Düsseldorf "50 Shades of Grey" statt Sonnenfinsternis

Düsseldorf · In NRW war die mit Spannung erwartete Sonnenfinsternis kaum zu erahnen. Besser war die Sicht auf den Färöern.

Die Schutzbrillen waren restlos ausverkauft, die Schulen in Alarmbereitschaft, mehrere Aluminiumwerke wurden vorsichtshalber vom Netz genommen und dann das: Wer die Sonnenfinsternis in Nordrhein-Westfalen beobachten wollte, schaute in einen verhangenen Himmel mit dichten Nebelfeldern. "Sonnenfinsternis 2015. Oder wie man in Köln sagt: Wolken", schrieb ein Nutzer beim Kurznachrichtendienst Twitter gestern Vormittag, als die partielle Sonnenfinsternis eigentlich ihren Höhepunkt erreicht haben sollte. Ein Anderer kommentierte das seltene Ereignis, von dem in der Region nichts zu sehen war, mit den Worten: "Sonnenfinsternis, oder wie es in Düsseldorf heißt: ,50 Shades Of Grey'." Allenfalls auf Höhen von 400 Metern - etwa im Hochsauerland - konnte man in NRW Teile des Naturschauspiels beobachten, sagte ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes.

Die Färöer Inseln im Nordatlantik waren neben Spitzbergen in Norwegen der einzige Ort, an dem die Chance bestand, eine totale Sonnenfinsternis zu erleben. Zwar schoben sich auch dort zwischendurch Wolken vor die Sonne, doch in der zweiten Hälfte klarte der Himmel auf. Durch ihre Spezialbrillen konnten Tausende Urlauber in der Hauptstadt Tórshavn die Sonne als leuchtend orangefarbene Sichel erkennen.

Der Krefelder Norbert Jachtmann, seit Jahren Sofi-Jäger, war in den hohen Norden gereist und beobachtete das Naturphänomen an Deck der Fähre Norröna im Hafen von Tórshavn. "Es hat sich absolut gelohnt", sagte er gestern nach dem Spektakel. Acht Sofi-Brillen hatte Jachtmann sicherheitshalber mit auf die Reise genommen, am Abend vorher sogar auf einer Kirchenorgel ein Sofi-Konzert gespielt. Er ist hauptberuflich Kirchenmusiker und Glockensachverständiger des Erzbistums Köln. Auch Christoph Hennigfeld aus Düsseldorf, der mit seiner Frau auf die Färöer-Inseln gereist war, zeigte sich zufrieden: "Es ist ein seltener Anblick und beeindruckend zu sehen, wie das Tageslicht innerhalb weniger Minuten ausgeht und wieder angeht."

Der niederländische König Willem-Alexander und seine Frau Máxima verfolgten die Sonnenfinsternis von der Hamburger Fischauktionshalle aus. Mit Schutzbrillen auf der Nase standen die Majestäten am Elbufer und blickten in den Himmel. Astronaut Alexander Gerst stand gemeinsam mit Schülern auf der Terrasse des Deutschen Technikmuseum in Berlin und beobachtete von dort, wie sich der Mond vor die Sonne schob. Ein von der Europäischen Raumfahrtbehörde Esa getwittertes Foto zeigt, wie der 38-Jährige bei bestem Wetter im Astronauten-Overall und mit Schutzbrille nach oben schaut.

Im Vorfeld waren die Sorgen um einen möglichen Ausfall des Stromnetzes groß gewesen. Während der Sonnenfinsternis hatten die Netzbetreiber vier Aluminiumwerke jeweils viermal vom Netz genommen. Betroffen waren das Rheinwerk von Hydro Aluminium in Neuss und die drei Werke von Trimet in Essen, Hamburg und Voerde. Den Hütten wurde im Viertelstundentakt für jeweils sieben Minuten der Strom abgeschaltet, teilte die Wirtschaftsvereinigung Metalle (WVM) mit. Somit wurden rund 800 Megawatt in den Markt gebracht. "Alles hat gut geklappt, die Systeme haben gut gearbeitet", sagte ein Hydro-Sprecher. "Unsere Industrie hat einen entscheidenden Beitrag zur Netzstabilität geleistet", sagte WVM-Hauptgeschäftsführerin Franziska Erdle.

Doch vielleicht ist es auch ganz gut, dass die Menschen in Nordrhein-Westfalen kaum einen Blick auf das Naturschauspiel erhaschen konnten: Sonst hätte es wohl noch weitere Ausfallerscheinungen dieser Art gegeben, wie der Twitter-Beitrag eines jungen Mannes zeigt: "Ih ab i Sone gegkt und seh nx mhr. Hb ales rictig geschribn?".

(angr/leb/sep)
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