Pannen an Bahnübergängen Zug kommt, Schranke bleibt oben

Düsseldorf · An einem Übergang in Leichlingen hat sich die Schranke nicht geschlossen. Solche Pannen passieren häufiger, sagen Experten.

Es war kurz nach zehn Uhr morgens am Leichlinger Bahnhof. Der Zug von Köln nach Solingen, auf den die ältere Dame wartete, hatte mal wieder Verspätung. Als er endlich kam, machte die Frau eine ungewöhnliche Beobachtung. "Die Bahn ist immer langsamer geworden, und als sie dann einfuhr, habe ich gesehen, dass die Schranken am benachbarten Bahnübergang überhaupt nicht geschlossen waren", sagte die Rentnerin. Mehrere Fahrgäste, die das auch beobachteten, wunderten sich ebenfalls, berichtete die Frau. Denn der Übergang sei ja schließlich stark frequentiert, so die Augenzeugin.

Dass die Schranke oben bleibt, wenn ein Zug durchfährt und es dadurch zu gefährlichen Situationen kommen kann, ist offenbar keine Seltenheit. "Schranken können mal ausfallen. Das kommt vor", bestätigte ein Sprecher des Eisenbahnbundesamtes. "Dabei handelt es sich meistens um technische Störungen. Der Lokomotivführer fährt dann Schrittgeschwindigkeit, wenn er das bemerkt. "

So war es auch vor kurzem in Bonn. Dort passierte der Zug der S-Bahnlinie 23 im Schritttempo den Bahnübergang am sogenannten Weck-Werk, weil der Antrieb der Schranke defekt war. Doch solche Fälle werden nur selten öffentlich bekannt. Ein Eisenbahner, der anonym bleiben möchte, sagt, dass jeder Lokomotivführer eine solche Situation an den Bahnübergängen schon einmal erlebt haben dürfte. "Statistiken hierzu sind nicht unbedingt aussagekräftig, da ein Lokomotivführer ein solches Ereignis in der Regel nicht an die große Glocke hängt, sondern nur den Fahrdienstleiter verständigt", so der Insider.

Fragt man die Deutsche Bahn nach diesen Problemen an beschrankten Bahnübergängen, heißt es in der Regel, dass es damit eigentlich keine Probleme gebe. Natürlich könne so etwas vorkommen, sagte ein Sprecher. "Aber eine Auflistung solcher Vorkommnisse haben wir nicht", sagte er. "Wir gehen jedoch jedem Hinweis nach. Die Sicherheit steht an oberster Stelle."

Mehr Vorfälle als gemeldet

Lothar Ebbers, Vertreter des Fahrgastverbandes Pro Bahn in NRW, kennt diese Antworten der Bahn. "Wir haben immer wieder solche Fälle, in denen angeblich nichts bekannt ist, die Leute aber klar beobachtet haben, dass die Schranken offen waren", sagte Ebbers. "Das läuft nach dem Motto: Was nicht gemeldet wurde, ist auch nicht passiert", sagte er. "Es gibt sogar viele Übergänge, die immer wieder betroffen sind", so der Experte.

Auf einem internationalen Fachkongress zum Thema "IT-Lösungen im öffentlichen Personennahverkehr" im März in Karlsruhe wird das Thema Gegenstand von Diskussionen sein. In einem Forum im Vorfeld der Fachtagung äußert sich ein Eisenbahner besorgt über die Situation mit defekten Schranken. Er fordert deshalb, dass Züge in diesen Fällen sofort eine Schnellbremsung einleiten müssten und nicht wie meistens mit Schritttempo weiterfahren - denn das ist offenbar ein viel zu großes Unfallrisiko. "Bei geöffneter, unbewegter Schranke darf der Kraftfahrer mangels Gegenanzeichen darauf vertrauen, dass kein Zug kommt", schreibt der Eisenbahner. Aber im Extremfall nähere sich ein Zug mit 160 km/h einer offenen Schranke.

In NRW gibt es insgesamt 2161 Bahnübergänge. Davon sind nach Angaben der Bahn rund 75 Prozent technisch gesichert mit sogenannten Schranken mit und ohne Lichtzeichen (1096), Halbschranken mit Lichtzeichen oder Blinklicht (395), Blinklicht oder Lichtzeichen (90) und Anrufschranken (50). Nach Angaben der Deutschen Bahn gab es im Jahr 2014 an Bahnübergängen in NRW 26 Unfälle.

Damit es erst gar nicht zu Unfällen kommt, finden nach Angaben des Eisenbahn-Bundesamtes regelmäßig sogenannte Bahnübergangsschauen statt. Dabei sind in der Regel Vertreter der Bahn, der Straßenverkehrsbehörde, der Städte und Gemeinden und der Polizei. Nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) gilt, dass die Eisenbahnen die uneingeschränkte Verantwortung für die sichere Führung des Betriebes tragen. "So sind sie unter anderem verpflichtet, ihre Anlagen sicher zu bauen und in betriebssicherem Zustand zu halten. Auch für Bahnübergänge muss der Infrastrukturbetreiber, also in der Regel die DB Netz AG zusammen mit der Straßenbaubehörde als Kreuzungspartner, jederzeit alles Nötige tun, um für Sicherheit zu sorgen", sagte ein Sprecher des Eisenbahn-Bundesamtes.

Die Deutsche Bahn ist sich der Verantwortung bewusst. Sie überprüfte auch die Angaben der Rentnerin vom Bahnübergang am Leichlinger Bahnhof. "Wir haben aber keinen Defekt feststellen können", sagte ein Bahnsprecher.

(RP)
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