Ferienflieger über Ukraine abgestürzt Vier Deutsche unter den 298 Opfern

Kiew · Eine Passagiermaschine der Malaysia Airlines mit 298 Menschen an Bord ist am Donnerstag im Osten der Ukraine abgestürzt und in umkämpftem Gebiet zerschellt. Es gab keine Überlebenden. Unter den Opfern sind vier Deutsche.

 Eine Maschine der Malaysia Airlines des Typs Boeing 777-200.

Eine Maschine der Malaysia Airlines des Typs Boeing 777-200.

Foto: ap

An Bord der Passagiermaschine haben sich nach Angaben der Fluggesellschaft auch mindestens vier deutsche Staatsbürger befunden. Zunächst war in den Mitteilungen von 295 Toten die Rede. In der Nacht korrigierten die Malaysia Airlines die Angaben: An Bord befanden sich demnach 298 Menschen. Drei Kleinkinder seien nicht in die Passagierliste aufgenommen worden.

Unter den Opfern waren vier Deutsche. An Bord waren außerdem 154 Niederländer, 27 Australier, 23 Malaysier, 11 Indonesier, 9 Briten, 5 Belgier, 3 Philippiner und ein Kanadier. Von den anderen Passagieren stehe die Nationalität noch nicht fest, so der Manager. Die Maschine war als Flug MH 017 um 12.15 Uhr von Amsterdam mit dem Ziel Kuala Lumpur gestartet..

Alle europäischen Flüge der Malaysia Airlines würden nun die "alternative Routen einschlagen und die bisher üblichen" vermeiden, hieß es weiter.

Unmittelbar nach Bekanntwerden des Unglücks machten sich die ukrainische Führung und die Separatisten gegenseitig für einen Abschuss der Passagiermaschine verantwortlich. In Kiew warf Präsident Petro Poroschenko den Separatisten vor, die Boeing 777-200 des Flugs MH17 der Malaysia Airlines am Donnerstag abgeschossen zu haben - wie zuletzt mehrere ukrainische Militärflugzeuge.

Die ukrainische Luftwaffe habe mit der Tragödie nichts zu tun, teilte er mit. Poroschenko ordnete umgehend die Bildung einer Untersuchungskommission an. Er betonte, die ukrainischen Streitkräfte hätten mit dem Zwischenfall nichts zu tun. "Wir sind überzeugt, dass die Verantwortlichen für diese Tragödie zur Verantwortung gezogen werden."

Die pro-russischen Separatisten erklärten sich am Abend zu einer vorübergehenden Waffenruhe bereit. "Für die Bergungsarbeiten ist eine Waffenruhe nötig", sagte einer der Sprecher der Aufständischen, Sergej Kawtaradse, in Donezk. Der selbst ernannte Premierminister der nicht anerkannten "Volksrepublik" Donezk, Alexander Borodaj, sprach sich für schnelle Gespräche mit der Führung in Kiew aus.

Die Maschine auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur sei auf einer Flughöhe von 10.000 Metern von einer Flugabwehrrakete abgeschossen worden, sagte Anton Geraschtschenko, Berater des ukrainischen Innenministeriums, nach Angaben der russischen Agentur Ria Nowosti. Alle 280 Passagiere und 15 Besatzungsmitglieder seien tot. Unter den Opfern waren Dutzende US-Amerikaner und Niederländer. Es gibt keine Hinweise, dass Deutsche in der Maschine saßen.

Photos said to be crash debris of Malaysia 777 in Ukraine from @MatevzNovak pic.twitter.com/5WlMiZ6812

Die pro-russischen Kräfte hingegen warfen den ukrainischen Streitkräften den Abschuss vor. Die Boeing 777 sei nahe der Großstadt Donezk abgestürzt, sagte der selbst ernannte Premierminister der nicht anerkannten "Volksrepublik", Alexander Borodaj. Die Aufständischen hätten keine Abwehrwaffen, um Maschinen in einer Höhe von 10.000 Metern abzuschießen. Es handele sich um eine "Provokation" der ukrainischen Luftwaffe, sagte Borodaj.

Die Separatisten hatten zuletzt mehrfach zugegeben, ukrainische Kampfjets, Transportmaschinen und mehrere Hubschrauber abgeschossen zu haben. Nach offiziell unbestätigten Twitter-Berichten haben die Separatisten behauptet, ein Buk-Flugabwehrsystem im Verlauf der Kämpfe erbeutet zu haben.

Nach Geraschtschenkos Angaben wurde die Maschine von einer Rakete aus einem Buk-Flugabwehrsystem (Buk, Russ. Buche) getroffen. Das in den 80er-Jahren von sowjetischen Militärs entwickelte Lenkwaffen-System kann Ziele in Höhen bis zu 25.000 Metern treffen.

Malaysia Airlines flight #MH17 just before it disappeared over Ukraine. pic.twitter.com/xvDHsEQtkg

Hilfskräfte konnten nicht zu der zerschellten Maschine, da das Absturzgebiet bei Schachtjorsk, etwa 60 Kilometer westlich der russischen Grenze, von den Separatisten kontrolliert wird.

Die malaysische Regierung bestätigte die Berichte über den möglichen Abschuss einer Passagiermaschine von Malaysia Airlines über der Ukraine vorerst nicht und rief stattdessen zur Ruhe auf. "Wir haben keine Bestätigung für einen Abschuss!", schrieb Verteidigungsminister Hishammuddin Hussein am Donnerstag auf Twitter. "Unser Militär wurde angewiesen, dies zu untersuchen."

Die Boeing 777 hatte Amsterdam um 12.15 Uhr Ortszeit verlassen und sollte am Freitagmorgen um 6.10 Uhr malaysischer Ortszeit in Kuala Lumpur ankommen. "Malaysia Airlines bestätigt, dass sie von der ukrainischen Luftraumüberwachung informiert wurde, dass der Kontakt mit Flug MH17 um 1415 (GMT) etwa 30 Kilometer vom Tamak-Wegpunkt verloren ging, etwa 50 Kilometer vor der russisch-ukrainischen Grenze", teilte die Fluggesellschaft über Facebook mit.

Malaysia trauert noch immer um die Opfer von Unglücksflug MH 370, der seit dem Start in Kuala Lumpur im März mit 239 Menschen an Bord verschollen ist.

In einer ersten Reaktion auf das Unglück übermittelte Kremlchef Wladimir Putin der malaysischen Regierung sein Beileid. Er sei traurig über die "Katastrophe über dem Territorium der Ukraine, die so viele Menschenopfer gekostet" habe, schrieb Putin in einem am Donnerstag vom Kreml veröffentlichten Telegramm. In einem Telefonat mit US-Präsident Barack Obama, in dem eigentlich über die neuesten Sanktionen gegen Russland gesprochen wurde, informierte der Kremlchef den US-Präsidenten über das Unglück in der Ukraine.

(REU/DPA/AFP)
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