Königin Silvia von Schweden "Die Diplomatie habe ich von meiner Mutter"

Düsseldorf · Königin Silvia von Schweden bekennt im Interview mit , dass es auch einer Königin schwerfällt, alles unter einen Hut zu bringen. Ihr größter Wunsch: Mehr Zeit mit den Enkeln verbringen.

Deutscher Nachhaltigkeitspreis 2015 in Düsseldorf
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Königin Silvia beim Nachhaltigkeitspreis 2015

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Foto: Monika Skolimowska

Sie werden für Ihre Arbeit für hilfsbedürftige junge Menschen ausgezeichnet. Was liegt Ihnen besonders am Herzen?

Königin Silvia Zum Glück sprechen heute mehr Menschen über Kinderrechte und nehmen diese ernst. Was heute selbstverständlich erscheint, hatte früher nur auf dem Papier Bestand. Und das, obwohl die Kinderrechte bereits seit 26 Jahren existieren. Angekommen sind sie erst seit einiger Zeit in den Herzen der Menschen.

Was hat dazu geführt, dass sich die Wahrnehmung verändert hat?

 Treffen in Düsseldorf: Die schwedische Königin beim Interview mit RP-Redakteurin Leslie Brook.

Treffen in Düsseldorf: Die schwedische Königin beim Interview mit RP-Redakteurin Leslie Brook.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Königin Silvia Politiker äußern sich zum Beispiel dazu, auch dadurch werden die Kinderrechte wahr- und ernstgenommen. Und viele Länder haben in dieser Hinsicht ihre Gesetze geändert. Letztlich sogar Thailand, was mich sehr gefreut hat. Die Novelle ist durchs Parlament gekommen, der König hat sie unterzeichnet, und jetzt sind sie dort implementiert. Das ist ein großer Schritt. Thailand stellt die Weichen.

Im Moment beschäftigt die Flüchtlingskrise alle europäischen Staaten. Was würden Sie sich wünschen, wie sie damit umgehen sollten?

Königin Silvia Wir dürfen nicht vergessen, dass auch Flüchtlinge Rechte haben. Einige dieser Menschen haben ihre Angehörigen oder Freunde verloren. Zugleich haben sie eine schwierige Flucht hinter sich, sind oft monatelang durch Europa gezogen und müssen nun mit dem Verlust ihrer gewohnten Umgebung zurechtkommen. Ich fand es ganz toll, dass Deutschland die Flüchtlinge mit offenen Armen aufgenommen hat. Auch in Schweden begegnet man Flüchtlingen mit Herzlichkeit und heißt sie willkommen. Natürlich ist es momentan nicht ganz einfach, weil es eine so große Zahl an Flüchtlingen ist, die zu uns kommt. Doch viele Schweden fühlen sich an ihre Großeltern erinnert, die nach Amerika gegangen sind. Eine Million Menschen sind damals ausgewandert, und die Dankbarkeit der Schweden ist bis heute groß, dass ihre Vorfahren in dem fremden Land willkommen geheißen wurden und ein anständiges Leben führen konnten.

Mit welchen Projekten helfen Sie Flüchtlingen in Deutschland?

Königin Silvia Wir arbeiten schon seit vielen Jahren in diesem Bereich - haben mit der Arbeit begonnen, lange bevor so viele Flüchtlinge zu uns gekommen sind. Es sind zehn Projekte in der Flüchtlingsarbeit, die meine Organisation Childhood seit 2007 unterstützt hat.

Einst sind Sie selbst in ein anderes Land ausgewandert. Welche Tipps können Sie geben, damit man sich schnell heimisch fühlt?

Königin Silvia Meine Situation war ein bisschen anders. Ich hatte ja eine Einladung, nach Schweden zu kommen (lacht). Eine sehr herzliche Einladung! Das Land hat meiner Familie immer schon am Herzen gelegen. Mein Vater hat 1948 für eine schwedische Firma gearbeitet, und wir hatten Freunde dort. Doch auch wenn man glaubt, dass die Mentalität von Schweden und Deutschen ähnlich ist, so gibt es doch Unterschiede. Diese muss man lernen, zu respektieren und zu unterstützen.

Welche "deutschen Eigenarten" haben Sie sich bewahrt?

Königin Silvia Ich habe deutsche und brasilianische Wurzeln. In meiner Brust schlagen zwei Herzen - und ich habe von beiden Seiten Eigenschaften. Für einen Brasilianer sind Familie und die Nähe zueinander sehr wichtig. Das habe ich sicher von meiner Mutter mitbekommen. Mein Vater hingegen war sehr ordentlich, gut organisiert und pünktlich. Diese Tugenden waren ihm wichtig. Meine Mutter sagte immer: "Lass ihn doch", wenn mal jemand zu spät kam. Sie war da wesentlich toleranter, er aber blieb seiner Linie treu. Ich habe beides geerbt, und das ist gut so. Die Diplomatie habe ich von meiner Mutter, ebenso die Toleranz und innere Harmonie. Von meinem Vater stammen das Hinterfragen und das Suchen nach Antworten.

2016 kommen gleich zwei weitere Enkelkinder zur Welt. Sie werden fünffache Großmutter sein. Wie wollen Sie Ihre Zuneigung und Zeit gerecht verteilen?

Königin Silvia Ja, ja (schmunzelt), das ist ein schwieriges Thema. Sagen wir mal so: Meine Hauptaufgabe ist es, meinem Mann zur Seite zu stehen und ihn bei seinen oftmals schwierigen Aufgaben zu unterstützen. Und dann habe ich natürlich auch meine eigenen Interessen, (Anm. der Red.: Königin Silvia ist Schirmherrin von mehr als 60 Organisationen): Ich engagiere mich etwa für Demenzkranke, und ich finde Prävention, wie das so schön auf Deutsch heißt, wichtig, etwa bei Alkoholsucht. Es gibt so viele Menschen, die Hilfe benötigen!

Sie sind sehr beschäftigt...

Königin Silvia Das alles unter einen Hut zu bekommen, ist nicht einfach. Manchmal ist es sogar sehr schwierig, für die Familie genug Zeit aufzubringen. Am liebsten würde man die ganze Zeit mit den kleinen Geschöpfen verbringen. Doch das geht leider nicht. Nun wohnt ja - leider oder Gott sei Dank - Prinzessin Madeleine inzwischen in London, das ist schon mal viel näher als vorher, als sie noch in New York lebte. Meine Enkel kann ich leider trotzdem nicht täglich sehen, aber immerhin schon häufiger. Ich genieße es sehr, wenn wir zusammen sind.

Erkennen Sie Wesenszüge Ihrer Kinder in Ihren Enkeln wieder? Wenn ja, welche?

Königin Silvia Ich glaube, dass tun wir alle. Man schaut immer, wie ist das Kind geprägt, nicht nur äußerlich, auch innerlich. Und ich finde es immer sehr lustig, wenn man bestimmte Eigenarten bei den Enkeln wiederfindet. Mir geht bei allen Kindern häufiger der Gedanke durch den Kopf, dass sie in vielen Dingen kleine "Kopien" ihres Vaters oder ihrer Mutter sind.

(RP)
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