Dortmund An dieser Messe scheiden sich die Geister

Dortmund · Bei der ersten Scheidungsmesse stand vor allem die Frage im Raum: "Was machen wir hier eigentlich?"

Es war ein seltsames Schauspiel, das die erste deutsche Scheidungsmesse am Wochenende bot. Knapp 20 Aussteller präsentierten im Kongresszentrum der Dortmunder Westfalenhallen skurrile Dienstleistungen, deren Verbindung zum Thema Scheidung sich auch auf den zweiten Blick nicht erschloss - unter den Ausstellern waren eine Astrologin, ein Gesichtschirurg und die Vertreterin eines Wellnesshotels.

"Wir dachten, das wäre eine Hochzeitsmesse, wir haben das Motto ,Neustarten' wohl missverstanden", sagte eine irritierte Besucherin aus Euskirchen, die mit ihrem in Osnabrück lebenden Partner anreiste. "Wir haben uns aber beraten lassen und wissen jetzt, dass sich eine Hochzeit finanziell nicht für uns lohnt", lautete ihr Resümee dieses überraschend missglückten Samstag-Nachmittags. Nein, für Romantiker war sie gewiss nichts, diese Scheidungsmesse. Dazu trug auch das große Werbeschild eines Online-Scheidungsdienstes nicht bei, das die Besucher in der Eingangshalle mit dem fragwürdigen Slogan "Scheiden wie die Schotten, wer mehr zahlt, ist selber schuld" empfing - nachdem sie zuvor 20 Euro Eintritt gezahlt hatten. Dafür konnten sie sich unter anderem bei Wahrsagerin Sybille die Zukunft voraussagen lassen. Mithilfe von Skatkarten. "Die Person, die beraten wird, muss die Karten selber mischen, damit die Energie übertragen wird", erklärte die spirituell angehauchte Dortmunderin, die keinen Hehl daraus machte, warum sie einen Messe-Stand im Kongresszentrum gebucht hatte: "Ich bin nur wegen der Presse hier."

Der Plan der hauptberuflichen Wahrsagerin ging voll auf - schließlich waren nahezu mehr Journalisten als Besucher in den überschaubaren Räumlichkeiten anzutreffen. Die wenigen Betroffenen, die anwesend waren, mussten ein Interview nach dem anderen geben - beziehungsweise ablehnen. Das alles wäre auch amüsant, wenn der Hintergrund der Scheidungsmesse kein so trauriger wäre. Dass sich an ihr vor allem die Geister scheiden, wurde im Vorfeld deutlich: Als "befremdlich" hatte die katholische Kirche die Tatsache bezeichnet, dass die Messe eine Scheidung als Event verkauft. Kurz hinter dem Eingang und gegenüber dem Stand mit Vaterschaftstests wurde die Gesichtschirurgie als Start in ein neues Leben angepriesen. Ein braun gebrannter Dr. Dr. mit weißem Anzug, weißen Schuhen und rotem Hemd erklärte Bonbon-lutschend die Verbindung zwischen Facelifting und Scheidung: "Viele wollen nach dieser angespannten Phase die Strenge aus dem Gesicht bekommen", erklärte der Schönheitschirurg, der den Besuchern blutige Aufnahmen von operativen Eingriffen auf einem großen Fernseher zeigte.

Trotz der niedrigen Besucherzahlen - rund 50 waren es nach Angaben des Veranstalters - geben sich die Organisatoren kämpferisch: "Dass so wenige gekommen sind, zeigt, dass das Thema Scheidung noch ein Tabu ist", sagte Co-Veranstalter Christopher Prüfer, "wir veranstalten aber auch im nächsten Jahr eine Scheidungsmesse."

(RP)
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