mit einer Kutsche durchgingen. Dabei wurden zwei Menschen leicht verletzt. An mehreren Autos entstand Sachschaden. Erst im Januar hatten drei Tierschutzorganisationen bei der Stadt Köln vergeblich einen Antrag auf Verbot von Pferden in Karnevals-umzügen gestellt. Das NRW-Umweltministerium fordert nun aber eine Überprüfung der Karnevalsveranstaltungen in Köln und Bonn: "Das Tierschutzgesetz und damit der Tierschutz gilt in allen Bereichen und damit natürlich auch bei Brauchtumsveranstaltungen", sagte Staatssekretär Peter Knitsch. Für den Vollzug der tierschutzgesetzlichen Regelungen seien die kommunalen Veterinär-Ämter zuständig. "Bei Vorfällen wie jetzt im Karneval muss daher überprüft werden, ob die Tierschutzbestimmungen eingehalten worden sind", so Knitsch.

Die Tierrechtsorganisation Peta übte scharfe Kritik an den Veranstaltern des Rosenmontagszugs und forderte Behörden und Politiker auf, die Pferdenutzung bei Karnevalsumzügen generell zu untersagen. "Laute Musik, fliegende Süßigkeiten und ausgelassene Menschenmassen setzen die sensiblen Tiere ständigem, hohem Stress aus", sagte Peta-Sprecher Peter Höffken. Pferde seien sehr schreckhaft. "Fast jedes Jahr werden Menschen und Tiere bei Karnevalsumzügen zum Teil schwer verletzt. Selbst bei trainierten Pferden kann bereits eine geringe Störung den Fluchtinstinkt auslösen", so Höffken. Ähnlich äußerte sich der Deutsche Tierschutzbund. "Millionen Menschen feiern stimmungsvoll den Straßenkarneval. Aber das geht auch wunderbar ohne Pferde oder andere Tiere", sagte ein Sprecher. "Daher fordern wir ein klares Verbot von Pferden auf entsprechenden Umzügen."

Die Grünen im Landtag sehen das allerdings anders. Der tierschutzpolitische Sprecher der Fraktion, Martin-Sebastian Abel, erklärte: "Pferde gehören zum Karneval. In 99 Prozent der Fälle geht das ja auch gut. Ich bin dagegen, dass Einzelfälle immer gleich zu Verboten führen sollen." Man müsse der Eigenverantwortung der Halter vertrauen und könne davon ausgehen, "dass die selbstständig bemüht sind, alles zu unterlassen, was den Tieren schadet". Dies sieht auch Christina Schulze-Föcking, landwirtschaftspolitische Sprecherin der CDU im Landtag, so: "Wenn Pferde bei Brauchtumsveranstaltungen mitgehen, muss sichergestellt sein, dass nur extrem belastbare Tiere ausgewählt werden. Das Beispiel Polizei zeigt, dass es Pferde gibt, die solchen Belastungen gewachsen sind."

Peta fordert das Veterinäramt auf, das in Köln kollabierte Pferd auf eine mögliche Sedierung hin zu untersuchen. Eine Unterstellung, die Schnitzler von sich weist: "Es gibt strenge Auflagen, wir dürfen die Tiere gar nicht spritzen", sagt sie. Sie hält die Reaktionen mancher Tierschützer für überzogen. "Dieser Aufriss ist doch Wahnsinn. Und wenn ein Mensch hinfällt, gehen viele einfach vorbei", meint sie. Die Auflagen seien streng, vor jedem Zug müssten Reiter und Pferd 35 Reitstunden absolvieren. "Wir üben in der Halle mit Musik, so dass die Pferde sich daran gewöhnen", sagt Schnitzler. Sie habe noch nie ein Tier "auf Biegen und Brechen zu Veranstaltungen geschleppt".

(RP)
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