Massaker in Orlando 50 Tote bei Schießerei in Nachtclub - Täter soll zum IS gehören

Orlando · Ein Mann hat in einem Schwulenclub in Florida etwa 50 Menschen erschossen. 53 weitere Opfer wurden nach dem Blutbad in Orlando in Kliniken gebracht. Der Bürgermeister hat den Notstand ausgerufen. Der Vater des Täters schließt Schwulenhass als Motiv nicht aus. Der Täter soll sich vor dem Massaker mit einem Anruf auf den IS berufen haben.

Amoklauf in Orlando: Mindestens 50 Tote bei Schießerei in Disko
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Orlando: Mindestens 50 Tote bei Schießerei in Nachtclub

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Foto: dpa, pt

Orlandos Bürgermeister Buddy Dyer bezifferte die Opferzahlen am Sonntag vor Medien. Der Schütze wurde etwa drei Stunden nach Beginn der Tragödie in einem Feuergefecht mit Polizisten getötet. Er hatte der Polizei zufolge zuvor Dutzende Geiseln genommen.

Der Täter war nach übereinstimmenden Medienberichten US-Bürger mit afghanischen Wurzeln. Die Sender CBS, NBC und die "Washington Post" berichteten unter Berufung auf die Justiz, Omar Saddiqui Mateen sei 1986 geboren worden und habe in St. Port Lucie gelebt, das liegt etwa 170 Kilometer südöstlich von Orlando. Den Berichten zufolge stammt er aus dem Staat New York und hat zuletzt bei einer Sicherheitsfirma gearbeitet. Der Mann war der US-Bundespolizei FBI bekannt. Wie der Nachrichtensender CNN am Sonntag unter Berufung auf Justizkreise berichtete, hatte das FBI Omar M. als einen von vielen hundert Unterstützern der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auf dem Radar.

Das FBI bestätigte am Abend, dass sich der Schütze vor seinem Massenmord telefonisch beim Polizeinotruf 911 zum Islamischen Staat bekannt hat. FBI-Ermittler Harper sagte am Sonntag, der Täter sei Omar Mateen, ein US-Bürger. Mateen habe bereits zwei Mal Kontakt mit dem FBI gehabt, in den Jahren 2013 und 2014. Er habe aber aktuell nicht unter Beobachtung gestanden. Die Waffen habe Mateen kurz vor seiner Tat legal erworben.

Zudem behauptet eine IS-nahe Nachrichtenagentur, der Todesschütze sei ein Mitglied der Terrormiliz Islamischer Staat. Eine "Quelle" habe dem Medium "Amaq" gesagt, der Angriff auf Menschen in dem Nachtclub sei von einem Kämpfer der Terrormiliz ausgeführt worden.

Der Vater des Täters hat Schwulenhass als mögliches Tatmotiv seines Sohnes nicht ausgeschlossen. Omar sei vor zwei Monaten wütend geworden, als er gesehen habe, wie zwei Männer sich küssten, sagte Mir Seddique am Sonntag dem Sender NBC News. Er habe nichts von irgendwelchen Angriffsplänen seines Sohnes gewusst und sei sich sicher, dass es keinen religiösen Hintergrund gebe, sagte Seddique weiter. "Wir stehen unter Schock so wie das ganze Land."

Seine Ex-Frau Sitora Yusufiy bezeichnete den 29-jährigen Täter als instabilen, aufbrausenden und bisweilen gewalttätigen Menschen. Mateen sei ein praktizierender Muslim gewesen. "Es gab aber keinerlei Anzeichen" für eine Radikalisierung, sagte Yusufiy.

Mateen habe drei bis vier Mal pro Woche am Abendgebet der Moschee seines Wohnorts Fort Pierce teilgenommen, berichtete der dortige Imam Syed Shafeeq Rahman. Er hätte "niemals erwartet", dass Mateen eine solche Tat begehen könnte, sagte der Imam. Vielleicht habe sich Mateen unbemerkt im Internet radikalisiert.

Dyer hat nach dem Massaker den Notstand in der Stadt ausgerufen. Er habe den Gouverneur von Florida gebeten, dies für den gesamten Staat zu tun, sagte Dyer vor Journalisten. Diese Ausnahmeregelung sollen die Ermittlungen erleichtern, an denen sowohl örtliche als auch Bundesbehörden beteiligt sind.

Ein Vertreter der Polizei Florida sagte, das Verbrechen werde als ein möglicher "Akt des Terrorismus" untersucht. Dabei gehe es auch um etwaige Verbindungen zum islamischen Terrorismus, nichts werde ausgeschlossen: "Wir prüfen alle Aspekte."

Ronald Hopper, der zuständige FBI-Vertreter, sagte, es gebe erste Hinweise darauf, dass der Schütze Kontakte zur radikalislamischen Szene unterhielt. Allerdings handle es sich dabei noch nicht um definitive Erkenntnisse.

Der Polizei zufolge hatte der Täter gegen 2 Uhr mit einer sturmgewehrähnlichen Waffe im Club "Pulse" im Herzen der Stadt zu schießen begonnen. Zunächst habe sich ein einzelner Polizist mit ihm ein Feuergefecht geliefert, dann seien zwei weitere Beamte hinzugekommen. Einer von ihnen sei verletzt worden. Der Schütze habe dann Geiseln genommen. Die Polizei habe sich nach ungefähr drei Stunden zu einer gewaltsamen Befreiung entschieden.

