Bischofssynode Undichte Stelle im Vatikan

Rom · Soll die Bischofssynode manipuliert werden? Ein interner Beschwerdebrief mehrerer Teilnehmer an Papst Franziskus ist an die Öffentlichkeit gelangt. Der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller nennt diese Indiskretion einen Skandal.

Bischofssynode: Undichte Stelle im Vatikan
Foto: Martin Ferl

Die Bischofssynode tritt in diesen Tagen in ihre entscheidende Phase - die Stimmung im Vatikan ist spürbar angespannt. Auslöser für die jüngsten Irritationen ist ein jetzt im Internet veröffentlichter Brief von 13 Kardinälen an Papst Franziskus, die eine Manipulation der wegweisenden Versammlung beklagen. Sie schrieben außerdem, das Vorbereitungsdokument "Instrumentum laboris" müsse überarbeitet werden. Auch der deutsche Präfekt der Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller, gehört offenbar zu den Unterzeichnern des Papiers.

In einem Interview mit der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera" sagte Müller: "Der Brief hätte privat bleiben müssen. Das ist ein neues Vatileaks." Auf die Frage, ob er zu den Unterzeichnern gehöre, entgegnete Müller: "Ich sage nicht, ob ich unterschrieben habe oder nicht." Vier der genannten 13 Unterzeichner dementierten dagegen, den Brief unterschrieben zu haben.

Müller verteidigte sich gegen den Vorwurf, ein Gegner von Franziskus zu sein. Als Präfekt der Glaubenskongregation sei er dessen erster Mitarbeiter. "Ich dulde nicht, dass man meinen Gehorsam und meinen Dienst für Papst und Kirche in Zweifel zieht", sagte er. Er kenne niemanden, "der gegen den Papst ist".

Ein Sprecher des australischen Kurienkardinals George Pell, der den Brief an Franziskus übergeben haben soll, hat die Existenz eines solchen Schreibens bestätigt. Im Internet seien jedoch Teile des Inhalts sowie die Unterzeichnerliste fehlerhaft wiedergegeben

Als "Vatileaks" hatte Vatikan-Pressesprecher Federico Lombardi in Anspielung auf das Internet-Enthüllungsportal Wikileaks die Veröffentlichungen vertraulicher Dokumente aus dem Büro des Papstes zum Ende des Pontifikats von Benedikt XVI. bezeichnet. Der Skandal trug zum negativen Bild des Vatikans in den letzten Regierungsjahren des deutschen Papstes bei. Dass der ehemalige Regensburger Bischof Müller nun diese Affäre bemüht, um die gegenwärtige Situation im Vatikan zu beschreiben, lässt aufhorchen.

In einer italienischen Übersetzung des auf Englisch verfassten Briefs, den der Vatikan-Journalist der Zeitschrift "L'Espresso" auf seinem Blog veröffentlicht hat, heißt es: "Eine gewisse Zahl von Synodenvätern fürchtet, dass der neue Prozess bei wichtigen und strittigen Fragen vorgefasste Ergebnisse erleichtert." Kritisiert wird ein auf dieser Synode neu eingeführter Arbeitsmodus, in dem vor allem in kleinen Sprachgruppen gearbeitet wird. Unter anderem bemängeln die allesamt zum konservativ-traditionalistischen Spektrum zählenden Kardinäle, dass der Prozess der Erstellung des Schlussdokuments intransparent sei und fehlgeleitet werden könnte. Das Dokument werde dem Plenum zu spät vorgelegt, die zehnköpfige Redaktionskommission sei parteiisch besetzt.

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Aus dem Schreiben, das "L'Espresso" zufolge neben Müller und Pell auch der konservative Kurienkardinal Robert Sarah und der südafrikanische Kardinal Wilfried Fox Napier unterschrieben haben, klingt die Sorge um eine von der Synode vorangetriebene Trennung von Lehramt und pastoraler Praxis. Diesen Vorwurf erheben konservative Prälaten etwa im Hinblick auf den Vorschlag, wiederverheiratete Geschiedene trotz des Dogmas der Unauflöslichkeit der Ehe in Einzelfällen zur Kommunion zuzulassen.

Franziskus hatte vor der Synode offenbar als Antwort auf den Brief die Teilnehmer gewarnt, einer "Verschwörungs-Mentalität" anheimzufallen. Die vergangene Synode habe das Dogma der Unauflöslichkeit der Ehe nicht zur Diskussion gestellt. Die Frage der wiederverheirateten Geschiedenen sei nicht das einzige Problem, stellte Franziskus fest.

Über den Fortgang der Synode gibt es seit Tagen Rätselraten. Völlig unklar bleibt, ob der Papst den Abschlussbericht, der erst am Tag der Abstimmung dem Plenum vorgestellt wird, veröffentlichen lässt und ob er die Empfehlungen der Synode in einem verbindlichen apostolischen Schreiben aufnimmt oder den Beratungsprozess offenhält. Der zehnköpfigen, von Franziskus bestimmten Redaktionskommission, die den Bericht aus Hunderten von Einzelanträgen aus den Sprachgruppen zusammensetzt, gehören mehrheitlich progressive Bischöfe an.

(RP)
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