Bravo-Rufe in Spanien für Richter Castro Furchtloser Ermittler nimmt Königstochter ins Visier

Madrid · Der spanische Untersuchungsrichter José Castro hat in einer Finanzaffäre Ermittlungen gegen die Königstochter Cristina eingeleitet. Dem Juristen fliegen in Spanien die Sympathien zu. Aber Castro will kein Star sein. Der 67-jährige gilt als medienscheu und bescheiden.

 Der spanische Untersuchungsrichter José Castro lässt sich von Rang und Namen nicht beeindrucken.

Der spanische Untersuchungsrichter José Castro lässt sich von Rang und Namen nicht beeindrucken.

Foto: dpa, apc jak

Die Passanten auf der Straße rufen ihm "bravo!" zu, aber José Castro ist das peinlich. Der spanische Ermittlungsrichter errötet, zieht eine ernste Miene und setzt seinen Weg fort. Er will kein Star sein. Und doch ist der 67-Jährige in Spanien eine Berühmtheit geworden: Er hat es gewagt, die Königstochter Cristina in einer Finanzaffäre zu einer Beschuldigten zu erklären und zu einem Verhör vorzuladen.

20 Stunden Verhör

Der Richter, der dem Königshaus Kopfzerbrechen bereitet, hatte schon vorher wegen seines bedingungslosen Kampfes gegen die Korruption sich einen Namen gemacht. Vor gut einem Jahr hatte er Cristinas Ehemann Iñaki Urdangarín in seine Amtsstube nach Palma de Mallorca zitiert und einem wahren Verhörmarathon unterzogen: Mehr als 20 Stunden lang hatte er dem Schwiegersohn von König Juan Carlos bis tief in die Nacht mehr als 500 Fragen gestellt.

Kein einziges Interview

Die Justiz steht bei den Spaniern aufgrund ihrer Behäbigkeit in einem schlechten Ruf. Aber Castro hat es mit seinem unerschrockenen Vorgehen zu großer Popularität gebracht. Dabei meidet er die Öffentlichkeit wie die Pest. In seiner 37-jährigen Karriere gab er kein einziges Interview. Wenn ihm im Gericht Reporter über den Weg laufen, blickt er grimmig drein.

Castro ist ein Einzelkämpfer. Er gehört keinem Juristenverband an und will auch von den sozialen Netzwerken nichts wissen. Ein Kollege beschrieb den Juristen so: "Castro ist der Beste und der Mutigste von uns. Er scheut auch vor den schwierigsten Fällen nicht zurück. Er will der Wahrheit auf den Grund gehen und dem Gesetz zu Respekt verhelfen." Castro studiert Ermittlungsakten auch daheim in der Freizeit und scheut nicht davor zurück, bei einem Verdächtigen eine Hausdurchsuchung in der Silvesternacht anzuordnen.

Mit seinen Ermittlungen gegen den früheren spanischen Umweltminister und Ex-Ministerpräsidenten der Balearen, Jaume Matas, war der Richter erstmals der Öffentlichkeit bekanntgeworden. Er ordnete für den konservativen Politiker eine Kaution von drei Millionen Euro an und sorgte dafür, dass Matas auf die Anklagebank musste und in erster Instanz zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde.

Der Fall Matas brachte Castro auf die Spur des Finanzskandals um Urdangarin und der Infantin Cristina. Nach den Ermittlungen des Richters war die von Urdangarin geleitete Stiftung Nóos ein Teil eines weit verzweigten korrupten Netzwerks auf Mallorca, in dem Matas eine Schlüsselrolle gespielt haben soll. Der Ex-Handballstar Urdangarin steht im Verdacht, mit Hilfe der Stiftung Steuergelder in Millionenhöhe veruntreut zu haben.

Der Star-Richter fährt Fahrrad

Im Privatleben gilt der aus Córdoba in Südspanien stammende Jurist als umgänglicher Typ. "Nennt mich Pepe!", fordert er Bekannte auf. Zur Arbeit erscheint häufig nicht in Anzug in Krawatte, sondern mit einer Lederjacke bekleidet. Diese erinnert an seine alte Leidenschaft: das Motorradfahren. Auf ärztlichen Rat hatte Castro vor mehreren Jahren aber sein Motorrad verkauft und war auf das Fahrrad umgestiegen.

(dpa)
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