Düsseldorf Auch Islamisten tappen in Liebesfalle

Düsseldorf · Nicht nur der Rapper und Islamist Deso Dogg fiel darauf herein: Eros und Sexualtrieb boten und bieten Geheimdiensten auf der ganzen Welt günstige Gelegenheiten, zu überlisten, zu verführen, sich Menschen nutzbar zu machen.

Der des Terrors verdächtige Ex-Rapper Deso Dogg mochte wohl nicht auf die vage Zusage von 77 Jungfrauen dereinst im Paradies vertrauen. Er bevorzugte stets schon auf Erden die intime Begegnung mit der Weiblichkeit. Im Stammtisch-Jargon würde man sagen: Herr Dogg ließ nichts anbrennen. Das wusste die US-amerikanische Terrorabwehr. Sie hatte den Rapper, der mit bürgerlichem Namen Denis Cuspert heißt, 39 Jahre alt ist und Kontakte zur Terrormiliz "Islamischer Staat" unterhält, auf dem Radarschirm. Und sie stellte ihm einen Honigtopf hin. Der war wie meistens bei derartigen Operationen von überzeugend femininer Art und Form. Man hat es geahnt: Deso Dogg tappte in die Honigtopf-Falle. Einer amerikanischen Undercover-Agentin gelang es, das Herz des Terrorverdächtigen zu gewinnen, sagen wir: ihn mit Waffen zu ködern, die man "die weiblichen" nennt. Der Gotteskrieger wurde gehörig ausgehorcht von der Agentin, die dem FBI aufschlussreiche Berichte über das Wirken des IS-Sympathisanten zukommen ließ. Als die Fallenstellerin aufzufliegen drohte, konnte sie noch rechtzeitig von Syrien in die Türkei flüchten, von wo aus sie in die USA zurückkehrte und ihr kleines, berechnendes Abenteuer mit dem Unhold beendete.

Vernon Walters, US-Militär, Diplomat und Botschafter Washingtons in Bonn in der Zeit von Mauerfall und Wiedervereinigung, wäre nie und nimmer wie Deso Dogg in einen Honigtopf getappt. Man hat es bei dem 2002 verstorbenen Ami angeblich von französischer Seite in den 60er Jahren mehrfach vergeblich versucht. Der französische Nachrichtendienst setzte Frauen auf Walters an; als das nicht fruchtete, versuchte man es mit Männern. Als auch das vergebliche Müh' blieb, wurde den Geheimdienstlern klar, dass dieser erzkatholische Gentleman, der nie verheiratet war, dem Eros keinerlei Kränze flocht, täglich die Heilige Messe besuchte, ein "keusches Junggesellenleben" führte.

Menschen wie Vernon Walters sind die große Ausnahme, ein Albtraum für Nachrichtendienste, Agentenanwerber und Spionage-Leitzentralen rund um den Globus. Die meisten Wichtigen dieser Welt, über die fremde Dienste allzu gerne allerlei Wissen, bevorzugt aus der vita sexualis anhäufen wollen, lassen sich seligen Blickes auf den verführerisch verpackten Honigtopf ein. Als klassische Meisterin im lockenden Fach gilt die legendenumrankte Niederländerin Margaretha Geertrudia Zelle (1876-1917). Ihr Künstlerinnen-Name lautete Mata Hari. Zwischen Paris, Berlin und Madrid brachte Mata Hari als angebliche fernöstliche Schleier- und Nackttänzerin einflussreichen Männern - darunter ein leibhaftiger Rothschild und viele hohe Militärs, für die die schöne Rätselhafte ein Faible entwickelte - erst um den Verstand und dann um die Moral. Eine femme fatale des frühen 20. Jahrhunderts, deren Reize und Horch-Dienste sich während des großen Völkerschlachtens 1914 bis 1918 mehrere kriegsführende Mächte vergewissert haben sollen.

Was für die arme Mata Hari 1917 mit Verurteilung in Paris wegen Hochverrats und dem Tod durch Erschießen endete, ging bei den meisten anderen Lockvögeln und Honigtopf-Aufstellerinnen glimpflich aus. In frischer Erinnerung ist der Fall der wohlgestalteten Anna Kuschtschneko/Chapman. Sie ist die Tochter eines Moskauer KGB-Agenten und diente Väterchen Russland mit Kontakten zu westlichen Geheimdienstlern und dem Wegtransport von Spionagegeld nach Afrika. 2010 ging die Venusfalle mit dem lustigen Kampfnamen 00Sex der US-Spionage-Abwehr in die Falle. In Wien wurde Mrs. Chapman gegen vier westliche Spione ausgetauscht.

Legendär sind nicht die Venus-, sondern die Romeofallen, mit denen einst der Auslandsgeheimdienst der DDR im Bonner Regierungsviertel allein lebende Sekretärinnen einflussreicher Politiker und Soldaten zu umgarnen versuchte. Der 1985er Bonner Sommer war meteorologisch schwül-heiß; auch politisch bleibt er als heißer deutsch-deutscher "Sekretärinnen-Sommer" im sonst nicht erotisch überladenen Bundeshauptstädtchen am Rhein im Gedächtnis. Die von Ost-Berlin ausschwärmenden Romeos waren verruchte Agenten ihres Oberschnüfflers Markus Wolf. Die DDR-Romeos zielten mit vergifteten Amor-Pfeilen auf ledige Damen, die sich nach getaner Büroarbeit ein bisschen Romantik erhofften und jedes Mal erschüttert waren, nachdem sie begriffen hatten, dass sie nur benutzt worden waren und ihr Romeo gar keine Julia wollte. Nettes Apercu: Der geheimnisumwitterte DDR-Agentenboss Markus Wolf, jahrzehntelang der "Mann ohne Gesicht", wurde ausgerechnet fotografisch enttarnt, als er in Schweden einen Sex-Shop verließ.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort