Mönchengladbach Zur letzten Ruhe in der Grabeskirche

Mönchengladbach · Die Nachfrage nach Urnenplätzen in Grabeskirchen steigt kontinuierlich. Bestatter begrüßen die Entwicklung.

Es ist die Erhabenheit des Kirchenraumes, die den Trauernden zumindest etwas Trost spendet. In die Mönchengladbacher Elisabeth-Kirche gehen die Menschen, um ihrer Angehörigen zu gedenken, die dort, in der Kapelle, in den Seitenschiffen und in eigens errichteten Stelen bestattet sind. St. Elisabeth ist eine Grabeskirche, eine von dreien im Bistum Aachen. Eine vierte, St. Matthias Günhoven in Mönchengladbach, kommt im Januar dazu. Das Konzept Grabeskirche boomt. "Den Angehörigen gefällt der gesamte Rahmen", sagt Ulrike Gresse, Gemeindereferentin und zuständig für die Trauerpastoral an St. Elisabeth. "Dazu gehören der festliche Charakter des Hauses, der geschützte Raum, die Seelsorge vor Ort."

Im Jahr 2009 entschied sich die Gemeinde, St. Elisabeth zur Grabeskirche umzubauen. Zu wenige Menschen besuchten den Gottesdienst. Das Kirchenhaus in einen Kletterpark zu verwandeln oder Wohnungen dort einzurichten, kam nicht infrage. Für rund eine Million Euro wurden 1600 Grabstätten eingebaut. Auch die reichen nicht mehr aus. "Wir mussten bereits die nächste Ausbaustufe vorziehen", sagt Gresse. "Mit so einer großen Nachfrage haben wir nicht gerechnet." Am Ende wird die Kirche 800 weitere Urnenplätze bieten – zu Preisen von 2600 bis 4300 Euro, je nach Lage, veranschlagt auf 20 Jahre.

Dass das Modell der Grabeskirche funktioniert, hat auch mit dem Trend zu Urnenbegräbnissen zu tun. Im vergangenen Jahr gab es zum ersten Mal mehr Feuer- als Erdbestattungen, nämlich 50,5 Prozent. "Der Anteil wird in den kommenden Jahren wohl bis auf 60 Prozent steigen", sagt Oliver Wirthmann, Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur. Wirthmann unterstützt die Beisetzung in einer der bundesweit 50 Grabeskirchen (rund zehn davon in NRW). "Der Ort wird der Trauer gerecht, weil er emotional und kulturell aufgeladen ist. Für mich ist das in den tiefgreifenden Verwerfungen, die die Bestattungskultur derzeit erlebt, eine positive Entwicklung."

Für viele Menschen sind es auch pragmatische Gründe, die für einen geschlossenen Raum als Begräbnis-ort sprechen. "Sie schätzen es, nicht über einen dunklen Friedhof gehen zu müssen", sagt Gresse. Zudem halten Ehrenamtler im Kirchenschiff Ordnung und sind für Trauernde stets gesprächsbereit. In einer Grabeskirche ist niemand alleine. "Das schafft Sicherheit", weiß Gresse. Dafür gibt es wenig Möglichkeiten, die Grabstätten individuell zu schmücken. Alle tragen den vollen Namen des Verstorbenen, dazu Geburts- und Sterbedatum, um, so Gresse, "die Einmaligkeit vor Gott zu zeigen". Darüber hinaus existieren, abgesehen von fünf verschiedenen Christus-Symbolen, keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten.

Die Architektur soll dies sozusagen obsolet machen. In St. Elisabeth wie in St. Josef in Aachen etwa dominieren Stelen, in denen die Urnen untergebracht sind. In der Dortmunder Grabeskirche Liebfrauen wurde bewusst auf solche Stelen verzichtet und niedrige Urnenkammern gebaut, die in ihrer Form und Anordnung an Kirchenbänke erinnern. Wer sich in einer Kirche wo begraben lasse, sei nicht nur eine Frage des unterschiedlichen Preises, so Gresse, sondern des persönlichen Bezugs – etwa zu einem Kirchenfenster.

Der wirtschaftliche Erfolg der Grabeskirchen hat auch eine Schattenseite. Je mehr Menschen in einer Kirche die ewige Ruhe suchen, desto schwieriger wird es für Städte und Gemeinden, Friedhöfe kostendeckend zu betreiben. Für die Grabeskirche gibt es jedoch keine Zuschüsse. "Sie muss sich wirtschaftlich selbst tragen", sagt Gresse. So laufen abends oft Veranstaltungen zum Thema Leben, Tod und Sterben in der Kirche. Besucher lernen so diese besondere Friedhofsform kennen. Die Zahl derjenigen, die sich anschließend nach den Konditionen für einen Urnenplatz erkundigen, sei hoch, erzählt Gresse. Hilfreich dabei ist, dass die Konfession in der Grabeskirche keine Rolle spielt – auch Konfessionslose dürfen sich in der früheren katholischen Gemeindekirche bestatten lassen.

Noch einen anderen Effekt hat die Umwandlung von St. Elisabeth zur Grabeskirche. Die Geschäftsführung lädt regelmäßig dazu ein, sich sonntags bei der Heiligen Messe der Toten zu erinnern. Früher fanden gerade zwei Handvoll Menschen in den Gottesdienst. Gresse: "Jetzt ist das Kirchenschiff regelmäßig so voll, dass wir oft extra Stühle für die Besucher heranschaffen müssen."

(RP)
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