Krawalle in England Blackberrys und Baseballschläger

London (RPO). Krawalle in London, Birmingham, Liverpool und Bristol. Brennende Kaufhäuser, Mordversuche auf Polizisten, 450 Festnahmen in einer Nacht allein in der Hauptstadt, ein abgesagtes Länderspiel. England erlebt die dritte Nacht in Folge eine Welle der Gewalt. Untereinander Kontakt halten die Chaoten meist mit günstigen Smartphones. Und das stellt die Polizei vor massive Probleme.

 Seit Tagen haben Blackberry-Nutzer Probleme bei unterschiedlichen Diensten.

Seit Tagen haben Blackberry-Nutzer Probleme bei unterschiedlichen Diensten.

Foto: dapd, dapd

Wayne Rooney ist Englands berühmtester Fußball-Star. Am Dienstag mischte sich der 25-Jährige bei Twitter in die Diskussion über die nächtlichen Ausschreitungen ein. "Diese Randale ist bescheuert, warum tun Leute das ihrem eigenem Land an? Das ist peinlich für unser Land, hört bitte auf", twittert der Stürmer von Manchester United am Dienstagmorgen erregt.

"Hör auf Müll zu reden!"

Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten. "SIE SIND ARM & ARBEITSLOS & FUSSBALLER VERDIENEN MILLIONEN, DAS IST DER GRUND!", antwortet Twitter-Nutzer surfparty69 — und schreibt erbost in Großbuchstaben. Lamborghini-Fahrer Rooney will dieses Argument nicht gelten lassen. "Und weil sie nicht arbeiten, ist es okay, Häuser niederzubrennen und in die Heime von Bürgern einzubrechen? Komm schon, hör auf so einen Müll zu reden!"

Bei Twitter und Youtube sind die nächtlichen Exzesse in Englands Städten das große Thema. Hitzig wird über die vermeintlichen Motive der Randalierer spekuliert. Als Auslöser der Randale gilt der Tod des angeblichen "Gangster's" Marc Duggan, der vor fünf Tagen in Tottenham von der Polizei aus noch unklaren Gründen erschossen erschossen wurde. Inzwischen inszenieren sich die Chaoten aber als Kämpfer für mehr soziale Gerechtigkeit im Königreich.

"Wir verteilen den Wohlstand um"

"Das ist der Aufstand der Arbeiterklasse! Wir verteilen den Wohlstand um", schrie in der Nacht zum Dienstag ein Chaot in die TV-Kameras, nachdem er mit seinen Freunden Zigaretten und Bier aus einem kleinen Geschäft geklaut hatte. Viele Twitter-Nutzer wollen das nicht gelten lassen. Sie halten die meist jugendlichen Täter schlicht für gewalttätige Chaoten. Für Aufsehen bei Twitter und Youtube sorgt derzeit ein Video, das zeigt, wie mehrere Jugendliche einen stark blutenden Mitstreiter ausrauben. "Miese Dreckskerle rauben verletzten Jungen aus", lautet der Titel des Videos.

Dabei setzen die Chaoten selbst anders als bei vergleichbaren Ausschreitungen zum Beispiel in Griechenland weniger auf Twitter und das soziale Netzwerk Facebook. Stattdessen kommt den in Großbritannien weit verbreiteten Blackberry-Telefonen eine besondere Rolle zu. Der kostenlose Instant-Messaging-Service BBM bietet die Möglichkeit, weitgehend anonym Nachrichten an viele Empfänger zu senden. Anders als bei Twitter oder Facebook kann die Polizei meist nicht mitlesen.

"Wenn ihr einen Bullen seht: schießt!"

Die britische Zeitung "The Guardian" veröffentlichte jetzt eine dieser Nachrichten vom vergangenen Sonntag: "Lasst uns alle im Herzen von London treffen, Oxford Circus! Geschäfte werden kurz und klein geschlagen und wir sacken kostenlos Zeugs ein. (…) Wenn ihr einen Bruder seht: grüßt! Wenn ihr einen Bullen seht: schießt!" Auf Facebook sind ähnliche Aufrufe kaum zu lesen. Laut "The Guardian" versuchte ein Nutzer dort zu einem Krawall-Treffen im Londoner Stadtteil Hackney aufzurufen. Die Polizei las mit und schritt sofort ein.

Premier David Cameron kündigte an, die Täter hart zu bestrafen. "Wir stehen auf der Seite der Menschen, die sich an die Gesetze halten", sagte der Cameron am Dienstag. Die Krawalle nennt Cameron "schlicht und einfach kriminell".

Die Polizei sorgt sich indes um die Sicherheit der friedlichen Bevölkerung. Die Polizei von London rief Eltern auf, ihre Kinder spätabends und nachts nicht mehr auf die Straße zu lassen. Aus Yorkshire, dem ländlichen Norden der Insel, sollen Polizeikräfte zur Unterstützung nach London kommen. 16.000 Beamte sind dann auf den Straßen der Hauptstadt unterwegs. Blackberry-Nachrichten werden sie wohl vorerst nicht lesen können.

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