Angst vor Plünderungen Houston verhängt nächtliche Ausgangssperre

Houston · Um Plünderungen zu vermeiden, hat der Bürgermeister der US-Metropole Houston eine nächtliche Ausgangssperre verhängt. Die Bürger der von schweren Überschwemmungen betroffenen Stadt dürfen ihre Häuser ab Mitternacht nicht mehr verlassen. Das vierte Todesopfer wurde offiziell bestätigt.

"Harvey" in Texas – Rettungskräfte kämpfen gegen die Fluten
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Nach Angaben der Polizei und der Stadtverwaltung sollen mit der Ausgangssperre Plünderungen und Raubüberfälle verhindert werden. Bürgermeister Sylvester Turner sagte, dass teilweise als Polizisten verkleidete Diebe die Bewohner zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert haben. Auch Houstons Polizeichef Art Acevedo nannte die Ausgangssperre notwendig: "Es hat bereits Plünderungen gegeben", sagte er. Bewaffnete Diebe versuchten die Lage auszunutzen, während tausende Menschen in Notunterkünften warteten, dass das Wasser zurückgehe.

Die Ausgangssperre gilt von Mitternacht bis 7 Uhr morgens. Zuvor hatte Turner die Ausgangssperre für 22 Uhr Ortszeit angesetzt. Die Verschiebung begründete er mit den andauernden Rettungseinsätzen für in den Wassermassen eingeschlossene Menschen. Außerdem sollen Polizisten aus anderen Regionen in der überfluteten Stadt aushelfen. Für wie viele Tage die Ausgangssperre gelten soll, ist noch unklar.

Wer gegen die Ausgangssperre verstoße, werde befragt, durchsucht und festgenommen, sagte der Polizeichef von Houston.

Derweil spitzt sich die Lage in Houston weiter zu. Behörden bestätigten das vierte Todesopfer der Flutkatastrophe. Inoffiziell ist von bis zu 30 Opfern die Rede, auch wenn nicht alle Leichen geborgen werden konnten.

Zu den Toten gehört ein 34-jähriger US-Polizist. Er ertrank am Sonntagmorgen, als er zu seinem Dienstort in Houston fahren wollte. Rettungstaucher bargen seine Leiche aus einer überfluteten Unterführung.

Eine 89-Jährige war tot in ihrem Haus gefunden worden, in dem das Wasser 1,2 Meter hoch stand. Die Leiche einer 76-Jährigen trieb in den Fluten eines Autos, wie das forensische Institut des Harris County mitteilte. Ein 45-Jähriger habe sich aus seinem sinkenden Auto retten können und sei dann in das Wasser gefallen. Er sei bereits am Montag in einem Krankenhaus gestorben, so das Institut.

Behörden öffneten neue Notunterkünfte. Rettungskräfte brachten nach eigenen Angaben in und um die viertgrößte Stadt der USA mehr als 13.000 Menschen in Sicherheit. Nach Angaben der Feuerwehr wurden am späten Dienstagabend alle Bewohner im Umkreis von 2,4 Kilometern einer Chemie-Fabrik in Houston wegen Explosionsgefahr evakuiert.

Es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme, teilten die Behörden mit. Der französische Konzern Arkema, dem die Fabrik in Harris County gehört, erklärte, die Anlage sei überschwemmt. Es sei möglich, dass Chemikalien reagierten und ein Feuer ausbreche, das eine schwarze Rauchwolke auslöse. Wie giftig diese Wolke sein würde, teilte der Konzern nicht mit. In der Fabrik werden organische Peroxide produziert.

Trump besuchte am Dienstag gemeinsam mit Ehefrau Melania das Überschwemmungsgebiet und lobte Verantwortliche und Helfer. "Es ist historisch, es ist episch, aber ich sag's euch: Es ist in Texas passiert — und Texas kommt mit allem klar", sagte er in der Hafenstadt Corpus Christi. Vor einer Feuerwehrwache stieg er auf eine Leiter, um zu den versammelten Menschen zu sprechen — neben Anhängern waren auch einige Gegner des US-Präsidenten dort. Trump besuchte auch die texanische Hauptstadt Austin.

Bereits auf dem Rückflug nach Washington kündigte seine Sprecherin Sarah Huckabee Sanders eine baldige Rückkehr des Präsidenten ins Katastrophengebiet an. Trump werde am Samstag in andere Orte in Texas und — je nach Wetter — möglicherweise auch nach Louisiana reisen. Er wolle dann auch Opfer des Sturms treffen. Um die Einsatzkräfte nicht zu behindern, habe er darauf zunächst verzichtet, sagte Huckabee Sanders.

Der US-Staat Louisiana rüstet sich noch für die Ankunft von "Harvey". Dort werden in den kommenden Tagen heftige Auswirkungen befürchtet. In New Orleans blieben Schulen und Behörden seit Dienstag geschlossen. Bürgermeister Mitch Landrieu empfahl den Bewohnern, ihr Haus nicht zu verlassen. Er riet ihnen, Essen, Getränke und Medikamente für mindestens drei Tage vorrätig zu haben. Gouverneur John Bel Edwards sagte, Louisiana stehe das Schlimmste aller Wahrscheinlichkeit nach noch bevor.

(beaw/rtr)
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