Militärpsychiater erschießt 13 Menschen Blutbad löst Entsetzen in Amerika aus

Düsseldorf (RPO). Es waren Schüsse mitten ins Herz der US-Army. Mitten auf dem größten Militärstützpunkt in den USA tötete der Militärpsychiater Nidal Mailik Hasan mit zwei Handfeuerwaffen 13 Soldaten. US-Präsident Barack Obama spricht von einer entsetzlichen Tat. Das Land spekuliert nun über das Motiv. Immer wieder fallen die Worte Muslim und "Dschihad".

Der Amokläufer beim Einkauf kurz vor seiner Tat
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Der Amokläufer beim Einkauf kurz vor seiner Tat

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Amerika befindet sich im Schockzustand: 13 Menschen erschossen, 30 weitere verletzt, und das alles in Fort Hood, dem riesigen US-Militärstützpunkt in Texas. Der Amoklauf am Donnerstag war die bislang tödlichste Schießerei auf einem Stützpunkt in den USA. Bei dem Täter handelt es sich nach Militärangaben um den 39 Jahre alten Major Nidal Malik Hasan.

Fälschlicherweise hatte es zunächst geheißen, der Täter sei getötet worden. Der 39-Jährige befindet sich jedoch unter Bewachung im Krankenhaus, wie das Militär mitteilte. Er wurde nach offiziellen Angaben vier Mal getroffen und wird künstlich beatmet. Oberst Ben Danner bezeichnete seinen Zustand auf einer Pressekonferenz als kritisch.

13 Menschen starben bei dem Amoklauf. Der Ablauf ist noch nicht restlos geklärt. Die Schüsse fielen zur Mittagszeit gegen 13.30 Uhr (20.30 Uhr MEZ). In dem Gebäude hatten sich zahlreiche Soldaten zu einer Feier versammelt. Sie standen vor ihrer Entsendung nach Afghanistan. Auch stand vor seiner Versetzung ins Ausland. Dann zog er plötzlich seine Waffen und begann zu feuern. Die Kameraden waren unbewaffnet. In ihrem Stützpunkt fühlten sie sich sicher.

Zunächst war sogar von drei Tätern die Rede. Ermittlern zufolge wurden möglicherweise einige der Todesopfer nicht von dem Amokläufer, sondern in allgemeiner Verwirrung während des Blutbades von Sicherheitskräften erschossen. Oberst Danner sagte, der Täter habe zwei Handfeuerwaffen benutzt, eine davon halbautomatisch. Es seien keine Militärwaffen gewesen.

Mehr Gerüchte als Fakten

Über die Motive des Schützen gibt es mehr Gerüchte als belastbare Aussagen. Er selber — schwer verletzt — soll bei seiner Vernehmung geschwiegen haben. Hasan hat angeblich mit seiner Versetzung in den Irak gehadert und offen dagegen angekämpft. Mehrfach soll es deswegen zum Streit mit Kameraden gewesen sein.

In vielen US-Medien wie auch im Internet spielt ein anderer Aspekt eine Rolle: Hasan war bekennender Muslim. Seine Eltern stammen aus Palästina. Prompt geisterten Vorverurteilungen durch die Medien. "Noch so ein loyaler, moderater, amerikanischer Muslim", schrieb eine beliebte konservative Bloggerin und setzte die Amoktat ob der Religion Hasans automatisch mit einem islamischen Terrorakt gleich. TV-Kommentatoren sollen sich in ähnlicher Tonlage geäußert haben.

"Vergeltung"

Bisher gibt es in der Sache nicht viel mehr als Indizien und Mutmaßungen. Tragende Rolle in den Spekulationen spielt ein Hinweis der New York Times auf Ermittlungen des FBI. Die US-Behörde hatte schon vor Monaten gegen einen "Nidal Hasan" ermittelt, einen Internet-User, der unter diesem Namen in einem radikal-islamischen Forum Selbstmordattentate verherrlichte. Ob es sich bei dem Beschuldigten um den Major von Fort Hood handelt, ist unklar.

Schwerer wiegen die Vorwürfe eines Angestellten aus Fort Hood. Hasan habe sich mehrfach mit Kameraden gestritten, weil er sich als Muslim diskriminiert sah, berichtet der Daily Telegraph unter Berufung auf die Aussage eines ehemaligen Mitarbeiters auf der Militärbasis. Die Muslime sollten sich gegen die Amerikaner erheben, um Vergeltung für den Krieg im Irak zu üben.

Angst vor dem Horror in Afghanistan

Hasans Cousin Nadar weist die Vorwürfe erschrocken zurück. Die Familie sei "schockiert und traurig". "Unsere Familie liebt Amerika", beteuerte Nadar in einer schriftlichen Erklärung. Nidal sei in Virginia geboren und "in Amerika aufgewachsen". Immer wieder sei er aber auch Opfer von Schikanen von Kollegen geworden. Deswegen soll Hasan sich sogar hilfesuchend an einen Militäranwalt gewandt haben. Sein Ziel: der Austritt aus der Armee. Die geplante Versetzung nach Afghanistan sei für ihn ein einziger Alptraum gewesen.

Lief der US-Major aus Angst vor Afghanistan Amok? Die These klingt plausibel. Schließlich arbeitete der Psychiater tagtäglich mit traumatisierten US-Soldaten, die ihm vom blutigen Horror aus Afghanistan und dem Irak berichteten. Sein Cousin beteuerte gegenüber der New York Times, Hasan habe alles in Bewegung gesetzt, um diesem Schicksal zu entgehen. Am Ende habe er einfach aufgegeben.

Angst bei muslimischen Verbänden

Die aufgeheizte Debatte um die Hintergründe der Tat hat bei muslimischen Verbänden in den USA Besorgnis ausgelöst. Die islamische Vereinigung Cair befürchtet Vergeltungsaktionen gegen Muslime. Der "Muslim Public Affairs Council" rief seine Mitglieder dazu auf, sich mit Polizei und Behörden in Sicherheitsfragen abzustimmen.

Die Bluttat hat im ganzen Land Entsetzen ausgelöst. Barack Obama sprach von einem "entsetzlichen Ausbruch der Gewalt", dessen Hintergründe rückhaltlos aufgeklärt würden. Obama erklärte, es sei "schwer genug, wenn wir diese tapferen Amerikaner bei Kämpfen im Ausland verlieren". Schrecklich sei aber, wenn Soldaten "auf einem Militärstützpunkt auf amerikanischem Boden beschossen werden". Er werde sicherstellen, "dass jede einzelne Frage zu diesem schrecklichen Zwischenfall beantwortet wird", sagte Obama. Der amerikanische Kongress legte eine Schweigeminute ein.

mit Material von AP

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