"Verdächtige Vorrichtung" am Körper

Mina zufolge verschaffte sich die Polizei mit Hilfe eines Sprengsatzes Zugang. Der Täter sei in der Nähe einer Eingangstür gewesen und in einem Feuergefecht getötet worden. "Mindestens 30 Geiseln konnten durch die Aktion gerettet werden", sagte Mina. Wie der Polizeichef weiter mitteilte, trug der Täter eine "verdächtige Vorrichtung" am Körper, die untersucht werde.

Der Club war Mina zufolge in der Nacht gut besucht. Er sprach von mehr als 300 Menschen. Medienberichten stand eine "Latin Night" auf dem Programm, eine Nacht mit lateinamerikanischer Musik. Nach Augenzeugenberichten fielen die Schüsse kurz vor der Schließung um 2 Uhr, viele Menschen seien noch am Tanzen gewesen. Der Club selber rief auf Facebook zur Flucht auf: "Verlasst Pulse und rennt."

Augenzeugen berichteten von Dutzenden Schüssen in schneller Reihenfolge - mindestens 40 seien es gewesen, sagte Christopher Hansen dem Sender CNN. "Ich dachte zuerst, es war Musik. Dann warfen sich die Menschen auf den Boden, und ich auch."

"Ich hörte 20, 40, 50 Schüsse", sagte Jon Alamo, der sich hinten in einem der Räume des Clubs aufgehalten hatte. "Die Musik brach ab." Ein anderer Besucher, Rob Rick, sagte, es seien noch mehr als 100 Menschen in dem Club gewesen, als er Schüsse hörte. Er habe sich auf den Boden geworfen und sei in Richtung eines DJ-Standes gekrochen. Ein Türsteher habe eine Trennwand zwischen Club und für Mitarbeiter reservierte Räume im hinteren Teil niedergerissen, so hätten Gäste entkommen können.

"Ich sah nur Körper fallen"

"Ich sah keinen der Schützen. Ich sah nur Körper fallen", berichtete der Clubbesucher Christopher Hanson, der zu Beginn der Schießerei gerade an der Bar ein Getränk bestellte, dem Sender CNN. Er sei hingefallen und mit anderen Besuchern zum Hinterausgang gekrochen, um sich in Sicherheit zu bringen. "Als ich auf die Straße gelangte, waren da Leute, überall Blut", sagte Hanson.

Der Augenzeuge Ricardo Negron sagte dem Sender Sky News, als die Schüsse begannen, hätten sich die Leute auf den Boden geworfen. Offenbar habe der Angreifer in die Decke geschossen. Glas zerbrechender Lampen sei herabgefallen. "Dann gab es eine kurze Pause bei den Schüssen, und einige von uns sind aufgestanden und zu Hinterausgang gerannt", sagte Negron.

Viele flohen aus dem Gebäude. Das Fernsehen zeigte Opfer, die von Clubbesuchern aus dem Gebäude gebracht und auf die Ladeflächen von Kleinlastern gelegt wurden. Manche hatten Blut auf ihrer Kleidung. Vor mehreren Krankenhäusern warteten Freunde und Angehörige der Opfer. Eine Mutter sagte weinend: "Mein Sohn ist hier. Ich weiß nicht, wie es ihm geht."

Das Gelände des Clubs war sofort nach den Schüssen weiträumig abgesperrt worden. Auch Bombenspürhunde wurden auf dem Gelände eingesetzt. Bürgermeister Buddy Dyer sprach von einem "sehr schrecklichen" Verbrechen. "Wir müssen stark bleiben", rief er die Einwohner der Stadt auf.

US-Präsident Barack Obama ist am frühen Sonntagmorgen über die Bluttat informiert worden. Das Weiße Haus teilte mit, man sei in Gedanken und Gebeten bei den Opfern und ihren Angehörigen. Obama habe seine Regierung gebeten, die Untersuchungen und die Stadt in Florida mit allem zu unterstützen, was nötig sei. In seiner ersten Reaktion nannte Obama den Anschlag einen "Akt des Terrors und des Hasses."

Der voraussichtliche republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump forderte den Präsidenten nach dem Massaker zum Rücktritt auf.

Die Bundesregierung hat mit Bestürzung auf die Schießerei reagiert. Regierungssprecher Steffen Seibert verurteilte am Sonntag im Kurzmitteilungsdienst Twitter den "mörderischen Anschlag". Die Regierung sei "tief erschüttert" angesichts der Bluttat in Orlando im US-Bundesstaat Florida. "Wir trauern um die vielen Toten", erklärte Seibert. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich via Twitter "erschüttert" über den "brutalen Anschlag" .

Zwei Tage vorher wurde Sängerin in Orlando erschossen

In Orlando hatte erst am Freitagabend eine andere Bluttat viele Menschen erschüttert: Ein Mann hatte die populäre Nachwuchssängerin Christina Grimmie nach einem Konzert erschossen. Polizeichef Mina schloss aber jede Verbindung zwischen den beiden Verbrechen aus.

In den USA gibt es fast täglich Schießereien. Seit Jahresbeginn wurden laut der Internetseite Gunviolencearchive.org bereits mehr als 5800 Menschen durch Schusswaffen getötet, während mehr als 23.000 Vorfälle mit Schusswaffen gezählt wurden. Trotz der hohen Opferzahl hat die mächtige Waffenlobby bisher eine von US-Präsident Barack Obama angestrebte Verschärfung des Waffenrechts verhindert.

(felt/jco/tak/dpa/afp/ap)
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