20 Jahre nach dem Tod von Lady Di Das Erbe der Volksprinzessin

An diesem Donnerstag vor 20 Jahren starb Prinzessin Diana bei einem Autounfall in Paris. Die Trauer um sie grenzte an Hysterie, doch die "Blumenrevolution" veränderte Großbritannien – bis heute.

Familienglück aus Lady Dianas Fotoalbum
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An diesem Donnerstag vor 20 Jahren starb Prinzessin Diana bei einem Autounfall in Paris. Die Trauer um sie grenzte an Hysterie, doch die "Blumenrevolution" veränderte Großbritannien — bis heute.

Jetzt kommt alles wieder hoch. Die Märchenhochzeit, die unglückliche Ehe, die Affären, der tragische Tod. Vor 20 Jahren, am 31. August 1997, verunglückte Prinzessin Diana bei einem Verkehrsunfall in Paris. Sie wurde nur 36 Jahre alt. Ihr Tod wurde von der ganzen Welt betrauert. Aber schnell flaute das Interesse auch wieder ab, eine Diana-Müdigkeit setzte ein, gerade sechs Prozent der Briten wollten ihrer zum ersten Todestag gedenken.

Jetzt, zum 20. Todestag, flammt das Interesse aber wieder auf. Es scheint kein Entkommen vor Diana zu geben. Britische Gazetten heben das Thema fast täglich auf die Titelseite, aus der ganzen Welt kommen Filmcrews nach London, im Radio wird ihr Vermächtnis diskutiert, und auch im deutschen Fernsehen jagt eine Dokumentation die nächste. Den Briten dient das Gedenken an sie als eine Erinnerung, wie sehr sich die Monarchie seit Dianas Tod verändert hat.

Lady Diana: William und Harry gedenken im Kensington Palast
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William, Kate und Harry feiern Lady Diana

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Foto: dpa, TH joh wie

Doch der Diana-Rummel treibt schon merkwürdige Blüten. Da gibt es in den Zeitungen Doppelseiten für Leserinnen, um den Diana-Look hinzubekommen, da liefert ein menschliches Medium exklusive Informationen, was ihr die tote Prinzessin aus dem Jenseits zu Brexit oder zur Monarchie gesagt haben soll.

Das große Interesse wird nicht zuletzt auch durch ihre beiden Söhne Prinz William und Prinz Harry befeuert, die aktiv an der Erinnerungsarbeit mithelfen und das Thema aktuell halten wollen. Sie hatten sich zu diesem Zweck bereit erklärt, an gleich zwei TV-Dokumentationen mitzuwirken, um, wie es William ausdrückt, "eine Seite von ihr zu zeigen, die andere bislang noch nicht gesehen haben." Gestern besuchten Harry, William und dessen Frau Kate den Garten des Kensington-Palasts in London, der in Gedenken an Diana ganz in Weiß gestaltet worden ist.

Es ist kein Wunder, dass Dianas Geschichte immer noch auf globale Faszination trifft. Die Heirat der 20-jährigen Grafentochter mit dem zwölf Jahre älteren Prinz Charles 1981 wurde als die "Hochzeit des Jahrhunderts" gefeiert und weltweit von rund 750 Millionen Menschen auf den Fernsehschirmen verfolgt. Doch die Ehe stand unter keinem guten Stern.

Weniger aus Liebe, mehr aus Pflichtgefühl nahm der Thronfolger Diana zur Frau. Die wiederum hatte von Anfang an Grund zur Eifersucht, weil Charles den Kontakt zu seiner alten Jugendliebe Camilla nicht abbrechen wollte. Auch die beiden Söhne, die 1982 und 1984 zur Welt kamen, machten aus Charles und Diana kein glückliches Paar. Nicht, dass die Welt das auch nur ansatzweise geahnt hätte: Die junge Frau stand für Glück und Glamour.

Bis dann 1992 ein Buch herauskam, das mit dem schönen Schein aufräumte. Diana, die sich gefangen fühlte im goldenen Käfig des Hoflebens, hatte mit dem Journalisten Andrew Morton kollaboriert und lieferte ausführliche Interviews, die zu der Veröffentlichung von "Diana: Ihre wahre Geschichte" führten. Ab da wusste die Welt von Charles' Untreue, von der Bulimie Dianas, von ihren Depressionen und den Selbstmordversuchen. Wenige Monate später, im Dezember 1992, kam es zur Trennung. Diana begann einen neuen Lebensabschnitt, in dem sie ihre Unabhängigkeit im Einsatz für wohltätige Zwecke suchte.

In der Nacht des 31. August 1997 rast ein schwarzer Mercedes in den Tunnel unter der Pont de l'Alma in Paris. Am Steuer: Henri Paul, der Sicherheitsmanager des Hotels "Ritz", auf dem Rücksitz Diana und ihr Liebhaber Dodi al Fayed. Der Mercedes wird verfolgt von Paparazzi auf Motorrädern, er fährt viel zu schnell, fast Tempo 100. Henri Paul verliert die Kontrolle, die schwere Limousine kracht in den 13. Pfeiler. Diana überlebt den Unfall nur um wenige Stunden.

