Rubygate-Prozess Berlusconi zu sieben Jahren Haft verurteilt

Mailand · Gefängnisstrafe für Silvio Berlusconi: Ein Mailänder Gericht hat den italienischen Ex-Regierungschef wegen Sex mit einer minderjährigen Prostituierten und wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt. Dem 76-Jährigen wurde am Montag zudem verboten, lebenslang ein öffentliches Amt zu bekleiden.

Ruby beklagt sich über die italienische Justiz
9 Bilder

Ruby beklagt sich über die italienische Justiz

9 Bilder

Damit droht Berlusconis jahrzehntelanger politischer Karriere das Aus. Gegen das Urteil kann der Milliardär aber noch in zwei weiteren Instanzen Berufung einlegen - was sein Verteidiger Niccolo Ghedini auch unmittelbar nach dem Urteil ankündigte. Der Richterspruch sei ungerecht und "jenseits aller Realität", sagte er.

Berlusconi hat umgehend "Widerstand" gegen das Urteil angekündigt. Das von einem Gericht in Mailand verhängte Urteil sei "brutal", erklärte der 76-Jährige in einer am Montag veröffentlichten Stellungnahme. Er sei "absolut unschuldig". "Ich war davon überzeugt, freigesprochen zu werden, weil es absolut keine Möglichkeit für einen auf Beweisen basierenden Schuldspruch gab", erklärte Berlusconi.

Der Politiker warf den drei Richterinnen in Mailand vor, ihn zu verfolgen. "Ich habe vor, mich der Verfolgung zu widersetzen, weil ich absolut unschuldig bin, und ich will meinen Kampf nicht aufgeben, aus Italien ein wahrhaft freies und gerechtes Land zu machen."

Richter gehen über Forderungen der Staatsanwälte hinaus

Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre Haft und ein Politikverbot für den 76-Jährigen beantragt, die Verteidigung Freispruch. Die Richter gingen mit dem Strafmaß nun sogar über die Forderung der Ankläger hinaus.

Der "Ruby"-Prozess ist der erste, in dem es um ein persönlichen Fehlverhalten Berlusconis geht - konkret um die berüchtigten "Bunga Bunga"-Partys in seiner Villa nahe Mailand. Dort sollen immer wieder junge Prostituierte anwesend gewesen sein, darunter auch Karima el-Mahroug, besser bekannt als "Ruby". Berlusconi soll die damals minderjährige Marokkanerin für Sex bezahlt haben und dann bei der Polizei interveniert haben, als sie wegen des Verdachts auf Diebstahl festgenommen wurde. Beide bestreiten jegliche sexuelle Beziehung.

Berlusconi hat seit längerem Ärger mit der Justiz. Erst im Mai hatte ein Mailänder Berufungsgericht seine Verurteilung zu einer vierjährigen Haftstrafe wegen Steuerbetrugs bestätigt. Der Ex-Ministerpräsident kann aber vor dem Kassationsgericht nochmals Berufung gegen die Entscheidung einlegen.

Auch das "Ruby"-Verfahren könnte wegen weiterer Berufungsmöglichkeiten noch Monate dauern. In mehreren anderen Verfahren gegen Berlusconi in der Vergangenheit wurden Urteile von Berufungsgerichten aufgehoben oder sie verjährten.

Weder Berlusconi noch die heute 20-jährige "Ruby" haben bei dem Verfahren vor Gericht ausgesagt. Die Marokkanerin war mehrfach als Zeugin der Verteidigung geladen, erschien aber nie und wurde schließlich von der Zeugenliste gestrichen. Sie sagte aber in einem anderen Prozess gegen drei Vertraute Berlusconis aus, die für die "Bunga Bunga"-Partys Prostituierte herangeschafft haben sollen. Dort sagte sie dem Gericht, dass in Berlusconis hauseigener Disco als Nonnen und Krankenschwestern verkleidete Mädchen gestrippt hätten.
Sie selbst habe vom damaligen Regierungschef nach jeder von ihr besuchten Party einen Umschlag mit 3000 Euro und später 30 000 Euro von einem Boten Berlusconis bekommen, um damit einen Schönheitssalon zu eröffnen.

"Ruby" war damals 17, gab aber an 24 Jahre alt und Nichte des ägyptischen Ex-Machthabers Husni Mubarak zu sein. Berlusconis Verteidiger erklärten, er habe die Polizei nach der Festnahme "Rubys" angerufen, um einen diplomatischen Zwischenfall zu verhindern.

Berlusconi selbst war am Tag der Urteilsverkündung nicht anwesend.
Auf die Frage, ob der Ex-Regierungschef optimistisch sei, sagte sein Anwalt Piero Longo, er sei "Realist". Berlusconi hatte den Mailänder Richtern und der Staatsanwaltschaft in der norditalienischen Stadt immer wieder vorgeworfen, die dort vorgebrachten Fälle gegen ihn seien politisch motiviert. Vor dem Gebäude standen eine Handvoll Demonstranten, die für die Freiheit der Justiz protestierten. Auch einige Anhänger von Berlusconi versammelten sich vor dem Gericht.

(ap/felt/jco)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort