Starkes Erdbeben erschüttert Japan Behörden ordnen Evakuierung des AKW Fukushima an

Tokio · Ein Erdbeben der Stärke 7,1 hat die Region Fukushima erschüttert. Die japanischen Behörden gaben eine Warnung vor einem voraussichtlich bis zu einem Meter hohen Tsunami aus, berichtete der Fernsehsender NHK Samstagnacht (Ortszeit). Rund eine Stunde nach dem Beben erreichte eine 30 Zentimeter hohe Flutwelle die Küste Japans.

Luftaufnahmen des Atomkraftwerks Fukushima
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Am frühen Sonntagmorgen (Ortszeit) haben die Behörden die Tsunami-Warnung wieder aufgehoben. Berichte über Schäden oder Verletzte gab es zunächst nicht. Laut dem Betreiber Tepco gab es auch an der Atomruine Fukushima Daiichi keine neuen Auffälligkeiten. Die Reparaturtrupps wurden allerdings aufgefordert, sich den Küstenstreifen zu verlassen.

Am 11. März 2011 hatte ein noch stärkeres Erdbeben in Fukushima die weltweit schwerste Atomkatastrophe seit Tschernobyl ausgelöst: Der Stoß mit der Stärke 9,0 und eine Flutwelle beschädigten das dortige Atomkraftwerk schwer. Knapp 16.000 Menschen kamen damals bei Erdbeben und Flutwelle ums Leben, etwa 2650 gelten noch heute als vermisst.

Am Samstag (Ortszeit) forderten die Behörden die Bewohner mehrerer Ortschaften in der Provinz Iwate auf, sich wegen des erneuten Bebens in Sicherheit zu bringen, wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo in der Nacht meldete. Heftige Regenfälle haben den Boden in der Region stark aufgeweicht. Es könnte in Folge von Erschütterungen zu Erdrutschen kommen. Auch die Bewohner in anderen Orten entlang der Pazifikküste wurden zur Wachsamkeit aufgefordert.

Das schwere Erdbeben 2011 hatte mehr als 260 Küstenstädte zum großen Teil zerstört. Zehntausende Menschen mussten die radioaktiv verseuchte Region verlassen und leben noch heute in Notunterkünften.
Der Rückversicherer Munich Re sprach von der teuersten Naturkatastrophe aller Zeiten. Das Unternehmen schätzte den volkswirtschaftlichen Schaden auf 210 Milliarden US-Dollar (155 Milliarden Euro) - ohne die Folgen des Atomunglücks.

Das Epizentrum lag 2011 aber wesentlich näher an Japans Ostküste und zwar 130 Kilometer östlich der Stadt Sendai. Das Epizentrum des neuen Bebens von Samstag 02.10 Uhr (Ortszeit - 19.10 Uhr deutscher Zeit) lag in zehn Kilometern Tiefe vor der Ostküste, rund 475 Kilometer von der Hauptstadt Tokio entfernt. Auch dort gerieten Gebäude von den sich lang hinziehenden Erschütterungen ins Schwanken.

Bei Japan treffen laut der US-Erdbebenwarte vier tektonische Platten zusammen, die Pazifische, die Nordamerikanische, die Eurasische und die Philippinische Platte. Diese bewegte Tiefenzone ist verantwortlich für zahlreiche Beben.

Experten warnen vor Verharmlosung

Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW) warnen vor einer Verharmlosung der gesundheitlichen Folgen der Fukushima-Katastrophe durch die Vereinten Nationen. Bei dem Bericht des UN-Komitees für die Folgen von Strahlung (UNSCEAR), der am Freitag in New York vorgestellt wurde, handle es sich um eine gezielte Missinformation der Öffentlichkeit, sagte der stellvertretende Vorsitzende der deutschen IPPNW, Alex Rosen, am Freitag in Berlin: Es sei falsch, dass durch die Strahlenbelastung kein erkennbarer Anstieg von Krebserkrankungen zu erwarten sei.

Die IPPNW rechnen mit 10.000 bis 20.000 zusätzlichen Krebsfällen infolge der Atom-Katastrophe. In einem Gegenpapier kritisieren mehrere nationale Sektionen der IPPNW unter anderem eine einseitige Auswahl der Quellen für den UN-Bericht. Dieser beruhe auf Angaben der Betreiberfirma Tepco, der japanischen Behörden sowie der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), sagte Rosen. Dabei stünden die Experten der IAEA erheblich unter dem Einfluss der Atomindustrie.

Außerdem seien die strahlenbiologischen Annahmen in dem UN-Bericht fehlerhaft und veraltet, nach denen unterhalb eines gewissen Grenzwertes Entwarnung gegeben werden könne, kritisierten die IPPNW. "Es gibt keine sichere Menge an Strahlung", warnte Rosen. Darüber hinaus kritisierte er, dass Krebsfälle in Statistiken ausgedrückt und kleine Fallzahlen als trivial bezeichnet würden. "Das finden wir als Ärzte sehr zynisch", erklärte Rosen.

(dpa)
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