Gedenkstätte Auschwitz-Schild "Arbeit macht frei" gestohlen

Warschau (RPO). In der Gedenkstätte des früheren Konzentrationslagers Auschwitz ist der eiserne Schriftzug über dem Eingangstor mit den berüchtigten Worten "Arbeit macht frei" gestohlen worden.

Netanjahu nimmt KZ-Pläne von Auschwitz entgegen
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Unbekannte entwendeten den aus Eisen geformten Schriftzug am frühen Freitagmorgen, wie der Sprecher der Gedenkstätte, Jaroslaw Mensfelt, mitteilte. Polnische und israelische Politiker zeigten sich geschockt.

Mensfelt sprach von einer "beschämenden" Tat. "Das ist eine Schändung des Ortes, an dem mehr als eine Million Menschen ermordet wurden", fügte Mensfelt hinzu. Die Polizei nahm nach eigenen Angaben Ermittlungen mit Spürhunden auf. Der Diebstahl geschah demnach gegen 06.00 Uhr MEZ. An den Straßen von Auschwitz (Oswiecim) wurden Polizisten postiert, um große Autos zu kontrollieren. Der Schriftzug ist vier Meter lang. Es wurde eine Belohnung von 5000 Zloty (1200 Euro) für Informationen ausgesetzt, die zur Festnahme der Täter führen könnten.

Westerwelle: "Schändliche Tat"

Die Außenminister Polens und Deutschlands, Radoslaw Sikorski und Guido Westerwelle, haben den Diebstahl des Auschwitz-Schildes mit der Aufschrift "Arbeit macht frei" scharf verurteilt. Bei ihrem Treffen in Berlin am Freitag sagte Sikorski, dies sei ein "absoluter Kriminalfall". Westerwelle sprach von einer "schändlichen Tat". "Das ist ein ernster, trauriger, aber vor allem krimineller Vorgang", sagte er. Beide äußerten die Hoffnung, dass die Täter unverzüglich festgenommen würden.

Sikorski kam zum ersten Mal seit Westerwelles Amtsantritt zu einem Besuch nach Berlin. Westerwelle hatte zu Beginn seiner Amtszeit Polen als erstes Nachbarland noch vor Frankreich besucht. Beide Minister betonten die Bedeutung der bilateralen Beziehungen.

Die Gedenkstätte Auschwitz ist nachts geschlossen und wird von Nachtwächtern bewacht. Die Polizei begann am Freitagmorgen, die Bänder der Überwachungskameras auszuwerten.

Vize-Außenminister Andrzej Kremer sagte der polnischen Nachrichtenagentur PAP, er sei schockiert, denn die Inschrift sei ein "Schlüsselsymbol für dieses Konzentrationslager". Der Präsident des polnischen Senats, Bogdan Borusewicz, sagte dem Radiosender Jedynka, er hoffe, der Schriftzug werde bald gefunden und sei nicht beschädigt worden. Ex-Präsident Lech Walesa sagte dem Fernsehsender TVN24, es handele sich wohl eher nicht um eine politisch motivierte, sondern um eine kriminelle Tat.

Israel empört

Die israelische Regierung verurteilte den Diebstahl in scharfen Worten. Es handele sich um eine "scheußliche Tat", die auf eine "Entweihung" hinauslaufe, erklärte Vize-Regierungschef Silvan Schalom in Jerusalem. Durch eine solche Tat werde "der Hass und die Gewalt gegen Juden deutlich".

Der Direktor der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem, Avner Schalev, sagte in Jerusalem: "Diese Tat ist eine wirkliche Kriegserklärung." Über die Identität der Diebe sei zwar bislang noch nichts bekannt, er gehe jedoch davon aus, dass es sich um Neonazis handele. Die polnische Regierung tue sicherlich alles dafür, um die Täter zu fassen.

Der Schriftzug aus Eisen wurde von Gefangenen des Lagers auf Befehl der Nazis angefertigt. Er hing am Eingang des sogenannten Stammlagers. Gedenkstätten-Sprecher Mensfelt sagte, die Diebe hätten wohl genau gewusst, wie der Schriftzug zu entfernen sei. Dies sei zwar nicht besonders schwierig, "man muss aber wissen, wie es geht". Es handelt sich nach seinen Angaben um den ersten größeren Diebstahl in der Gedenkstätte.

Die Nationalsozialisten erbauten das Lager neun Monate nach dem Einmarsch in Polen 1939, um polnische Widerstandskämpfer zu inhaftieren. Später wurde das Lager um das drei Kilometer entfernte Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau erweitert.

In Auschwitz-Birkenau wurden zwischen 1940 und 1945 etwa 1,1 Millionen Menschen, davon eine Million Juden, systematisch umgebracht. Die zynische Inschrift "Arbeit macht frei" versinnbildlicht die Menschen verachtendende Ideologie der Nazis. Das Lager wurde im Januar 1945 von der sowjetischen Armee befreit.

(AFP/tim)
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