Gefährliche Situation für Löwinnen und Nachwuchs Sorge um "Cecils" Löwenrudel

Johannesburg · Die Tötung des Löwen "Cecil" sorgt weltweit für Empörung. Aber Tierschützer denken nicht nur an eine gerechte Bestrafung des mutmaßlichen Täters, sondern an einen Gefährten und zwei Löwenrudel, die "Cecil" zurückließ.

Löwe Cecil: Trauer und Wut nach seinem Tod
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Trauer und Wut nach dem Tod von Löwe Cecil

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Löwenforscher Brent Stapelkamp hat "Cecil" so gut gekannt wie kaum ein anderer Mensch. Er gehörte zu dem Team, das die schwarzmähnige Berühmtheit in Simbabwes Hwange-Nationalpark neun Jahre lang beobachtet und studiert hat. Stapelkamp war wahrscheinlich auch die letzte Person, die "Cecil" nahekam, bevor der Löwe Anfang Juli mutmaßlich von einem US-Hobbyjäger getötet wurde.

Der Forscher hatte die Raubkatze im vergangenen Oktober mit einem neuen GPS-Halsband ausgestattet. Er war es auch, der als erster Alarm schlug. Er befürchtete, dass "Cecil" etwas zugestoßen sein könnte, als keine GPS-Signale mehr eintrafen.

Jetzt teilt Stapelkamp nicht nur die weltweite Empörung über den Tod des Tieres, das anscheinend mit einem Köder aus seinem Schutzgebiet gelockt und dann erlegt worden war. Der Experte von der Oxford University sorgt sich auch um die Zukunft der Löwenrudel, die "Cecil" zurückgelassen hat. Sein Tod, so fürchtet er, könnte Folgen haben.

"Cecil", so erläuterte er in einem Telefoninterview der Associated Press, hatte eine faszinierende Vergangenheit. Das Tier traf als eine Art Löwenflüchtling im Nationalpark ein, allein, nachdem er aus einem anderen Gebiet vertrieben worden war. Er schloss dann Freundschaft mit einem anderen Löwen, "Jericho", und zusammen wurden sie älter und wachten über zwei Löwenrudel, eines mit drei Löwinnen und sieben Sprösslingen, das zweite ebenfalls mit drei Löwendamen.

Löwinnen und Nachwuchs wären ohne Schutz bedroht

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Jetzt könnte es "Jericho" allein vielleicht nicht mehr schaffen, das Territorium zu halten. Das heißt, er könnte von männlichen Rivalen davongejagt werden, sagt Stapelkamp. Ohne Schutz wären dann die Löwinnen und der Nachwuchs bedroht, sie könnten wegziehen oder getötet werden. Safari-Betreiber, die Millionen in das Gebiet investiert haben, würden eine der größten Touristen-Attraktionen verlieren.

"Sie brennen Feuerschneisen. Sie ebnen Straßen. Sie pumpen Wasser", sagt Stapelkamp. "Sie stecken eine Menge Geld in das Löwen-Management, und dann kommt da jemand, der nicht einen Pfennig bezahlt hat, lockt ihn (den Löwen) über die Bahnlinie, erschießt ihn und macht sich mit seiner Haut von dannen. Das ist nicht hinnehmbar."

Stapelkamp beschrieb damit nicht das exakte Vorgehen des Jägers, Einzelheiten darüber sind ihm nicht bekannt. Er bezog sich vielmehr auf die nach seinen Angaben üblichen Taktiken, Tiere auf privates Land und aus dem Park zu locken, in dem es geschützt ist. Die beiden Gebiete sind durch Eisenbahnschienen getrennt.

Jäger erschießen den Schilderungen zufolge ein Zebra oder eine Giraffe und hängen sie als Hauptköder in einen Baum. Dann befestigen sie die Eingeweide des Tieres - "etwas, das wirklich riecht", so Stapelkamp - an einem Fahrzeug und schleifen sie die Parkgrenze entlang, hin und her. Manchmal spielten sie sogar die Laute eines sterbenden Büffels vor, um einen Löwen anzulocken. Dieser greife den Geruch auf "und folgt ihm direkt zum Köder". Die Jäger lägen auf der Lauer, und sie töteten das Tier "wie nichts".

Als "Cecil" nach dem Schweigen des GPS-Halsbandes schließlich gefunden wurde, war er ein Skelett, an dem Geier schon ungefähr eine Woche lang gepickt hatten. Haut und Kopf fehlten, die hatte der Jäger anscheinend als Trophäen mitgenommen. Die zuständigen Tierschützer entschieden nach Stapelkamps Angaben, dass es am natürlichsten sei, die Knochen mit den Überresten dort zu lassen, wo sie waren - für die Hyänen.

Selbst auf privatem Land sei die Jagd illegal gewesen, erläutert der Forscher. Denn in diesem Jahr seien keine Jagdquoten für Löwen in der Region festgesetzt worden. Es gebe legale Jagden. Aber nur, nachdem sich die Behörden mit Umweltschutz-Experten kurzgeschlossen hätten und entschieden worden sei, dass eine Jagd keine negativen Auswirkungen auf das Gebiet habe. Das sei aber im Fall "Cecil" nicht geschehen, sagt Stapelkamp.

Der Darstellung des Hobbyjägers, einem Zahnarzt aus dem US-Staat Minnesota, glaubt der Forscher nicht. Der Amerikaner hatte angegeben, er habe sich auf seine örtlichen Führer verlassen und gedacht, die Jagd sei legal. Es gebe keine Entschuldigung für das, was geschehen sei, so Stapelkamp. "Er ist ein gebildeter Mann, er hat eine Menge von Ressourcen. Man konnte sich schlaumachen. Das ist angemessene Sorgfalt. Man würde wissen, dass man in einem problematischen Gebiet jagt. Es gibt GPS, das man in der Tasche haben könnte, und man könnte sich eine Geländekarte anschauen und sagen: "Hör zu, mein Freund. Wir sind in einem falschen Gebiet.""

Der Jäger sei mit der Absicht gekommen, "den größten Löwen zu kriegen, den er kriegen konnte, und sich dann davonzumachen. Er ist erwischt worden."

Im Gegensatz zu anderen. Er sei nicht nur über "Cecils" Tod empört, sagt Stapelkamp. Es sei nicht das erste Mal, dass ein Löwe nahe dem Hwange-Park illegal getötet worden sei. In den vergangenen Jahren habe es in der Region rund ein Dutzend solcher Fälle gegeben. Nur sei bisher niemand gefasst worden.

Wie am Wochenende bekanntwurde, soll ein weiterer Amerikaner im April einen weiteren Löwen getötet haben. Er soll das Raubtier nahe dem Hwange-Nationalpark mit Pfeil und Bogen erlegt haben. Ein Landbesitzer aus der Gegend sei festgenommen worden und unterstütze die Behörden bei den Ermittlungen, erklärte die Nationalparkbehörde von Simbabwe. Bei dem zweiten getöteten Löwen handelte es sich aber nicht um "Jericho".

Im Fall "Cecil" wurden die beiden örtlichen Führer des Hobbyjägers festgenommen. Und ginge es nach den Behörden in Simbabwe, dann müsste sich auch der mutmaßliche Wilderer selber in dem afrikanischen Land für die Tat verantworten: Simbabwe verlangt seine Auslieferung.

(ap)
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