SEK-Einsatz Terroranschlag aufs Centro vereitelt?

Duisburg/Oberhausen · Oberhausen war womöglich Ziel einer Terrorattacke. Ein Spezialeinsatzkommando nahm in Duisburg zwei Männer in Gewahrsam, die das Einkaufszentrum Centro als Ziel ins Visier genommen haben könnten.

Es ist 0.44 Uhr, als Markus Hockenbrink in seiner Erdgeschosswohnung in Duisburg-Marxloh durch Krach auf der Straße aufgeschreckt wird. Der 39-Jährige, der sich zu diesem Zeitpunkt Oldies aus seiner CD-Sammlung angehört hat, schaut aus dem Fenster und sieht draußen Polizisten und Streifenwagen vor dem Mehrfamilienhaus. "Ich wollte dann raus, um nachzusehen, was da los ist", sagt er. "Als ich die Wohnungstür aufmachte, sah ich zwei SEK-Leute mit Maschinenpistolen und Skimützen. Die haben mich sofort in meine Wohnung zurückgedrängt." Die Kräfte des Spezialeinsatzkommandos (SEK) waren in der Nacht zu gestern in das Marxloher Wohnhaus gestürmt, um in der ersten Etage mutmaßliche Terrorverdächtige in Gewahrsam zu nehmen. Zeitgleich durchsuchte die Polizei nur drei Kilometer entfernt im Stadtteil Bruckhausen eine weitere Wohnung; auch zwei Autos wurden untersucht. Festgenommen wurden zwei 28 und 31 Jahre alte Brüder, die aus dem Kosovo stammen und muslimischen Glaubens sein sollen. "Es gibt einen Verdacht, dass die Männer möglicherweise einen Anschlag auf das Oberhausener Einkaufszentrum Centro geplant haben könnten", teilte das ermittelnde Polizeipräsidium Essen mit.

Den Hinweis auf die Festgenommenen habe die Essener Polizei zuvor aus Sicherheitskreisen erhalten. "Seitdem ermittelt der Staatsschutz, unterstützt durch weitere Kriminalbeamte, ob sich der Anfangsverdacht weiter konkretisieren lässt", erklärte die Polizei. Ein Richter habe beschlossen, dass die beiden mindestens bis zum heutigen Samstag im Polizeigewahrsam bleiben.

Markus Hockenbrink beschrieb die Verdächtigen als streng gläubige Muslime. "Schon wenn wir im Garten gegrillt haben, machten die Ärger, weil Schweinefleisch auf dem Grill lag", berichtete der 39-Jährige. Ein weiterer Mann aus der Wohnung, der aber nicht in Polizeigewahrsam genommen worden sein soll, habe ihm mehrfach mit dem Tod gedroht. "Er sagte mir, er schneidet mir den Kopf ab", betonte Hockenbrink. Ein anderer Nachbar, der anonym bleiben möchte, meint zu wissen, dass einer der Brüder oft die Massjid Ar-Rahman-Moschee in Marxloh besucht habe, in der Salafisten verkehren sollen. Deshalb soll sie nach Informationen unserer Redaktion auch schon seit Längerem unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen. Wie konkret die Anschlagspläne gewesen sind oder ob es überhaupt welche gegeben hat, ist noch nicht bekannt. Die Polizei geht nach ihren ersten Ermittlungen allerdings nicht davon aus, dass ein Anschlag unmittelbar geplant war. Auch wird keine Verbindung zu dem mutmaßlichen Berliner Lkw-Attentäter Anis Amri gesehen, der gestern in der Nähe von Mailand bei einem Schusswechsel mit italienischen Polizisten getötet wurde. "Wir sammeln Indizien und Beweismittel, um den Anfangsverdacht einer Straftat begründen zu können. Wenn dieser Verdacht besteht, kann Untersuchungshaft erwirkt werden." Der Rechercheverbund von WDR, NDR und "Süddeutsche Zeitung" berichtete jedoch, dass die Verdachtsmomente gegen die beiden Brüder gravierend seien. So habe der Bundesverfassungsschutz auch Telefongespräche der beiden Männer abgehört. Die Ermittler hätten eine so schwere Bedrohung konstatiert, dass sie ein Eingreifen für erforderlich hielten.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) lobte den schnellen Zugriff der Polizei in Duisburg und forderte, dass die Ermittlungen nun mit Hochdruck vorangetrieben werden. "Wir müssen alles über die Pläne der Festgenommenen und mögliche Hintermänner herausfinden", betonte der Minister.

Wie ernst die Lage von den Sicherheitsbehörden beurteilt wurde, zeigte der Einsatz wenige Stunden vor den Zugriffen. Gegen 18 Uhr waren am Donnerstagabend rund um das Centro massive Polizeikräfte zusammengezogen worden. Mit Maschinenpistolen und Schutzwesten patrouillierten sie gut sichtbar für die Besucher durch die Einkaufspassagen. Wie bei dem Terroranschlag in Berlin und dem Amoklauf in München versuchte die Polizei, auch in Oberhausen die Informationshoheit in den sozialen Netzwerken zu behalten. Schon früh informierte sie über Facebook und Twitter die Menschen über den Polizeieinsatz und warnte davor, sich an Spekulationen zu beteiligen, die im Internet früh kursierten.

(csh)
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