Die Seele des Viertels Bataclan — Angriff auf ein Pariser Symbol

Paris · Noch weiß man nicht, ob die Terroristen, die am Freitag im Herzen von Paris ein Blutbad anrichteten, sich das Bataclan nur aussuchten, weil sich dort gerade viele Menschen aufhielten. Oder ob sie auch ein Symbol treffen wollten. Viele Pariser jedenfalls empfinden das so.

Anschläge in Paris: Die blutige Spur des Terrors
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Tatort Paris – die blutige Spur des Terrors

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Foto: afp, le

Das 1865 im damals hippen chinesischen Stil erbaute Bataclan, 2006 mit den originalen Fassaden-Farben in rot-gelb aufwändig restauriert, gehört zu den mythischen Konzerthallen von Paris. Und für die Bewohner des 11. Arrondissements ist es so etwas wie die Seele des Viertels. Ich kann das gut verstehen, auch ich habe einige Jahre hier gelebt.

Am Bataclan, strategisch gelegen an der Gabelung der beiden Boulevards Voltaire und Richard Lenoir, kam ich jeden Morgen vorbei. Da waren dann die Bistro-Tische schon auf den Trottoir gerückt, denn tagsüber diente das Bataclan vor allem als Café. Hier habe ich mich auch gerne mit Informanten auf einen Kaffee getroffen, vor allem wenn es um etwas sensiblere Themen ging. In den abgewetzten Ledersesseln das Bataclan wurde fast jeder gesprächig, und man wurde von der Bedienung in Ruhe gelassen. Mittags kamen Angestellte aus den umliegenden Geschäften und Büros, um einen Happen zu essen. Für viele war das Bataclan ihre Kantine.

Ort für Musik, Kabarett, Spektakel

Erst abends wurde dann die wahre Bestimmung des Bataclan deutlich, als ein Ort für Musik, Kabarett, Spektakel. Dann standen Absperrgitter auf dem Trottoir, stämmige Männer in Schwarz und mit Knopf im Ohr kanalisierten den Andrang, denn das Bataclan mit seinen knapp 1500 Plätzen war fast immer ausverkauft. Wer wissen wollte, was musikalisch bald angesagt sein würde, konnte hier schon mal reinschnuppern.

Ich erinnere mich, wie ich mich an einem Abend auf dem Heimweg durch die Menge wühlte und mich darüber wunderte, dass einige der jungen Leute vor dem Bataclan mit deutschen Vokabeln um sich warfen, was unter jungen Franzosen vorsichtig gesagt nicht gerade alltäglich ist. Von der Band, die an jenem Abend vor ausverkauftem Saal spielte, hatte ich noch nie gehört: Tokio Hotel standen damals erst ganz am Anfang ihrer Karriere.

Neben bekannten Bands traten vor allem Newcomer im Bataclan auf. Die riesigen Tour-Busse der Künstler parkten dann mit zugezogenen Gardinen immer schon am Vorabend vor dem Bataclan im absoluten Halteverbot und bekamen trotzdem nie ein Knöllchen. Auch Freitag stand ein solcher Bus vor dem Konzertsaal, in dem an diesem Abend die amerikanische Band Eagles of Death Metal auftrat. Death, ausgerechnet.

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