Blinder Bürgerrechtler erreicht USA Chen will am Kampf für Menschenrechte festhalten

New York · Nach wochenlangem Tauziehen zwischen Washington und Peking ist der blinde Aktivist Chen Guangcheng am Samstagabend mit seiner Frau und den beiden Kindern in New York eingetroffen, wo er jetzt Jura studieren will. Mit der Ausreise des chinesischen Bürgerrechtlers haben die USA und China einen Ausweg aus ihrer diplomatischen Krise gefunden. Chen zeigte sich dankbar über seine Ausreise, machte aber deutlich, dass er an seinem Kampf für die Menschenrechte festhält.

Chen landete mit einer Maschine aus Peking auf dem Flughafen von Newark bei New York und wurde von seinen Anhängern stürmisch in der US-Metropole begrüßt. Auf Krücken, aber mit einem Lächeln stellte er sich vor einem Gebäude der New York University, wo er und seine Familie künftig leben werden, der Presse. In dem Haus sind mehrere Professoren und Studenten der Uni untergebracht, die Chen ein Jura-Studium angeboten hat.

"Ich bin sehr dankbar", sagte Chen mit Blick auf seine Aufnahme in den USA. Zugleich sei er "erfreut, dass die chinesische Regierung zurückhaltend und ruhig" mit der Situation umgegangen sei.

Chens spektakuläre Flucht aus dem Hausarrest in die US-Botschaft in Peking hatte im April zu einer schweren diplomatischen Krise zwischen beiden Ländern geführt. Der Bürgerrechtler hatte die US-Botschaft wenige Tage später zwar wieder verlassen, aber den Wunsch geäußert, ausreisen zu dürfen.

"Kampf für das Gute fortsetzen"

Chen sagte bei seiner Ankunft in den USA, er wolle seinen "Kampf für das Gute in der Welt und gegen die Ungerechtigkeit" fortsetzen. Zugleich sagte der 40-Jährige, er glaube den Versprechen Pekings, seine zurückgebliebenen Verwandten in Ruhe zu lassen. Einige von ihnen sollen zuletzt Opfer von Misshandlungen und Verfolgung geworden sein.

Die USA begrüßten Chens Ausreise. Das US-Außenministerium äußerte in einer Erklärung "Wertschätzung" für die Art und Weise, wie der Fall gelöst und Chens Wunsch nach einem Studium in den USA unterstützt worden sei. Zugleich zeigten sich US-Politiker besorgt um das Schicksal von Chens Angehörigen in China. Peking müsse deren Sicherheit gewährleisten, hieß es in einer Erklärung des China-Ausschusses des US-Kongresses.

Er freue sich sehr, dass der blinde Aktivist habe reisen dürfen, erklärte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning. "Hoffentlich findet damit der jahrelange Leidensweg für ihn und seine Familie ein Ende und sie finden eine Möglichkeit der Erholung", erklärte er. Chen habe sich "trotz großer persönlicher Risiken" jahrelang für entrechtete Menschen in China eingesetzt.

Hausarrest seit September 2010

Der blinde Bürgerrechtler hatte durch seinen Einsatz für die Opfer von Zwangssterilisierung und Landenteignung immer wieder den Zorn der Behörden auf sich gezogen. Nach der Entlassung aus dem Gefängnis im September 2010 wurde er in der östlichen Provinz Shandong unter Hausarrest gestellt. Am 22. April floh er unter spektakulären Umständen und fand vorübergehend Zuflucht in der US-Botschaft in Peking.

Eine Rückkehr aus dem Exil wird Chen nach Ansicht von Experten wohl nicht einfach möglich sein. "Er hat für einen diplomatischen Aufruhr gesorgt und stand im Mittelpunkt der internationalen Presse", sagte der Sozialkritiker Sun Wenguang. "Die Regierung wird ihm nicht erlauben, einfach zurückzukommen." Er habe zwar das Recht, in seine Heimat zurückzukehren, ergänzte Chens Freund, der Anwalt Jiang Tianyong. "Ich bezweifle aber, dass ihm die Regierung erlauben wird, zurückzukommen."

(AFP)
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