Die Rheinische Post und ihre Macher In der digitalen Steinzeit

Auch im jungen Online-Journalismus gibt es inzwischen eine Vergangenheit, in der vor allem eins zählte: Pioniergeist.

 RPO-Pionier Volker Pfau in den ersten Redaktionsräumen im Düsseldorfer Hafen. Das Internet Starter Kit gehörte zur Grundausstattung der Arbeitsplätze. Und in der Schublade lag immer auch eine Liste der Telefonnummern der Techniker — falls ein Server ausgefallen war oder sonst etwas nicht funktionierte.

RPO-Pionier Volker Pfau in den ersten Redaktionsräumen im Düsseldorfer Hafen. Das Internet Starter Kit gehörte zur Grundausstattung der Arbeitsplätze. Und in der Schublade lag immer auch eine Liste der Telefonnummern der Techniker — falls ein Server ausgefallen war oder sonst etwas nicht funktionierte.

Foto: RP-Archiv / Werner Gabriel

Wer heute auf die erste Startseite von RP Online aus dem Jahr 1996 schaut, der würde sich erschrecken. Das Internet ohne Bilder und Videos: Die erste Homepage aus dem Verlag der Rheinischen Post hatte einen schwarzen Hintergrund, ein paar Buttons und wenig Text, gelbe Buchstaben.

Zu Beginn des Online-Journalismus mussten die Nachrichten in schlanke Datenpakete verpackt werden, denn die Verbindung der Nutzer mit dem Internet bestand meist aus einem aus heutiger Sicht sehr schläfrigen Modem. Die ersten Redakteure mussten auch ein bisschen technisch versiert sein. Denn wer beim Hochladen seiner Texte nicht aufpasste, konnte aus Versehen einen Teil der Webseite lahmlegen.

Doch das Online-Team ließ sich durch solche Einschränkungen nicht bremsen. Aber jede neue Idee benötigte zwangsweise auch eine technische Komponente, damit die interessanten Nachrichten die User überhaupt erreichen konnten. Ausprobieren hieß das Motto. Selbst eine Liveübertragung des Rosenmontagszuges hat unter abenteuerlichen Umständen geklappt.

Kann man den Fortuna-Fans nicht eine Nachricht schicken, wenn im Spiel ein Tor gefallen ist? Dazu müsste man ein paar Tausend Fans automatisch mit einer SMS versorgen. Es ging. Lange bevor Smartphones selbstverständlich waren. Der erste technische Test lief immer über die privaten Handys der Mitarbeiter. Dann ging die Anwendung live und niemand wusste, ob sie auch im großen Maßstab funktionieren und durchhalten würde.

In der Schublade der Arbeitsplätze in der Redaktion lag immer eine Liste mit den Telefonnummern der Techniker. Die waren immer hilfsbereit und reparierten auch am Wochenende oder sogar nachts, wenn ein Server ausgefallen war oder irgendetwas nicht funktionierte.

Auch die Redaktion konnte schon in den ersten Jahren von überall auf das System zugreifen. Manche Meldung wurde nachts geschrieben, zuhause oder am Computer bei Freunden, denn irgendwie war es selbstverständlich, dass wichtige Nachrichten oder Aktualisierungen schnell online waren. Für den Nachrichtenfluss wurde auch improvisiert. Manchmal wartete ein Kollege in der Redaktion auf eine SMS, die direkt aus der Ratssitzung verschickt wurde, damit das Ergebnis einer wichtigen Abstimmung sofort im Internet nachzulesen war.

Die Nutzer von RP Online haben diesen Service immer geschätzt. Das Internet hat neue journalistische Formate hervorgebracht - den Live-Ticker etwa. Was vorher dem Radio vorbehalten war, funktioniert auch Online: Ein Bericht live aus dem Fußballstadion, während des Spiels. Und RP Online gehörte zu den Pionieren dieser Technik. Bei Heimspielen wussten die Redakteure, worauf sie sich im Stadion einließen.

Bei Auswärtsspielen gab es manche Überraschung, aber der Ticker lief immer. Die Technik dahinter war auf hohe Zugriffszahlen in kurzer Zeit ausgelegt. Die Fans sollten nicht enttäuscht werden, wenn es in der Schlussphase des Spiels noch mal spannend wurde. Das half der Redaktion an einem denkwürdigen Tag. Als am 11. September 2001 die Server vieler Nachrichtenportale wegen des Terroranschlags in den USA unter dem Nachrichtenhunger der Leser zusammenbrachen, lieferte RP Online weiter Informationen.

(rai)
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