Jette Joop "Alle Frauen sollen schlanker aussehen"

Die Designerin präsentierte gestern Abend die Kreationen, die sie für Aldi Süd entworfen hat. Outfits, die sowohl für zierliche, als auch kräftige Frauen tragbar sein sollen. Was das für ihre eigene Marke bedeutet, und was sie selbst nie anziehen würde.

Jette Joops Designer-Mode für Aldi: "Blue Motion" im April
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Designerin Jette Joop macht Mode für Aldi

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Foto: Endermann, Andreas

Düsseldorf Natürlich trägt Jette Joop (48) an diesem Abend zwei Stücke aus der "Blue Motion"-Kollektion, die sie für Aldi Süd designt hat. Eine schwarze Chino und eine schwarze Bluse. Gesamtpreis: 30 Euro. Ab Montag kann sich jede Frau wie die Modeschöpferin einkleiden. In der Filiale an der Düsseldorfer Kö befinden sich die verschiedenen Outfits zwischen Kühl- und anderen Regalen. Die Designermode wird neben Deos, Tiefkühlpizza und Dosen präsentiert. In der Branche werde ein solches Ambiente künstlich kreiert, in diesem Fall sei alles echt - und sehe ein bisschen aus wie bei Fotokünstler Andreas Gursky, findet Jette Joop.

Wie stellen Sie sich die Aldi-Kundin vor, für die Ihre Mode gedacht ist?

joop Wichtig ist, dass sich die Styles für alle Größen von 34 bis 46 eignen. Man kann also keine verrückten Gesäßtaschen platzieren, das würde unheimlich auftragen. Ich will, dass alle Frauen schlanker aussehen - das liegt daran, dass ich durch meine beiden Schwangerschaften zwischendurch ordentlich zugenommen hatte und mir in meiner Branche anhören musste: "Du hast aber noch ordentlich Rollen auf den Hüften." Auch als Teenager, als ich in England und dann in den USA gelebt habe, war ich viel runder als heute. Damals war ich für jede Hose dankbar, die das gut kaschiert hat. Seitdem möchte ich, dass sich Frauen in meiner Kleidung wohlfühlen.

Wie findet man heraus, was einem steht, und wie kann man kaschieren?

Joop Wenn man sich ehrlich vor den Spiegel stellt, sieht man ganz gut, was einem steht und was nicht. Wer eine größere Brust hat und schlanke Beine, der sollte eine gerade Hose und einen langen, weiten Pulli tragen. Wer insgesamt runder ist, sollte nicht den Fehler machen, sich zuzuhängen. Das macht voluminöser. Ein bisschen Stretch, aber trotzdem körperbetont, ist ideal. Wenn Po und Oberschenkel runder sind, finde ich Kleider und Marlenehosen toll - oder die von mir so genannte "Never peinlich"-Hose, das ist eine schwarze Hose zwischen Leggings und normalem Schnitt, die ist immer okay.

Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben?

joop Einfach, sportlich und mit Pfiff. Privat bin ich jemand, der Jeans trägt, bis sie Löcher hat, und meine Schuhe ziehe ich auch oft an.

Für H&M und andere Ketten haben schon mehrere Designer Kollektionen entworfen. Nicht jedoch für einen Discounter. Was hat Sie als Designerin daran gereizt, für diesen Markt Mode zu kreieren?

Joop Aldi beeinflusst maßgeblich das Kaufverhalten. Wenn einem klar wird, wie viele Textilien bei Aldi gekauft werden, dann frage ich mich als Designerin, was ich tun kann, damit sie so cool werden, wie sie sein könnten. Meine Mission ist es, schönes Design zugänglich zu machen.

Sie wollen also dem Durchschnittsverbraucher ermöglichen, auch mal coole Mode zu tragen?

Joop Den Durchschnittsverbraucher gibt es nicht mehr. Die Elite und die Masse verschwimmen immer mehr. Es gibt heute einen gut informierten Konsumenten, der sich im Klaren darüber ist, was er möchte, und diese Bedürfnisse müssen bedient werden - so, dass es zu den Einkommensstrukturen passt.

Was bedeutet es für den Wert Ihrer eigene Marke, wenn plötzlich jeder Kreationen von Ihnen tragen kann?

Joop Ich bekomme so viele Zuschriften wie noch nie. Die Frauen jubeln, dass sie auch mal etwas "abbekommen". Mein Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad ist durch die Aktion deutlich gestiegen.

Was haben Sie zuletzt bei Aldi gekauft?

Joop Gummibärchen, einen Blumenstrauß, Milch, Butter und Klementinen.

Wie oft kaufen Sie denn dort ein?

Joop Ab und zu. Ich kaufe auch in allen möglichen anderen Läden ein - ich bin da nicht so festgelegt.

Hätten Sie auch für Primark oder Kik eine Kollektion entworfen?

Joop Nein. Für Kik oder Primark würde ich nichts machen. Das ist noch mal was anderes... Aldi hingegen ist für mich Kult. Es ist ein Unternehmen mit hohen Standards. Wenn man die Textilien auspackt, anfasst und daran riecht, merkt man, dass das gute Qualität ist.

Wie kann es gelingen, bezahlbare Mode fair zu produzieren?

Joop Gerade dann sollte es gelingen! Wenn ich elf Styles habe und sie in extrem großer Stückzahl produzieren lasse, wird jedes Einzelteil im Einkauf ja deutlich günstiger. Umso elitärer und kleiner die Kollektion, umso teurer wird sie auch.

Billigware muss also nicht unter unmenschlichen Bedingungen produziert werden?

Joop Billig ist etwas anderes als günstig. Günstig ist etwas, das ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis hat, was mit gewissen Standards produziert wurde. Billig ist etwas, das mehr verspricht, als es hält, etwas, das schlecht produziert wurde.

Was würden Sie niemals tragen?

Joop Den von mir tief verabscheuten Ballonrock. Es gibt keine Figur, die dadurch besser wird. Und ich bin auch kein Freund von Pastellhosen.

(RP)
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