Viele Moslems wollen eigene Moschee Ahmet Akbaba baut Minarette

Recklinghausen (dpa/lnw). Der Weg nach oben ist eng und dunkel. Nach ein paar Wendeltreppenwindungen ist die Brüstung des Minaretts erreicht. Noch ist der Turm, der die Moschee in Recklinghausen-Süd zieren soll, ein Rohbau. Errichtet hat ihn der Türke Ahmet Akbaba, gelernter Tischler aus Gladbeck.

Er ist, wie er sagt, Deutschlands einziger Minarettbauer. Der Ausblick ist nicht wirklich spektakulär: Man überblickt das Flachdach des ehemaligen Getränkemarktes, der gerade zur Moschee umgebaut wird. Weil ein Nachbar Einspruch erhob, durfte der Turm nur 14,5 Meter hoch werden. Im Garten des Nachbarn weht, fast auf Augenhöhe, eine Deutschlandflagge.

Minarettbau in Deutschland - keine leichte Sache. Es gibt Bauordnungen, Kommunalpolitiker und Nachbarn. Und schließlich muss irgendjemand das Ding bauen. Vor diesem Problem stand 1997 ein islamischer Kulturverein in Gladbeck. "Der Rohbau der Moschee war fast fertig, da fragte der Vorstand: Wie machen wir das mit dem Minarett?", erzählt Akbaba. Er erkannte die Marktlücke und gründete zusammen mit einem Minarettbauer aus der Türkei die Gladbecker A und K Minarettbau GmbH.

Bedarf ist da: Neben etwa 2 200 einfachen Gebetsräumen gibt es in Deutschland nach Zählung des Soester Islam Archivs 66 "richtige" Moscheen, das heißt, Bauten mit Kuppel und Minarett. Und immer mehr Kulturvereine wollen eine eigene Moschee: 30 sind derzeit im Bau. Sechs Minarette in Deutschland und Benelux haben Akbaba und seine mittlerweile zwölf Mitarbeiter bereits errichtet, fünf weitere seien derzeit im Bau - neben Recklinghausen auch in Essen, Bielefeld, Wülfrath und Friedberg.

Natürlich würden auch andere Baufirmen Minarette hochziehen, wenn man sie fragt, sagt Akbaba, aber die entsprächen häufig nicht dem türkischen Standard: "Bei einem Bau war innen keine Wendeltreppe, sondern nur eine Leiter." Bei Akbaba können zwei Mann aus speziell angefertigten Formsteinen ein Minarett bauen. Kalkuliert wird nach Meterpreisen, ein 20 Meter hoher Turm kostet je nach Ausstattung 80 000 bis 85 000 Mark.

In Recklinghausen erledigen Akbabas Leute überdies noch den Umbau der ehemaligen Getränkemarkthalle zur Moschee mit sieben Kuppeln, ein 600 000 Mark-Projekt, das den 170 Mitglieder zählenden Diyanet- Kulturverein vor einige Anstrengungen stellt: 100 000 Mark kamen an Spenden, sagt der Vereinsvorsitzende Kerter Bayran, der Rest musste durch Kredit finanziert werden.

Bayrans Verein erging es allerdings wie vielen anderen: Anwohner äußerten Sorgen über zu wenige Parkplätze oder zu viel Verkehr, die örtliche SPD wünschte einen ganz anderen Standort. Es gab Gesprächsrunden im Rathaus, die christlichen Gemeinden sprachen sich in einer viel beachteten Erklärung für den Bau aus, und schließlich konnte dann gebaut werden. "Es ging auch rechtlich nicht anders", sagt ein Sprecher der Stadt, "die türkischen Gemeinden haben ja exquisite Rechtsanwälte mittlerweile".

"Werbung für den Islam" sollen seine Minarette sein, sagt Ahmed Akbaba, und gleichzeitig den in Deutschland lebenden Moslems ein wenig Heimatgefühl geben: "Sie sollen sich nicht fühlen wie im Getto." Bei seinem ersten Projekt in Gladbeck hat das wohl funktioniert: Ein Treffpunkt für Christen und Moslems sei die Moschee geworden, sagt Akbaba, und eine Lokalzeitung zählte das Gebetshaus mit dem 25 Meter hohen Turm zu den schönsten Bauwerken der Stadt.

(RPO Archiv)
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