Tiere in China Sexfaule Pandabären

Chengdu · In Liebesdingen sind Pandabären recht unambitioniert. In ganz China gibt es nur noch 1800 Tiere. Deshalb setzt das Land auf künstliche Befruchtung - mit Erfolg.

In der Evolution geht es nur um das Eine, lernen wir im Biologieunterricht. Wer sich nicht vermehrt, scheidet aus. Pandabären sind zwar knuffig, doch in Liebesdingen entwickeln sie wenig Ehrgeiz: Er will nicht - und sie auch nicht. Diese Eigenschaft macht die Nachzucht der vom Aussterben bedrohten Tiere besonders schwierig. Zoodirektoren und Artenschützer unternehmen deshalb seit Jahrzehnten alles, damit Pandas in Stimmung kommen.

In ganz China gibt es nur noch rund 1800 Pandabären. Hinzu kommen 250 Tiere, die in Zoos rund um den Globus untergebracht sind. Das hat das chinesische Forstamt in Peking vor einigen Wochen mitgeteilt. In den vergangenen zehn Jahren sei die Anzahl der Tiere jedoch um rund 17 Prozent gestiegen. Ein Grund für diese Entwicklung liegt der Behörde zufolge in den 27 neuen Schutzgebieten, die für die Tiere eingerichtet worden sind.

Das weltgrößte Nachzuchtzentrum liegt in der westchinesischen Stadt Chengdu, einer smoggeplagten Millionenstadt in der Provinz Sichuan. Auf mehr als 100 Hektar Fläche tummeln sich knapp 70 Bären. Fast 128 Millionen Touristen lockt das chinesische Symboltier jedes Jahr an. Viel geboten bekommen die Schaulustigen nicht. Wenn die Pandas nicht schlafen, hocken sie fast die ganze Zeit auf ihrem Hinterteil und stopfen laut schmatzend Blätter in sich hinein. Gelegentlich gähnen sie oder schlurfen zur nächsten Bambusstaude. Evolutionär betrachtet gehören Pandas zur Ordnung der Raubtiere, doch auch das Fleischfressen haben sie sich seit Langem abgewöhnt.

Wo immer sie gehalten werden, hoffen Tierfreunde auf Nachwuchs. Den zu bekommen, ist nicht leicht. Die Weibchen haben in Gefangenschaft nur einen Eisprung im Jahr und sind deshalb nur für kurze Zeit empfängnisbereit. Die Männchen wiederum verlieren in den großzügig angelegten Gehegen oft jede Lust auf Fortpflanzung.

Die Tierpfleger in Chengdu versuchen deshalb, ihre männlichen Schützlinge zu speziellen Übungen zu animieren, die die Hüft- und Beckenmuskulatur stärken: Mit einem an einer Angel befestigten Apfel sollen die Pandas zum aufrechten Gang bewegt werden. Die Idee: Wer kraftvolle Lenden hat, will sie auch zum Einsatz bringen. Auf der Website der chinesischen Zeitung "China Daily" waren vor einigen Jahren Fotos zu sehen, die Tiere beim Liebestraining zeigten - musikalisch untermalt von James Browns Klassiker "Sex Machine". Pandas mit Sexfilmchen zu animieren, gilt mittlerweile als zweifelhaft. Diskussionen übers Klonen sind ebenfalls verstummt.

Ein probates Mittel ist die künstliche Befruchtung von Pandas. Der Erfolg gibt den Stationen recht: Gleich 14 flauschige Junge konnte Chengdu vor zwei Jahren der entzückten Öffentlichkeit präsentieren. In der freien Wildbahn wäre das nicht möglich gewesen. Nach Mehrlingsgeburten suchen sich die Panda-Mütter dort ein Junges aus, um das sie sich kümmern. Die übrigen verstoßen sie.

Wilde Pandas sind in den Wäldern und Bergen Sichuans zuhause. Sie leben auf einem Areal von rund 2,4 Millionen Hektar. In mehr als einem Viertel der Gebiete sind sie großen Gefahren ausgesetzt: Straßen und Schienen zerschneiden die Gebiete, Wälder werden abgeholzt und vor allem Städte breiten sich aus. "20 Millionen Chinesen ziehen jedes Jahr vom Land in die Metropolen", sagt Peter Taube, Professor für Ostasienwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen. Das habe Folgen für die Tierwelt.

Unter strengen Auflagen verleiht die Station in Chengdu Pandas an zoologische Gärten, besteht aber darauf, den Nachwuchs zurückzubekommen, sobald die Neugeborenen älter als zwei Jahre sind. Denn eine Pandageburt ist wie ein Lottogewinn: phänomenal und selten.

(RP)
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