China Rangeleien bei Prozess gegen prominenten Bürgerrechtsanwalt

Peking · Er gilt als einer der renommiertesten Anwälte Chinas: Früher hat Pu Zhiqiang Bürgerrechtler verteidigt, heute sitzt er selbst auf der Anklagebank. Muss er wegen seiner Regimekritik acht Jahre in Haft?

 Vor dem Gerichtsgebäude demonstrieren Anhänger von Pu Zhiqiang gegen den aus ihrer Sicht unfairen Prozess.

Vor dem Gerichtsgebäude demonstrieren Anhänger von Pu Zhiqiang gegen den aus ihrer Sicht unfairen Prozess.

Foto: ap

Unter großer internationaler Aufmerksamkeit hat in Peking der Prozess gegen einen der bekanntesten chinesischen Bürgerrechtsanwälte begonnen. Dem 50-jährigen Pu Zhiqiang drohen wegen regimekritischer Äußerungen über den twitterähnlichen Kurznachrichtendienst Weibo in China bis zu acht Jahre Haft. Zum Prozessauftakt vor dem Zweiten Mittleren Volksgericht kam es zu Rangeleien mit Sicherheitskräften, die handgreiflich gegen Unterstützer Pus und ausländische Journalisten vorgingen.

Das Urteil werde "sehr bald" fallen, sagte sein Anwalt Mo Shaoping der Deutschen Presse-Agentur. Er rechne damit "in den nächsten Tagen".

 Dieses Foto aus dem Jahr 2011 zeigt den Anwalt Pu Zhiqiang. Weil er Kritik am chinesischen Regime übte, wird ihm jetzt der Prozess gemacht.

Dieses Foto aus dem Jahr 2011 zeigt den Anwalt Pu Zhiqiang. Weil er Kritik am chinesischen Regime übte, wird ihm jetzt der Prozess gemacht.

Foto: dpa

Wegen sieben Kurzmitteilungen wird Pu Zhiqiang "Anstiftung zum ethnischen Hass" zur Last gelegt. Er soll "Streit angezettelt und Ärger provoziert" haben. In seinen insgesamt 20.000 Weibo-Äußerungen, die meist sofort zensiert wurden, hatte der Jurist die Kommunistische Partei und deren Politik gegenüber Tibetern und Uiguren kritisiert.
Der unter Diabetes leidende Anwalt ist seit Mai 2014 in Haft.

Bei den Zwischenfällen vor dem Gericht wurde auch ein US-Diplomat gewaltsam daran gehindert, eine Stellungnahme zu verlesen, in der die Freilassung des Juristen gefordert wurde. "Anwälte und Führer der Zivilgesellschaft wie Pu Zhiqiang sollten nicht anhaltender Unterdrückung ausgesetzt werden, vielmehr sollte ihnen erlaubt werden, zu einem gedeihenden und stabilen China beizutragen", hieß es darin. Auch wurden in der Stellungnahme die "vagen Vorwürfe" beklagt.

Außer den USA und Deutschland hatten auch die EU, Österreich, die Niederlande, Schweden, England, Frankreich und Neuseeland Diplomaten entsandt, die aber nicht an dem Verfahren teilnehmen durften. "Der Gerichtssaal ist voll", hieß es offiziell zur Begründung.

Vor dem Gebäude versammelten sich viele Unterstützer. "Pu Zhiqiang ist unschuldig", rief einer. Andere trugen Plakate mit Sprüchen wie "Chinas Hunde haben Rechte, aber die Menschen nicht" oder "Chinas Polizisten sind Schläger". Mehrere Personen wurden abgeführt.

Der Club der Auslandskorrespondenten in China (FCCC) protestierte gegen das ruppige Vorgehen der Sicherheitskräfte und forderte, "die Belästigung und gewaltsame Einschüchterung ausländischer Journalisten einzustellen". Beamte in Uniform und Zivil hätten ausländische Korrespondenten, Kameraleute und ihre chinesischen Mitarbeiter geschlagen, gestoßen und weggedrängt. Der Versuch, die Berichterstattung zu verhindern, sei ein Verstoß gegen die Regeln für die Arbeit ausländischer Korrespondenten in China.

Menschenrechtsgruppen forderten die "sofortige und bedingungslose" Freilassung Pu Zhiqiangs. "Sein Fall ist voller Gesetzwidrigkeiten, Missbrauch seiner Verfahrensrechte und Verletzungen von Menschenrechten", kritisierte die Organisation China Human Rights Defenders (CHRD). Menschenrechtler sehen in der Verfolgung des Juristen auch den Versuch der Einschüchterung anderer Anwälte in China.

"Nichts, was Pu Zhiqiang geschrieben hat, hat gegen Gesetze verstoßen, aber seine Behandlung durch die Behörden hat es mit Sicherheit getan", sagte Sophie Richardson von der in New York ansässigen Organisation Human Rights Watch.

Pu Zhiqiang war schon als Student während der 1989 blutig niedergeschlagenen Demokratiebewegung aktiv. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften unterrichtete er zunächst an der Universität. Er gilt als "Mann der kleinen Leute", vertrat aber auch den berühmten Künstler Ai Weiwei bei dessen Inhaftierung 2011. Das staatliche chinesischen Magazin "China Newsweek" wählte ihn 2013 zur einflussreichsten Persönlichkeit zur Förderung des Rechts.

(lsa/dpa)
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