Verstümmeltes Mädchen hat wieder eine Nase Das neue Leben der Afghanin Aisha

Washington · Ihr Gesicht auf dem Cover des "Time"-Magazin ging 2010 um die Welt: Aisha, das Mädchen ohne Nase. Die Afghanin war von ihrem Ehemann verstümmelt worden. Nach vielen Operationen hat die heute 22-Jährige nun wieder eine Nase. Und sie kann wieder lachen, wie in mehreren TV-Reportagen zu sehen ist.

 Der US-Sender CNN traf Aisha im Mai. Da hatte die 22-Jährige die Operationen für ihre Nase bereits hinter sich.

Der US-Sender CNN traf Aisha im Mai. Da hatte die 22-Jährige die Operationen für ihre Nase bereits hinter sich.

Foto: Screenshot Youtube

Ihr Leid begann im Alter von zwölf Jahren. Damals verheiratete Aishas Vater sie mit einem Taliban — als Blutgeld. Denn ihr Onkel hatte jemanden aus der Taliban-Sippe ermordet. Fünf Jahre, so erzählte das Mädchen 2010 dem "Time"-Magazin, war sie von der Familie ihres Mannes misshandelt worden. "Ich hatte damals Angst", erzählte sie erst kürzlich dem US-Sender NBC News. "Ich habe nie gedacht, dass ich fliehen könnte."

 Ihr verstümmeltes Gesicht auf dem Cover des "Time"-Magazins machte Aisha im Jahr 2010 bekannt.

Ihr verstümmeltes Gesicht auf dem Cover des "Time"-Magazins machte Aisha im Jahr 2010 bekannt.

Foto: Time Inc., AP

Aber schließlich habe sie nur noch ihre Freiheit gewollt — koste es, was es wolle. Also floh sie, wurde aber gefasst. Das Urteil für die damals 17-Jährige: Fünf Monate Haft. Doch als sie begnadigt wurde, schleppte ihr Mann sie vor ein Taliban-Gericht. Dann geschah das Unfassbare. Ihr Ehemann und seine Familie schnitten dem Mädchen auf Geheiß des Gerichts die Ohren und die Nase ab, ließen sie in den Bergen zurück.

Die schwere Operation zunächst gescheut

Doch Aisha konnte sich retten, kam in eine amerikanische Klinik und neun Monate später in die USA. Da war sie bereits das Gesicht auf dem "Time"-Cover. Eine Organisation für afghanische Frauen half dem jungen Mädchen, wieder zurück ins Leben zu finden. Sie lernte das Alphabet, genoss eine Grundbildung, wie etwa CNN im Mai berichtete. Emotional leer sei sie damals gewesen, habe sich nach einer Familie gesehnt — und die schwere Operation zur Rekonstruktion ihrer Nase gescheut.

Erst mit ihrer neuen Familie sollte sich das ändern. Sie kam zu Mati und Jamila Arsala, wie NBC News berichtete. Die beiden haben eine Tochter und zögerten nicht, Aisha zu sich zu holen. "Weil ich so viel Schmerz gespürt habe, als sie mir ihre Geschichte erzählte", begründet Jamila dies. "Sie hat ihre Mutter verloren, als sie zwei Jahre alt war. Sie ist eine Person, die ihr ganzes Leben überleben musste."

Bei den Arsalas fand die heute 22-Jährige endlich das, wonach sie sich so lange gesehnt hatte: ein richtiges Familienleben, das sie bis dahin nicht kannte, und in gewisser Hinsicht auch Frieden. "Als sie zu uns kam, war sie sehr angespannt, sehr emotional", beschreibt Mati die Situation bei "Stern TV". Aber in Jamila habe sie eine Vertrauensperson gefunden, die zusammen mit ihr geweint habe.

"Sie wirkt von Tag zu Tag glücklicher"

Und so habe sich der Zustand des Mädchens nach und nach stabilisiert, die Albträume und Wutanfälle seien weniger geworden. Und dann wagte sie auch den großen Schritt zur Wiederherstellung ihrer Nase. Sechs Operationen waren es bislang, keine unter acht, neun Stunden, wie der Familienvater "Stern TV" sagte. Doch "sie wirkt von Tag zu Tag glücklicher", sagt Mati Arsala. "Und sie sieht, dass sie von Tag zu Tag hübscher wird."

Und das sieht man der jungen Frau auch an. In den verschiedenen TV-Reportagen sieht man Aisha oft lächeln, auch wenn sie zwischenzeitlich in sich selbst versunken scheint — etwa wenn sie ihren Schmuck aus Perlen macht. Auch mit der Tochter der Familie scheint sie sich gut zu verstehen, die beiden wirken wie Schwestern, machen Fotos von sich, albern herum.

Aisha selbst sagt NBC News, sie habe endlich ihren Frieden gefunden, "ich bin ein sehr glückliches Mädchen". "Ich hätte niemals gedacht, dass ich wieder eine Nase haben würde", sagt sie dem Sender. Und sie fügt hinzu, dass sie immer für alle Frauen beten wolle, dass sie wie sie ihren Frieden finden.

(das)
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