Später wird es über ihren Tod eine Menge von Verschwörungstheorien geben, am hartnäckigsten vertreten von Dodis Vater Mohammed al Fayed, der glaubt, dass Diana auf Geheiß von Prinz Philip und dem britischen Establishment ermordet wurde, weil man keinen Muslim in der Königlichen Familie haben wollte. Eine französische und eine ausführliche britische Untersuchung kamen zu einem anderen Schluss: Es war ein Unfall. Diana starb, weil der Chauffeur 1,7 Promille Alkohol im Blut hatte und dazu Beruhigungsmittel geschluckt hatte.

Dianas Leichnam wird nach England überführt, und dort bricht eine Trauer-Hysterie aus, die das Königreich noch nicht erlebt hat. Die Briten scheinen schier untröstlich über den tragischen Tod ihrer "Volksprinzessin", ihrer "Königin der Herzen". Zehntausende strömen nach London, um vor den Toren des Kensington-Palastes Blumen niederzulegen und ihre Betroffenheit auszudrücken.

Die "Blumenrevolution"

Selbst der "Times" wird es zuviel, die einen "Trauer-Faschismus" beklagt, der zu einer "Sentimentalität des Mobs" führt. Ein Mann wurde gar von aufgebrachten Diana-Verehrern zusammengeschlagen, weil er es an Respekt vermissen ließ — er hatte es gewagt, am Tag ihrer Beerdigung sein Auto zu waschen.

Es wurde die "Blumenrevolution" genannt: Die Untertanen wollten nicht mehr die Werte des alten Establishments, sondern die der Volksprinzessin: Wärme, Mitgefühl, Emotionalität, die Einbeziehung von Minderheiten, das Eintreten für Vielfalt. Premierminister Tony Blair erklärte das zu ihrem Vermächtnis und forderte die Nation auf: "Lasst uns ein besseres, mitleidigeres Britannien sein!"

Und tatsächlich markierte der Tod Dianas so etwas wie einen Mentalitätswandel. Die traditionelle "steife Oberlippe" war passé, eine neue Empfindsamkeit setzte sich durch. Klassische britische Tugenden wie Beherrschtheit, Wettbewerbsgeist, Belastbarkeit oder Ehrerbietung traten in den Hintergrund, stattdessen wurden Anteilnahme, Toleranz, Verständnis und Konsens wichtig. Das Gebot der "emotionalen Korrektheit" regiert: Gefühle sollen gezeigt und nicht unterdrückt werden.

Harsche Kritik an der Queen

Für einen Augenblick schien die "Blumenrevolution" selbst der Institution der Monarchie gefährlich zu werden. Harsche Kritik an der Queen wurde laut, weil die sich anscheinend gefühlskalt und unnahbar zeigte. Übereifrige Anti-Monarchisten, die eine Republik forderten, schossen übers Ziel hinaus, aber der Ruf nach einer Modernisierung der Monarchie wurde laut.

In der Folge nahm sich das Königshaus den Wunsch zu Herzen und bemühte sich nach Kräften, mit der Zeit zu gehen: Die Queen überraschte mit einem offiziellen Auftritt in einer Kneipe, und Prinz Charles traf sich mit den Spice Girls. Aber vor allem akzeptierte man, dass der Fokus in der Zukunft auf den beiden Jungen liegen wird: William und Harry werden immer mehr das Erscheinungsbild der Royals prägen.

Die Prinzen, die ja in Stil und Auftreten ganz ihrer Mutter gleichen, bringen die Monarchie ins 21. Jahrhundert. Niemand würde von der Queen oder Prinz Charles eine herzliche Umarmung erwarten. William und Harry dagegen haben keine Probleme, fremde Menschen in den Arm zu nehmen, und es wirkt natürlich. Sie haben die ungezwungene Art ihrer Mutter geerbt.

Die Brüder führen Dianas Projekte weiter

Im April gab Prinz Harry ein Interview, in dem er über seine psychologischen Probleme sprach, die der Tod seiner Mutter mit sich brachte. Mit Prinz William engagiert er sich bei der Organisation "Heads Together", die auch dazu ermutigt, sich einer Gesprächstherapie zu stellen. Die beiden Brüder führen auch mit ihrem Engagement für Obdachlose, Aids-Kranke und die Opfer von Landminen Dianas Projekte weiter.

Und was ist mit Prinz Charles? Das Gedenkjahr Dianas war schlecht für seine Popularität. Dachten 2013 lediglich 15 Prozent der Briten, dass Charles schlecht für die Monarchie ist, so denken das jetzt 27 Prozent. Und eine kürzliche Umfrage zeigte, dass eine Mehrheit der Briten, 51 Prozent, Prinz William als den nächsten Monarchen sehen will und nur 22 Prozent den Thronfolger. Doch ein Überspringen der Thronfolge würde William selbst nicht mitmachen wollen. Er ist, wen wundert es, ein Monarchist und weiß, wie sehr ein solcher Schritt die Institution selbst untergraben würde.

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