Wirbel um Steuerflucht Depardieu schreibt verbitterten Brief

Paris · Der Schauspieler wehrt sich öffentlich gegen Frankreichs Premierminister Ayrault, der den 63-Jährigen wegen seiner Steuerflucht nach Belgien kritisiert hatte. Kernaussage: Er habe viel für sein Land getan und lasse sich nicht beleidigen.

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Foto: kombo peinlichkeiten stars AP Screenshot RTL Twitter

Wenn Gérard Depardieu etwas gegen den Strich geht, wird es in der Regel ungemütlich. Der gewichtige Franzose ist für seine Wutausbrüche bekannt: Mal trat er in Rage gegen ein falsch geparktes Auto, beleidigte Schauspielkollegen wie Juliette Binoche oder beschimpfte seine Landsleute als "blöd", weil sie meinten, er sei in einer Talkshow betrunken gewesen (was bei einem Alkoholkonsum, der nach eigenen Aussagen bei "vier bis sechs Flaschen Wein" am Tag liegt, nicht ganz abwegig ist).

Nun hat sich der 63-Jährige in einem emotionalen, aber ungewohnt gesitteten Brief zu Wort gemeldet. Empfänger ist Frankreichs Premierminister Jean-Marc Ayrault. Der Politiker hatte Depardieu vor einigen Tagen schwer kritisiert, weil der Schauspieler wegen der extrem hohen Reichensteuer aus Paris in ein belgisches Grenzdorf umgezogen war. Depardieus Verhalten trage "erbärmliche Züge"; in schwierigen Zeiten seien "bürgerliche Solidarität und ein patriotischer Geist" gefragt. Der Schauspieler antwortete ihm darauf mit diesem Schreiben, das im französischen "Journal du Dimanche" veröffentlicht wurde.

Offener Brief an Monsieur Ayrault

"Erbärmlich, Sie haben erbärmlich gesagt? Wie erbärmlich das ist. Ich bin 1948 geboren, ich habe im Alter von 14 Jahren als Drucker angefangen zu arbeiten, dann als Lagerarbeiter, später als Schauspieler. Ich habe immer meine Steuern und Abgaben gezahlt, wie hoch der Satz auch war, und unter allen Regierungen. Niemals bin ich meinen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Die historischen Filme, in denen ich mitgespielt habe, belegen meine Liebe zu Frankreich und seiner Geschichte. Berühmtere Personen als ich wurden ins Ausland verbannt oder haben das Land verlassen.

Unglücklicherweise bleibt mir hier nichts mehr zu tun. Aber ich werde auch künftig die Franzosen lieben und dieses Publikum, mit dem ich so viele Emotionen geteilt habe! Ich gehe, weil Sie der Ansicht sind, dass der Erfolg, die Schaffenskraft, das Talent, im Grunde: der Unterschied, bestraft werden müssen. Ich verlange nicht, dass man meinen Schritt gutheißt, aber ich könnte zumindest respektiert werden. All jene, die Frankreich verlassen haben, wurden nicht so beleidigt wie ich. Meine Gründe, die zahlreich und persönlich sind, habe ich nicht zu rechtfertigen.

Ich gehe, nachdem ich in diesem Jahr 85 Prozent Einkommensteuer gezahlt habe. Aber ich bewahre den Geist Frankreichs, der schön war und der, wie ich hoffe, es bleiben wird. Ich überreiche Ihnen meinen Pass und meine Sozialversicherungskarte, die ich niemals benutzt habe. Wir haben nicht mehr dasselbe Vaterland, ich bin ein wahrer Europäer, ein Bürger der Welt, so wie es mir mein Vater beigebracht hat. Ich finde die Verbissenheit der Justiz gegenüber meinem Sohn Guillaume erbärmlich, die ihn als Jungen wegen zwei Gramm Heroin zu drei Jahren Haft verurteilt hat, während andere trotz weitaus schlimmerer Verbrechen vom Gefängnis verschont bleiben. Ich werfe keinen Stein auf Menschen mit zu viel Cholesterin, mit Bluthochdruck, Diabetes oder die zu viel trinken. Ich werfe keinen Stein auf jene, die auf ihrem Motorroller eingeschlafen sind. Ich bin einer von ihnen, wie Ihre teuren Medien so gerne wiederholen. Ich habe niemals einen Menschen umgebracht. Ich denke nicht, dass ich mich jemals als unwürdig erwiesen habe. Ich habe in 45 Jahren 145 Millionen Euro Steuern gezahlt. Ich habe für 80 Personen Arbeit geschaffen in Unternehmen, die für sie entwickelt wurden und die von ihnen geleitet werden.

Ich bin weder zu bedauern noch zu beneiden, aber ich lehne das Wort erbärmlich ab. Wer sind Sie, dass Sie mich derart verurteilen, das frage ich Sie, Monsieur Ayrault, Premierminister von Monsieur Hollande. Ich frage Sie, wer sind Sie? Trotz meiner Exzesse, meines Appetits und meiner Lebensfreude bin ich ein freies Wesen, Monsieur, und ich werde höflich bleiben." Gérard Depardieu

(RP/rm)
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