Drei deutsche Soldaten in Afghanistan getötet Angriff aus dem Hinterhalt

Kabul/Berlin (RPO). Es war eines der bislang schwersten Gefechte, in das deutsche Soldaten in Afghanistan verwickelt waren. Am Karfreitag starben drei deutsche Soldaten, als sie aus einem Taliban-Hinterhalt im Unruhedistrikt Schahar Dara angegriffen wurden.

Tödliche Angriffe auf die Bundeswehr
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Foto: ddp

Die Soldaten waren auf Patrouille - wie sie es in letzter Zeit verstärkt tun. Statt sich in ihre Bundeswehrstützpunkte in Kundus oder Masar-i-Scharif zurückzuziehen, sollen sie nach dem Willen der Bundesregierung mehr "Präsenz in der Fläche" zeigen. Doch das ist mit hohen Risiken verbunden. Für Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU sind es die ersten toten Soldaten seiner Amtszeit.

Nach Angaben des Einsatzführungskommandos und des Provinzgouverneurs Mohammed Omar befanden sich die Bundeswehr-Soldaten auf einer Routinefahrt von Kundus auf dem Weg nach Schahar Dara nahe der tadschikischen Grenze. Als sie versteckte Sprengsätze entdeckten und diese entschärfen wollten, wurden sie von Aufständischen angegriffen. Anschließend fuhr ein bewaffnetes Fahrzeug über eine Sprengladung. Demnach waren 200 Taliban an den Kämpfen beteiligt. Drei Soldaten starben, vier wurden schwer verletzt, vier weitere erlitten leichtere Verletzungen. Die Kämpfe, die am Mittag 11.30 MESZ (14.00 Uhr Ortszeit ) begannen und flauten am Abend ab.

Wie der Verwaltungschef des Bezirks Chahar Dara, Abdul Bahid Omar Chil, mitteilte, wurde auch mindestens ein Taliban-Kämpfer getötet und ein weiterer verletzt. Die Bundeswehr und die afghanischen Polizisten hätten keine schweren Waffen einsetzen können, weil sich die Taliban-Schützen in Häusern von Zivilpersonen verschanzt hätten, sagte Omar Chil.

Rückzugsort der Taliban

Das südwestlich gelegene Schahar Dara ist wohl der gefährlichste der sechs Kundus-Distrikte. Er gilt als Hochburg und Rückzugsort der Taliban. Die afghanischen Sicherheitskräfte sind dort kaum präsent. Zwar gibt es dort eine stark befestigte Polizeistation und mehrere Checkpoints, doch sind diese nicht immer besetzt.

Bereits im Juni 2009 starben bei Kämpfen in Schahar Dara drei Bundeswehrsoldaten. Die Bundeswehr startete damals zusammen mit afghanischen Sicherheitskräften eine großangelegte Offensive, doch gelang es nicht, die Aufständischen dauerhaft zu vertreiben. Die beiden von den Taliban entführten Tanklaster, deretwegen der deutsche Oberst Georg Klein den folgenschweren Luftangriff am 4. September 2009 befehligte, hatten ebenfalls Kurs auf Schahar Dara genommen.

Die Bundeswehr-Führung sieht in der Befriedung des Distriktes den Schlüssel für die Sicherheit in der ganzen Provinz. "Wenn dort dauerhaft Ruhe herrscht, kann sich das auf ganz Kundus ausweiten", lautet die Einschätzung eines Experten.

Mehr Patrouillenfahrten gewollt

Nach der neuen deutschen Strategie, die im Januar auf der internationalen Konferenz in London von der Bundesregierung vorgestellt wurde, sollen die deutschen Soldaten wieder öfters auf Patrouillenfahrt gehen. Die Höchstzahl der Soldaten von 4500 wurde deshalb um 850 Soldaten aufgestockt. Guttenberg erklärte dazu, "in die Fläche gehen" bedeute aber, "nicht offensiv zu kämpfen". Es gehe darum, die Ausbildung für die afghanische Armee und Polizei sowie den Schutz für die afghanische Bevölkerung "in Einklang zu bringen".

Doch die stundenlangen Kämpfe am Karfreitag zeigten, wie gefährlich das neue Konzept ist. In den nächsten Tagen wird die Bundesregierung den Afghanistan-Einsatz einmal mehr hart gegen die Opposition und eine zunehmend skeptische Öffentlichkeit verteidigen müssen.

Der kommissarische Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Präses Nikolaus Schneider, wurde am Karfreitag sehr deutlich: Das "was in Afghanistan passiert, ist Krieg". Es sei eine "Selbsttäuschung unserer Gesellschaft", in der Bundeswehr vor allem diejenigen zu sehen, die Brücken bauten oder Brunnen bohrten.

Guttenberg: Große Betroffenheit

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg reagierte "mit großer Betroffenheit" auf den Tod der Soldaten. "Ich bin in Gedanken und Gebeten bei den Soldaten und ihren Familien. Angesichts von Gefechten dieses Ausmaßes wird deutlich, wie gefährlich der gleichwohl notwendige Einsatz in Afghanistan ist", erklärte der CSU-Politiker am Freitag nach Angaben seines Ministeriums.

Guttenberg habe seinen Urlaub unterbrochen und werde über die Entwicklung laufend informiert, teilte ein Sprecher mit. Der Minister werde früher nach Deutschland zurückkehren.

Kanzlerin Angela Merkel zeigte sich bestürzt. Es handele sich um einen "verabscheuungswürdigen und hinterhältigen Angriff", erklärte die CDU-Vorsitzende am Freitag in Berlin. "Mein Mitgefühl gilt in diesen schweren Stunden vor allem den Angehörigen der ums Leben gekommenen und verwundeten Soldaten. Ich trauere mit ihnen um die Opfer." Merkel wünschte den verwundeten Soldaten rasche und vollständige Genesung.

Auch die FDP-Bundestagsfraktion zeigte sich "tief betroffen". "Wir trauern um unsere gefallenen Soldaten und fühlen mit ihren Angehörigen. Sie opferten in Afghanistan ihr Leben, um die Zivilbevölkerung zu schützen und beim Wiederaufbau des Landes zu helfen", erklärte die sicherheitspolitische Sprecherin Elke Hoff. "Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei den Familien, bei den Freunden und bei den Kameraden, denen wir unser tief empfundenes Beileid aussprechen. Den in ihrem gefährlichen Einsatz verwundeten Soldaten wünschen wir eine rasche und vollständige Genesung."

(AFP/apd/das)
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