Tag 2 nach den Anschlägen in Norwegen Attentäter nutzte Dum-Dum-Projektile

Oslo/Düsseldorf · Norwegen steht nach den blutigen Anschlägen vom Freitag unter Schock. In Oslo gab es einen Trauergottesdienst. Die Ermittlungen der Polizei zu den Hintergründen der Tat laufen auf Hochtouren. Gleichzeitig wurden folgenschwere Pannen beim Einsatz der Sicherheitskräfte am Freitag bekannt. Im Internet tauchte ein 1500 Seiten starkes Manifest auf, welches dem Täter zugeschrieben wird. Demnach war die Tat seit mindestens zwei Jahren geplant. Die Ereignisse des Sonntags im Ticker-Rückblick.

+++ 21.34 Uhr Nach den beiden Anschlägen mit mindestens 93 Toten in Norwegen haben Norwegen und Schweden ihre Bevölkerungen für Montag zu einer Schweigeminute für die Opfer aufgerufen. Eine Sprecherin des norwegischen Regierungschefs Jens Stoltenberg sagte am Sonntag, um 12.00 Uhr sei eine Schweigeminute geplant. Zum selben Zeitpunkt will auch Schweden aus Solidarität mit dem westlichen Nachbarland innehalten. Die schwedische Flagge vor dem Amtssitz des Regierungschefs soll auf halbmast gesetzt werden. Stoltenbergs Sprecherin kündigte an, dass alle Ministerien in Oslo trotz teilweise starker Schäden durch den Bombenanschlag im Regierungsviertel normal arbeiten würden. Mitarbeiter aus betroffenen Gebäuden würden andernorts untergebracht.

+++ 20.01 Uhr Der norwegische Attentäter setzte bei dem Massaker auf der Insel Utoya nach Angaben eines Chirurgen sogenannte Dum-Dum-Geschosse ein - spezielle Projektile, die im Körper des Getroffenen zerfallen und besonders schwere innere Verletzungen anrichten. Chirurgen, die 16 Personen mit Schussverletzungen behandelten, hätten bislang keine vollständigen Geschosse aus den Körpern der Patienten gezogen, sagte Colin Poole, Chefarzt der Chirurgie am Ringriket-Krankenhaus in der nordwestlich von Oslo gelegenen Stadt Honefoss. "Diese Projektile sind mehr oder weniger im Innern des Körpers explodiert", sagte Poole der Nachrichtenagentur AP. "Diese Projektile fügten inneren Schaden zu, der absolut entsetzlich ist", sagte der Arzt.

+++ 19.36 Uhr Der Attentäter soll auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als mögliches Ziel gesehen haben. In seinem rassistischen Manifest habe B. namentlich die Kanzlerin erwähnt sowie allgemein die SPD, Linke und Grünen als mögliche Anschlagsziele benannt, berichtet die "Hamburger Morgenpost". Der Verfassungsschutz bestätigte dem Blatt, dass in dieser Sache ermittelt wird. Es gehe um "mögliche Kontakte" des Attentäters zur rechten Szene in Deutschland.

+++ 18.16 Uhr Der mutmaßliche norwegische Attentäter hatte noch "eine beachtliche Menge" an Munition für seine beiden Waffen, als er sich am Freitag der Polizei stellte. Das sagte Polizeichef Sveinung Sponheim am Sonntag.

+++ 16.52 Uhr Der Vater des mutmaßlichen Verantwortlichen für die tödlichen Anschläge in Norwegen hat sich entsetzt über die Taten seines Sohnes gezeigt. Er stehe "unter Schock", seit er das Foto seines Sohnes im Zusammenhang mit den Attentaten vom Freitag auf Nachrichtenseiten im Internet gesehen habe, sagte Jens Breivik am Sonntag der Zeitung "Verdens Gang". Er habe nichts von der extremistischen Neigung seines Sohnes gewusst. Jens Breivik hatte sich kurz nach der Geburt seines Sohnes von dessen Mutter scheiden lassen und nach eigenen Angaben seit 1995 keinen Kontakt mehr zu seinem Sohn gehabt.

+++ 16.39 Uhr Die Anzeichen für eine ernste Panne beim Polizeieinsatz auf der Insel Utoya verdichten sich. Ein Polizeiboot wäre beinahe untergegangen, als es auf die Insel übersetzen sollte, wie die Polizei nun einräumte. Ein im benachbarten Hönefoss angefordertes Polizeischiff habe sich für den Transport der Beamten als ungeeignet erwiesen, hieß es offiziell am Sonntag. Auch die Entscheidung, zunächst auf die Anti-Terror-Einheit aus Oslo zu warten, haben das Einschreiten der Sicherheitskräfte gegen den Todesschützen verzögert. Der Attentäter hatte 60 Minuten lang Zeit, 86 Menschen kaltblütig zu erschießen.

