Gedenken an Auschwitz-Befreiung Komorowski: Nazis machten aus Polen einen "ewigen Friedhof"

Oswiecim · In einer bewegenden Zeremonie haben NS-Überlebende und führende Politiker zahlreicher europäischer Staaten an die Befreiung des größten deutschen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau vor genau 70 Jahren erinnert.

Auschwitz - Gedenkfeier zum 70. Jahrestag der Befreiung
7 Bilder

Auschwitz - Gedenkfeier zum 70. Jahrestag der Befreiung

7 Bilder

Mehr als 200 ehemalige Häftlinge mit ihren Angehörigen versammelten sich am 70. Jahrestag der Befreiung vor dem Eingangstor des früheren Vernichtungslagers. Über dem steinernen Torgebäude, durch das die Todeszüge ins Lager fuhren, war ein hohes, weißes Veranstaltungszelt errichtet. Weiße Linien markierten den Verlauf der Gleise.

Der polnische Präsident Bronislaw Komorowski hat zu einem entschlossenen Vorgehen gegen Rassismus und Antisemitismus aufgerufen. "Erinnern wir uns daran, wozu der Bruch internationalen Rechts auf Selbstbestimmung von Nationen führt", sagte er am 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz. Von Auschwitz aus müsse jeglicher Hass verdammt werden.

"Hölle von Hass und Gewalt"

Komorowski nannte Auschwitz eine "Hölle von Hass und Gewalt". Gegen jede Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen müsse entschlossen Widerstand geleistet werden. "Die deutschen Nationalsozialisten haben meine polnische Heimat zum ewigen jüdischen Friedhof gemacht," sagte er vor mehr als 300 Überlebenden.

In eindringlichen Reden mahnten drei Überlebende, den Massenmord niemals zu vergessen. "Wir wollen nicht, dass unsere Vergangenheit, die Zukunft unserer Kinder wird!", sagte Roman Kent unter Tränen. Im Lager seien ihm wegen der immerwährenden Erniedrigungen und Gewalttaten Minuten wie Tage, Tage wie Monate und Monate wie Ewigkeiten vorgekommen. "Und wie viele Ewigkeiten kann ein Mensch in einem Leben ertragen?", so Kent.

Ronald Lauder, Präsident des World Jewish Congress, mahnte die versammelten Politiker und Staatsoberhäupter, neu aufkeimenden Antisemitismus entschiedener zu bekämpfen. "70 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz weht ein neuer Sturm des Antisemitismus durch Europa."

Nach dem Erklingen des jüdischen Schofa-Horns stimmten Rabbiner das jüdische Totengebet an. Den Gebeten schlossen sich mehrere Gebete christlicher Geistlicher an. Zum Abschluss der Gedenkzeremonie entzündeteten Überlebende und die Vertreter der Staaten Europas am Mahnmal des Lagers Kerzen zu Ehren der Toten. In unmittelbarer Nähe befanden sich die Gaskammern von Auschwitz-Birkenau.

Für die Bundesrepublik nahm Bundespräsident Joachim Gauck an der Gedenkfeier teil. Frankreich wurde durch Staatspräsident Francois Hollande vertreten, Russland durch den Vorsitzenden der Russischen Präsidialverwaltung, Sergei Ivanow.

Zum Auftakt des 70-Jahr-Gedenkens hatte Komorowski einen Kranz an der "Todeswand" neben dem Häftlingsblock des Stammlagers Auschwitz einen Kranz niedergelegt. Mehr als 100 Überlebende des größten deutschen Konzentrations- und Vernichtunglsager brachten rote Rosen an jene Stelle, an der die Nationalsozialisten im Stammlager Auschwitz Tausende Häftlinge erschossen. Viele kamen mit gestreiften Schultertüchern in den Farben ihrer ehemaligen Häftlingskleidung. Einige trugen ihre einstige Häftlingsnummer.

Der ehemalige Auschwitz-Häftling Jacek Zieliniewicz betonte, er werde am Jahrestag-Gedenken teilnehmen, solange er könne. "Wir werden immer weniger, das ist sehr traurig. Aber wir kommen für unsere ermordeten Kameraden", so der 88-Jährige.

In einem Gottesdienst mit Auschwitz-Überlebenden gedachte der Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz der Ermordeten. Die Teilnahme der Überlebenden an den Gedenkfeiern sei ein starkes Zeichen, um die Erinnerung an die Verbrechen als Mahnung in die Zukunft zu tragen, so Dziwisz.

Der Jahrestag der Befreiung durch sowjetische Soldaten am 27. Januar 1945 wird seit Jahren am Mahnmal für die Opfer von Auschwitz begangen. Auschwitz-Birkenau war das größte Vernichtungslager der Nationalsozialisten. Während des Zweiten Weltkriegs ermordeten sie dort mehr als 1,1 Millionen Menschen; die meisten der Opfer waren Juden. Fast 40 Prozent der registrierten Häftlinge waren Polen.

(KNA)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort