Düsseldorf "Vor der Einschulung schwimmen lernen"

Düsseldorf · Leser-Aufruf: Viele Eltern übernehmen Verantwortung und verstehen die schwierige Lage der Lehrer.

In vielen Schulen in NRW kann kein richtiger Schwimmunterricht stattfinden, da Bäder überfüllt sind oder es an Personal mangelt, um Nichtschwimmer richtig anzuleiten. Unsere Leser schildern ihre Erfahrungen mit der Problematik. Eine Auswahl:

Anja Möllmann (51) aus Tönisvorst "Meine drei Töchter habe ich jeweils etwa ein Jahr vor Schuleintritt im örtlichen Schwimmverein angemeldet. Die Lehrer in der Schule sind mit der Aufgabe, den Kindern das Schwimmen beizubringen, überfordert. Die Zeit im Wasser ist zum Teil nicht länger als 30 bis 45 Minuten. In dieser Zeit kann kein Lehrer auf einzelne Schüler ausreichend eingehen. Hier sind die Eltern in der Pflicht." Ute Reimer (47) aus Kempen "Ich habe meinen beiden Söhnen das Schwimmen beigebracht, noch bevor sie in die Grundschule kamen. Ich denke, man kann nicht seinen gesamten Erziehungsauftrag abgeben und muss auch die Verantwortung für solche Dinge übernehmen. Die Lehrer sind sicherlich genug ausgelastet, vor allem in Zeiten der Inklusion." Ingrid Speth-Müller (50) aus Krefeld "Der von der Bezirksregierung geforderte ,Rettungsschwimmer' umfasst den DLRG-Rettungsschwimmer in Silber - selbst für mich als eine geübte Schwimmerin ist das ohne wochenlanges Training fast nicht zu schaffen. Und das alles auf eigene Kosten. Dadurch werden Klassenausflüge und Schulfahrten sehr erschwert und uns Lehrern verleidet, müssen wir doch immer befürchten, dass etwas passiert und wir wegen nicht eingehaltener Vorschriften verklagt werden. Bei diesen Auflagen können die schönen Seiten der Schule für die Verantwortlichen zum Alptraum werden und letztendlich irgendwann nicht mehr stattfinden." Martha Speck (50) aus Meerbusch "Mir war sehr wichtig, dass unsere zwei Jungs so früh wie möglich schwimmen lernen, weil ich großen Respekt vor dem Wasser habe. Bereits mit zwei Jahren habe ich sie auf die (immer sehr lange) Warteliste vom DLRG Meerbusch setzen lassen, damit sie mit fünf Jahren einen Platz bekommen. Beim DLRG haben beide ausgezeichnet schwimmen gelernt und mit neun Jahren ihr Goldabzeichen gemacht." Margret Kurte (73) aus Ratingen "Ich habe mehr als 20 Jahre lang als Lehrerin Schwimmunterricht gegeben. Für zwei Klassen mit insgesamt 60 Kindern bekamen wir immer nur zwei von fünf Bahnen gestellt - so ist vernünftiger Unterricht nicht möglich. Ich habe auch schon mal darum gebeten, uns eine zusätzliche Bahn zu geben, wenn auf den anderen nur ein Dutzend Gäste schwammen. Doch man sagte uns, das geht nicht, die Gäste haben dafür bezahlt. Aber die Kinder doch auch! Leider hat sich an der Situation in all den Jahren nie etwas geändert." Andrea Vogt (46) aus Viersen "Die Grundschule unserer Tochter bietet das Schwimmen in allen vier Schuljahren durchgängig an. Trotz des Zeitdrucks (Busfahrt etc.) ist es unserer Tochter - und damit auch den Lehrern - gelungen, im zweiten Schuljahr das Bronze-Abzeichen zu erlangen. Doch gerade im Grundschulbereich ist das Betreuen heterogener Gruppen ein Kraftakt: Schwimmen lernen in etwa 25 Minuten pro Woche? Ich finde, dass Eltern nicht alle Erziehungsleistungen delegieren können." Michael Knittel (44) aus Kaarst "Als langjähriger Abteilungsleiter der Schwimmabteilung des TuS Erkrath 1930 e.V. weiß ich, dass viele Eltern die Notwendigkeit des frühen Schwimmunterrichts erkennen, sich aber nicht auf den Schulunterricht verlassen. Sie versuchen, die begehrten Plätze in den Vereinen zu ergattern. Doch die Badbelegungszeiten sind immer ein Riesen-Thema. So gab es in der Vergangenheit Forderungen für massive Preiserhöhungen für Vereine. Zudem ist es schier unmöglich, zur Ausweitung des Trainingsbetriebes weitere Wasserflächen in Bädern zu erhalten. Diese sind auf Gewinn und öffentliche Besucher angewiesen, so dass die dringend benötigten Bahnen für Vereine nicht vergeben werden."

(jeku)
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