München ADAC: Milliardenschaden durch Tacho-Betrug

München · Betrüger nutzen Gesetzeslücke in den Niederlanden oder vertrauen darauf, nicht gefasst zu werden.

Es dauert drei Sekunden, dann kann ein 6000 Euro teurer Gebrauchtwagen für das Doppelte verkauft werden. Mit einem Gerät, das jeder online kaufen kann, lässt sich der Tachostand von Gebrauchtwagen zurückstellen. Wo man früher handwerkliches Geschick brauchte, reicht heute ein Manipulationsgerät, das für knapp 200 Euro zu haben ist.

Der jährliche Schaden durch manipulierte Kilometerzähler in Deutschland beläuft sich laut ADAC auf sechs Milliarden Euro. Im Internet preisen Anbieter den Service ebenso an wie die Geräte. Kein Wunder, dass das Geschäft boomt. Laut ADAC sind 30 Prozent der Gebrauchtwagen manipuliert. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) und der Bundesverband freier KFZ-Händler (BVfK) gehen von maximal zehn Prozent aus.

"Wenn man es überspitzt sagt, könnt man sagen, dass die Hersteller sich zu Helfern machen lassen", sagt Thomas Burkhardt, ADAC-Vizepräsident für Technik. Harsche Vorwürfe, die der VDA zurückweist. Derzeit würden aber Systeme entwickelt, die höheren Sicherheitsanforderungen genügen. Den Schaden haben bislang die Gebrauchtwagenkäufer – und der ist nicht nur finanzieller Natur. Wenn sie Pech haben, verpassen sie eine eigentlich anstehende Wartung und erhöhen das Unfallrisiko. Die Anbieter werben in der Regel damit, dass sie bei beschädigten Tachos wieder den korrekten Kilometerstand anzeigen lassen könnten. "Das ist aber rein fiktiv, ein Feigenblatt für dieses Gewerbe", urteilt ADAC-Chefjurist May. In Deutschland ist Tacho-Manipulation seit 2005 strafbar – in den Niederlanden allerdings nicht.

Direkt hinter der Grenze bieten viele Werkstätten ihre Dienste an, teils mit dem expliziten Verweis: "Da wir selbstverständlich die Gesetze befolgen, bieten wir unseren Service nicht mehr in Deutschland an!" Jurist May sagt: "Viele der deutschen Tacho-Manipulatoren haben ihr Geschäft in den vergangenen Jahren über die Grenze in die Niederlande verlagert – doch manche sind auch schon längst wieder zurückgekommen."

Hierzulande ist die Rechtslage zwar eindeutig. Angst, erwischt zu werden, habe aber kaum ein Betrüger, sagt May. Erfolgreiche Sondereinheiten der Polizei seien aus Personalmangel aufgelöst worden. Das Strafmaß taugt kaum zur Abschreckung: Selbst für Manipulation in mehreren tausend Fällen droht maximal eine einjährige Haftstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wird.

(dpa/tojo)
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