König Philippe von Belgien Der härteste Thron Europas

Brüssel · Es gehört zu den royalen Traditionen: ein neuer strahlender König, eine strahlende Königin, die ihren jubelnden Untertanen zuwinken. Und so war es auch am Sonntag, bei wahrhaft königlichem Wetter in Brüssel. Doch schon bald könnte den neuen belgischen König Philippe die raue politische Wirklichkeit einholen.

So lief der Thronwechsel in Belgien
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Denn sein Land ist kulturell und sprachlich tief gespalten. Und viele in seinem Volks begegnen dem neuen Monarchen mit viel mehr Skepsis als seinem Vorgänger: Philippes Vater Albert II. war beliebt - in beiden Lagern, seien es die niederländisch-sprachigen Flamen im Norden oder die Französisch sprechenden Wallonen im Süden.

Zwar wird in Flandern die Monarchie seit langem als eine frankophone Einrichtung gesehen, die zulasten der flämischen Bevölkerung fungiert. Traditionell haben sich die Royals schwer damit getan, sich ihrer Rolle einer parlamentarischen Demokratie zu fügen. Albert aber galt als unpolitischer Monarch, der sich perfekt in diese Rolle hineingefunden hat.

Viele Belgier sind nicht sicher

Bei Philippe sind sich viele Belgier nicht sicher. Viele trauen ihm schlicht nicht zu, dass er an seinen Vater heranreichen kann. Und eine große Herausforderung kommt auf Philippe bereits im Juni kommenden Jahres zu. Dann wird in Belgien gewählt, so ziemlich alles steht auf dem Prüfstand, von der staatlichen Einheit Belgiens bis hin zum Platz, den die Monarchie im Staate haben soll.

"Es wird sein Lackmus-Test werden", sagt Professor Marc Uyttendaele von der Brüsseler Universität. Beim letzten Mal dauerte es eine Rekordzeit von 541 Tagen, bevor eine Regierung gebildet werden konnte - so groß waren die Streitigkeiten darüber, wie viel zentrale Macht vom Staat an die verschiedenen Sprachengruppen abgetreten werden sollte.

So weitermachen wie sein Vater

Tritt Philippe in die Fußstapfen von Albert, werden die meisten Belgier erleichtert sein. "Lass ihn so weitermachen wie sein Vater, denn jeder war damit glücklich, wie es war", sagt der Teenager Thibault Beyaert in Gent. Er war vor dem Thronwechsel am Wochenende gekommen, um Albert ein letztes Mal als König zu sehen. Der 79-Jährige statte nach der Ankündigung seiner Abdankung mehreren Städten auf beiden Seiten der Sprachengrenze Abschiedsbesuche ab.

Auch Monica Couvent war in der Menschenmenge, die dem scheidenden König noch einmal zuwinken wollte. "Es gibt Leute, die sagen, dass er nicht reif genug ist, aber das stimmt nicht nicht", sagt sie über Philippe. "Man muss ihm die Chance geben."

Ist Philippe mit seinen 53 Jahren nicht reif für den Job, dann mag er es niemals sein, sagen Experten. Als Alberts Bruder, König Baudouin, 1993 starb, erwarteten die meisten, dass Philippe sein Nachfolger wird und nicht sein Vater. Aber es kam anders: Der Mann, von dem es niemand erwartet hatte, bestieg den Thron und blieb dort zwei Jahrzehnte lang.

Silber-Haar und Brille

Philippe hat bisher seine Erfahrungen hauptsächlich als Leiter von Handelsdelegationen seines Landes im Ausland gesammelt. Mit seinen silbrigen Haaren und seiner Brille sieht er durchaus so aus, wie man sich einen Monarchen in den mittleren Jahren vorstellt. Aber er wirkt zugleich unbeholfen. "Er ist nicht gerade poliert", sagt der Historiker und Autor Marc Reynebeau. "Man muss abwarten. Allerdings hat er einige Äußerungen von sich gegeben, die nicht vielversprechend waren."

Dazu gehören Bemerkungen, nach denen er auf der politischen Bühne von sich hören lassen werde. Das hat Gegnern der Monarchie Futter geliefert. "Er hat davon gesprochen, dass er eine Mission hat. Dabei spielt er nur eine zeremonielle Rolle. Er sollte keine Mission haben", sagt Reynebeau.

Mathilde ist charmant und beliebt

Es wird Philippe wahrscheinlich zugutekommen, dass er Mathilde als Königin an seiner Seite hat. Sie ist beliebt, charmant und wendig. Sie allein kann die Anti-Royalisten allerdings nicht für den Thronwechsel erwärmen. In Flandern gibt es zwei Parteien, die ihre Probleme mit der Monarchie haben.

Eine davon, die rechtsextreme Flämische Interessen-Partei, hatte prompt einen Boykott der Zeremonie zum Amtswechsel im Parlament angekündigt. In den Augen von Parteichef Gerolf Annemans wäre die Abdankung Alberts der richtige Augenblick gewesen, auch gleich zu einem Präsidialsystem zu wechseln - und zu einem unabhängigen Staat Flandern.

"Wir haben gedacht, dass dies eine gute Gelegenheit ist, dieses ganze Theater zu beenden", sagt Annemans. "Der König ist Teil des belgischen Theaters. Er ist nur eine Marionette."

(ap)
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