Amatrice in Italien Papst überraschend im Erdbebengebiet

Rom · Papst Franziskus hat am Dienstag einen überraschenden Tagesbesuch in den mittelitalienischen Erdbebengebieten unternommen. Er reiste unangekündigt in die zerstörte Ortschaft Amatrice, die zum Symbol des Bebens vom 24. August wurde.

Papst Franziskus sprach mit Kindern der Behelfsschule in Amatrice.

Papst Franziskus sprach mit Kindern der Behelfsschule in Amatrice.

Foto: dpa, dc bm

Dort sprach er mit Kindern in der Behelfsschule. Anschließend fuhr er weiter in die "Rote Zone" des Dorfes. Zwischen den Trümmern eingestürzter Häuserzeilen entlang der Hauptstraße betete er schweigend.

Der Vatikan und die Behörden hatten den Besuch bis zuletzt streng geheim gehalten. Gerüchte verdichteten sich, als es am Morgen hieß, Rietis Bischof Domenico Pompili wolle die Schule von Amatrice besuchen. Franziskus kam gemeinsam mit Pompili in einem Golf mit italienischem Kennzeichen an.

Er sei gekommen, "um zu sagen, dass ich euch nahe bin und für euch bete", sagte Franziskus anschließend vor der Schule. "Nähe und Gebet, das ist das, was ich euch anbieten kann." Er ermutigte die Menschen weiterzugehen, trotz der vielen Angehörigen, die sie verloren hätten.

"Wir müssen immer gemeinsam vorangehen, denn allein ist das schwer. Helft einander", sagte er. "Vom ersten Moment an habe ich gespürt, dass ich kommen muss", so Franziskus. "Ich wollte nicht stören, deshalb habe ich ein bisschen Zeit verstreichen lassen."

Die Zahl der geborgenen Todesopfer in Mittelitalien bezifferte der Katastrophenschutz zuletzt mit 298. Die Aufräumarbeiten dauern an. Allein in Amatrice starben nach dem aktuellen Stand 236 Menschen.
Derzeit leben dort noch rund 250 Menschen in Zeltunterkünften.

Anschließend besuchte der Papst ein Pflegeheim in einem Dorf der Provinz Rieti. Er erschien in der Einrichtung San Raffaele im Dorf Borbona, wo viele Senioren untergebracht sind, die durch das Beben ihr Zuhause verloren hatten. Laut einer Mitteilung des Vatikan begrüßte Franziskus 60 Patienten einzeln und sprach lange mit ihnen.
Anschließend aß er mit ihnen zu Mittag.

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Am Nachmittag reiste Franziskus nach Accumoli und Arquata del Tronto weiter. In der Region der Marken gab es 51 Opfer, allein 46 in dem zu Arquata gehörenden Weiler Pescara del Tronto; 11 Personen kamen in Accumoli ums Leben. Pescara wurde durch das Beben praktisch ausgelöscht.

Ein von Vatikansprecher Greg Burke getwittertes Bild zeigt den Papst vor der zerstörten Kirche San Francesco. Deren Turm war bei dem Beben auf ein benachbartes Wohnhaus gestürzt und hatte ein Ehepaar sowie zwei Kinder im Alter von sieben und acht Jahren erschlagen. Der Tod der Familie wurde zur bekanntesten Einzeltragödie des Unglücks in Mittelitalien.

In Arquatas Ortsteil Borgo besuchte Franziskus die Schule der Zeltstadt und sprach den Menschen Mut zu. Die Zeiten würden sich wieder ändern, sagte er und fuhr fort: "Nur Mut, immer vorwärts." Einwohner schenkten ihm ein T-Shirt mit der Aufschrift "Der Mut erbebt nicht".

Aufräumarbeiten in der Erdbebenregion gehen weiter
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Auf die Nachricht einer baldigen Ankunft des Papstes versammelten sich auch in der Ortschaft San Pellegrino bei Norcia viele Menschen. Ein neuerlicher Erdstoß der Stärke 3,6 sorgte unter den Wartenden für Unruhe. Franziskus, begleitet von Ortsbischof Renato Boccardo, grüßte die Bevölkerung auf dem Dorfplatz und setzte nach etwa 20 Minuten seine Fahrt mit unbekanntem Ziel fort.

Unterdessen hatten sich auch im knapp 90 Kilometer entfernten Assisi viele Menschen in der Hoffnung auf einen weiteren Abstecher des Papstes eingefunden. Lokale Medien hatten darauf spekuliert, nachdem über den Tag immer neue Stationen der spontanen Rundtour bekanntwurden. Assisi erlitt bei dem Beben zwar keine Schäden, beging aber am Dienstag das Fest des Ordensgründers und Armutsapostels Franz von Assisi (1181/82-1226), Namenspatron des Papstes.

(KNA)
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