Moskau Demonstrant für "Je suis Charlie"-Schild bestraft

Moskau · Weil er nach dem Anschlag auf das Pariser Magazin "Charlie Hebdo" mit einem Plakat in Moskau Solidarität mit den Opfern zeigte, muss ein Russe für acht Tage in Arrest.

"Charlie Hebdo"-Ausgabe in kurzer Zeit ausverkauft
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Foto: dpa, el ks

Der 46-Jährige hatte sich mit dem Schild "Je suis Charlie" ins Stadtzentrum gestellt — ein Gericht in der russischen Metropole wertete dies als unerlaubte Kundgebung. Das sagte ein Justizsprecher der Agentur Interfax.

Ein zweiter Demonstrant, der das gleiche Schild getragen hatte, wurde am Freitag zu einer Strafe von 20.000 Rubel (265 Euro) verurteilt.

Der Slogan "Je suis Charlie" war weltweit als Geste der Anteilnahme verwendet worden. Der Kreml hatte die Morde verurteilt, Außenminister Sergej Lawrow hatte am Solidaritätsmarsch in Paris teilgenommen.

Warnung vor Karikaturen-Veröffentlichung

Die russische Medienaufsicht hatte zudem vor der Veröffentlichung von Karikaturen des Propheten Mohammed wie in der französischen Satirezeitung "Charlie Hebdo" gewarnt. "Die Veröffentlichung solcher Karikaturen in russischen Medien verstößt gegen die ethischen und moralischen Normen, die in Jahrhunderten ausgearbeitet wurden", erklärte die Behörde Roskomnadsor am Freitag. Sie könnten überdies strafrechtlich geahndet werden.

"Die Verbreitung von Karikaturen zu religiösen Themen in Medien kann als beleidigend oder herabsetzend gegenüber Vertretern religiöser Konfessionen und Gruppen betrachtet und als Anstachelung zu ethnischem und religiösen Hass eingestuft werden", wurde in der Mitteilung ausgeführt. Außerdem könnten Mohammed-Karikaturen Verstöße gegen das Medienrecht und Anti-Extremismus-Gesetze darstellen. Die Aufsichtsbehörde rief die Medien des Landes auf, derartige Veröffentlichungen zu unterlassen.

Umstrittene Bewertung des Pariser Anschlags

In Russland ist die Bewertung des islamistischen Angriffs auf "Charlie Hebdo" in Paris umstritten, bei dem am Mittwoch vergangener Woche zwölf Menschen getötet wurden. Die Regierung in Moskau hatte Frankreich ihr Beileid ausgesprochen, Außenminister Sergej Lawrow nahm am Trauermarsch am Sonntag in Paris teil.

Viele Kreml-treue Kommentatoren sowie russische Muslime warfen der Redaktion von "Charlie Hebdo" jedoch vor, die Gewalttat mit ihren Mohammed-Karikaturen provoziert zu haben. Für kommende Woche sind mehrere Protestzüge in Russland geplant, unter anderem im tschetschenischen Grosni.

(dpa/afp)
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