+++ 14.32 Uhr Papst Benedikt XVI. hat angesichts der Anschläge in Norwegen die Menschen dazu aufgerufen, dem Hass abzuschwören. "Ich will abermals einen schmerzerfüllten Aufruf an alle richten, den Weg des Hasses für immer zu verlassen und der Logik des Bösen zu entfliehen", sagte der Papst am Sonntag vor Pilgern und Touristen auf dem Balkon seines Sommersitzes in Castel Gandolfo.

+++ 14.16 Uhr Bei einem Polizeieinsatz im Zusammenang mit den Anschlägen in Norwegen haben die Ermittler kurzzeitig mehrere Menschen festgenommen. "Es wurde kein Sprengstoff an dem Ort gefunden und die Festgenommenen wurden wieder freigelassen", erklärte die Polizei in Oslo am Sonntag. "Die Polizei verfügt über nichts, dass diese Leute mit Terrorakten in Verbindung bringen könnte."

+++ 13.49 Uhr Die Polizei hat Medienberichten zufolge weitere Personen festgenommen. Das meldeten am Sonntag der Fernsehsender TV2 und die Onlineausgabe der Zeitung "Verdens Gang". Eine Bestätigung war von der Polizei zunächst nicht zu erhalten. Augenzeugen zufolge sind sechs Menschen festgenommen worden. Dies berichteten Anwohner in der norwegischen Hauptstadt.

+++ 13.23 Uhr Die Zahl der Opfer ist laut Medienangaben auf 93 gestiegen.

+++ 12.57 Uhr Wie die norwegische Zeitung "Verdens Gang" unter Berufung auf Anwohner berichtete, begann die Polizeiaktion im Osten Oslos gegen 11.45 Uhr und verlief ruhig. Mehrere Personen seien von den Sicherheitskräften aus einem Gebäude herausgeführt und durchsucht worden. Neben dem am Stadtrand gelegenen Gebäude stehen den Angaben zufolge mehrere verschlossene Container. Die Polizisten hätten versucht, diese zu öffnen, zitierte die norwegische Zeitung die Augenzeugen weiter.

+++ 12.45 Uhr Niedersachsens Innenministers Uwe Schünemann hat nach dem Doppel-Anschlag von Norwegen vor der Gefahr durch Einzeltäter gewarnt. "Es ist erschreckend, zu welchen Anschlägen radikalisierte Einzeltäter in der Lage sind", sagte der CDU-Politiker am Sonntag in Hannover. Von Ihnen gehe anscheinend derzeit die größte Gefahr aus.

+++ 12.13 Uhr Offenbar ist die Stadtwohnung des Täters durchsucht worden. Die Operation stehe im Zusammenhang mit dem Bombenanschlag, sagte ein Polizeisprecher. Weitere Einzelheiten nannte er nicht.

+++ 11.58 Uhr Heute morgen gab es einen bewaffneten Polizeieinsatz im Osten Oslos. Ob und inwieweit dieser Einsatz mit den Anschlägen zusammenhängt ist bislang unbekannt.

+++ 11.45 Uhr Stoltenberg hat die Opfer des Blutbads gewürdigt. "Jedes einzelne Opfer ist eine Tragödie", sagte er bei einem Trauergottesdienst am Sonntag im Beisein des norwegischen Königspaares und mehrerer Minister in der Kathedrale von Oslo. Norwegen werde aber "seine Werte niemals aufgeben". Bald würden die Namen und Bilder der Getöteten veröffentlicht: "Dann wird sich das Ausmaß des Bösen zeigen", sagte Stoltenberg.

+++ 11.29 Uhr Zur Zeit feiern die Norweger gemeinsam mit ihrem Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg und anderen Politikern einen Trauergottesdienst in Oslo. Angehörige der Königsfamilie sowie Opferangehörige sind ebenfalls im Dom anwesend.

+++ 11.12 Uhr Bislang ist Zahl der Verletzten auf der Insel bei 67 stabil geblieben. Allerdings werden weiterhin vier bis fünf Jugendliche vermisst. Die Suche wird mit Spürhunden und Booten fortgesetzt. Die Suchenden rechnen allerdings kaum noch damit, die Vermissten lebend zu finden.

+++ 11.05 Uhr Der Rechtsextremismus-Forscher der Freien Universität Berlin (FU), Hajo Funke, bezeichnet es als ungewöhnlich, dass ausgerechnet Norwegen Ziel eines offenbar rechtsextremistisch motivierten Anschlags geworden ist. "Der Rechtsextremismus in Norwegen ist relativ schwach ausgeprägt", sagte Funke. Sehr viel stärker sei in der Vergangenheit die rechtsextreme Szene in Schweden gewesen.

+++ 10.48 Uhr "Breivik hat den Bombenanschlag und die Schüsse gestanden", sagte der amtierende Polizeichef Sveinung Sponheim am Sonntag auf einer Pressekonferenz. "Er habe sich aber nicht eines Verbrechens für schuldig bekannt", fügte er hinzu.

