Mangelnde Kooperation Anwälte von Salah Abdeslam legen Mandat nieder

Die Anwälte des mutmaßlichen Paris-Attentäters Salah Abdeslam legen wegen dessen hartnäckigen Schweigens ihr Mandat nieder.

 Frank Berton (m.) und seine Kollegen sehen keinen Sinn in der Vertretung des verschwiegenen Abdeslam.

Frank Berton (m.) und seine Kollegen sehen keinen Sinn in der Vertretung des verschwiegenen Abdeslam.

Foto: ap, BC

Die Strafverteidiger Frank Berton und Sven Mary sagten am Mittwoch dem französischen Sender BFMTV, eine Verteidigung des Islamisten sei wegen dessen mangelnder Kooperations nicht möglich.

Abdeslam gilt als der einzige überlebende Attentäter vom 13. November 2015 und soll bei der Anschlagsserie mit 130 Toten eine zentrale Rolle gespielt haben. Bisher verweigert der 27-Jährige jede Aussage zum Geschehen.

"Wir sind überzeugt, dass er sich nicht äußern wird und dass er das Recht auf Aussageverweigerung wahrnehmen wird", sagte Berton auf BFMTV. "Was sollen wir machen? Wir haben es von Anfang an gesagt, wir haben gewarnt: Wenn unser Mandant stumm bleibt, geben wir seine Verteidigung ab."

Mary beklagte, seine Arbeit sei überflüssig: "Wenn man das Gefühl hat, lediglich Sozialbesuche im Gefängnis abzustatten, muss man eine Entscheidung treffen." Nach Bertons Worten schrieb Abdeslam einen Brief an den ermittelnden Untersuchungsrichter und teilte ihm mit, er wolle keinen Anwalt mehr.

Im laufenden Ermittlungsverfahren braucht der Islamist keinen Anwalt, wohl aber während eines späteren Prozesses. Dort kann ihm ein Pflichtverteidiger zur Seite gestellt werden.

Islamistische Selbstmordattentäter hatten bei den Angriffen auf die Pariser Konzerthalle Bataclan, auf eine Reihe von Bars und Restaurants sowie auf das Fußballstadion Stade de France in Saint-Denis nördlich von Paris 130 Menschen getötet und mehr als 350 weitere verletzt. Zu den Anschlägen bekannte sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).

Gegen Abdeslam wird unter anderem wegen Mordes und versuchten Mordes ermittelt. Seine genaue Rolle bei den Anschlägen ist noch unklar. Offenbar fuhr er am Anschlagsabend aber drei Attentäter zum Stade de France. Er brachte zuvor Islamisten nach Europa und mietete Autos und Verstecke.

Womöglich wollte sich der in Belgien geborene Franzose ursprünglich ebenfalls am 13. November in die Luft sprengen: Eine später südlich von Paris gefundene Sprengstoffweste wird ihm zugeordnet.

Abdeslam gelang am Morgen nach den Anschlägen die Flucht aus Paris. Erst nach monatelanger Fahndung konnte er am 18. März bei einer Razzia im Brüsseler Stadtviertel Molenbeek festgenommen worden. Gut einen Monat später wurde er an Frankreich ausgeliefert.

Er ist seitdem im südlich von Paris gelegenen Gefängnis von Fleury-Mérogis in einer Isolationszelle inhaftiert und wird rund um die Uhr per Videokamera überwacht - eine in Frankreich beispiellose Maßnahme. Gegen die Videoüberwachung zog Abdeslam vergeblich vor Gericht.

Anwalt Berton kritisierte am Mittwoch erneut Abdeslams Haftbedingungen, die einer "psychologischen Folter" gleichkämen. Diese seien mit ein Grund für das Schweigen des Islamisten. Ein Opferanwalt wies dies umgehend als "zynisch" zurück: Abdeslam werde als "Opfer" dargestellt, dabei stehe er "im Mittelpunkt" eines terroristischen Anschlags. Die Opferfamilien hatten sich von den Verhören des Islamisten weitere Erkenntnisse zum schwersten Anschlag in Frankreichs Geschichte erhofft.

(bur/AFP)
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