+++ 10.32 Uhr Der Tatverdächtige hat die Angriffe nach eigenen Angaben allein verübt. Der festgenommene Anders Behring Breivik habe versichert, ein Einzeltäter zu sein, sagte Polizeikommissar Sveinung Sponheim am Sonntag vor Journalisten in Oslo. Die Polizei prüfe dennoch weiterhin, ob bei dem Angriff am Freitag auf ein politisches Feriencamp auf der Insel Utöya "ein oder mehrere" Schützen geschossen hätten.

+++ 10.16 Uhr Oslo sei seit längerer zeit einem hohem Bedrohungslevel ausgesetzt. Eine 100-prozentige Sicherheit könne nicht garantiert werden. Abgesperrte Stadtgebiete seien mittlerweile wieder geöffnet und freigegeben. Die unmittelbare Umgebenung des Anschlags bleibe aber noch eine lange Zeit gesperrt. Die Armee hilft der Polizei bei ihren Ermittlungen. Der Attentäter ist laut Meinung der Polizei bei seinem Bombenanschlag planvoll vorgegangen.

+++ 10.12 Uhr Die Namen der Opfer sollen so schnell wie möglich veröffentlicht werden. Auch die Frage, wieviele Menschen deas Manifest des Täters gelesen haben, kann der Polizeisprechern nicht beantworten. Das Manifest des Täters müsse aber noch einmal genau untersucht werden.

+++ 10.08 Uhr: Nach einem zweiten Täter wird derzeit nach Angaben der Polizei nicht gesucht. Man gehe aber der Frage nach, ob weitere Personen bei der Tat beteiligt waren. Die Vorkommnisse auf der Insel Utoya gäben keine klare Antworten auf die Vorkommnisse.

+++ 10.05 Uhr: Der Täter soll am Montag erneut verhört werden. Er kooperiere mit der Polizei. Ob der Mann klar und ausgeglichen sei - darüber äußert sich der Polizeisprecher nicht. Dem Täter droht offenbar eine Strafe von bis zu 21 Jahren.

+++ 10 Uhr: Die norwegische Polizei gibt jetzt eine Pressekonferenz.

+++ 9.31 Uhr Der Attentäter Anders Breivik hat die Anschläge vom Freitag nach Einschätzung des Kriminalpsychologen Christian Lüdke minutiös und eiskalt geplant. "Er trägt mit großer Wahrscheinlichkeit einen sehr tiefen Hass in sich, eine unglaubliche Wut und natürlich auch eine sehr hohe kriminelle Energie", sagte Lüdke am Samstagabend in der ARD.

+++9.16 Uhr Bundeskanzlerin Angela Merkel hat laut Medienberichten mit dem norwegischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg telefoniert und ihm das Mitgefühl Deutschlands versichert.

+++8.48 Uhr In Deutschland gibt es Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zufolge keine unmittelbare Gefahr für rechtsextremistische Anschläge. Die Sicherheitsbehörden würden die rechte Szene intensiv beobachten, sagte der Minister der "Bild am Sonntag". "Hinweise auf rechtsterroristische Aktivitäten liegen derzeit nicht vor." Auch gebe es derzeit keine Erkenntnise auf Bezüge der Anschläge in Norwegen nach Deutschland.

+++8.26 Uhr Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat die Politiker aufgefordert, sich nach dem Attentat von Norwegen aus Sicherheitsgründen nicht stärker von der Öffentlichkeit abzukapseln. Gabriel schreibt in einem Beitrag in "Bild am Sonntag": "Die Angst vor Attentaten und Terror darf nicht dazu führen, dass wir politisches Engagement in der Öffentlichkeit einstellen, unsere Politiker nur noch hinter dickem Panzerglas zu sehen bekommen oder keine politischen Jugendzeltlager mehr durchführen." Die Mörder und Terroristen wollen uns Angst machen. Sie wollen, dass wir uns zurück ziehen. Und genau das dürfen wir nicht zulassen. Sonst hätten sie gewonnen."

+++07.59 Uhr Der norwegische Botschafter in Deutschland, Sven Erik Svedman, hat sich nach den Anschlägen in seiner Heimat für die Anteilnahme der Deutschen bedankt. Botschafter Svedman erklärte am Samstag gegenüber "Bild am Sonntag": "Es ist wichtig, dass wir zusammenstehen und einander stützen in diesem furchtbaren Moment. Dass Freunde wie die Bundeskanzlerin, Deutschland und die Deutschen fest an unserer Seite stehen, wird sehr geschätzt." Die Tat sei unbegreiflich, wie ein Albtraum.

+++4.13 Uhr Der norwegische Terrorverdächtige hat die ihm zur Last gelegten Taten offenbar schon seit fast zwei Jahren geplant. Das geht aus einem im Internet veröffentlichten Manifest hervor, das dem 32-Jährigen zugeschrieben wird.

+++3.29 Uhr Anders B., der Terrorverdächtige des Doppelanschlages in Norwegen, hat sich offenbar gegenüber der Polizei zu den Anschlägen bekannt.

Hier finden Sie die Protokolle vom Tag des Anschlags und dem Tag danach.

(AFP/dapd/RTR/RPO)
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