Vor 40 Jahren wurden John Paul Getty III. entführt Der Millionenerbe, der nie mehr ins Leben zurückfand

Rom · Er war erst 17 Jahre, als er von Verbrechern entführt wurde. Der steinreiche Großvater von John Paul Getty III. weigerte sich, Lösegeld für seinen Enkel zu zahlen. Daraufhin schnitten ihm die Entführer ein Ohr ab. Vor 40 Jahren wurde Getty freigelassen - doch wirklich ins Leben zurück fand er nie.

 Dieses Foto von John Paul Getty III. stammt aus dem Jahr 2003. Nach einer *berdosis und einem Hirnschlag 1981 saß er im Rollstuhl.

Dieses Foto von John Paul Getty III. stammt aus dem Jahr 2003. Nach einer *berdosis und einem Hirnschlag 1981 saß er im Rollstuhl.

Foto: dpa, Ian Nicholson

Völlig abgemagert, dreckig, traumatisiert und mit einer entzündeten Wunde am Kopf wurde John Paul Getty III. im Dezember 1973 an einer Autobahnraststätte bei Neapel aufgegriffen.

Fünf Monate war der damals 17-Jährige in der Hand von skrupellosen Entführern gewesen, weil sich sein steinreicher Großvater geweigert hatte, das Lösegeld zu bezahlen. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, hatten die Mafia-Kidnapper Getty sogar das rechte Ohr abgeschnitten und an eine Zeitung geschickt. Am 15. Dezember jährt sich das Ende der brutalen Entführung zum 40. Mal.

Vor dem Verbrechen führte Getty ein unbeschwertes Leben. Er war Enkel des Ölmilliardärs Jean Paul Getty, der in den 70er Jahren als einer der reichsten Männer der Welt galt. Er lebte mit seiner Mutter und seinen Geschwistern in Rom, wurde von der Boulevardpresse als "Goldener Hippie" bezeichnet, nahm an Demonstrationen teil und war in Nachtclubs unterwegs. Getty flog von mehreren Schulen und wollte als Künstler sein Geld verdienen.

In der Nacht auf dem 10. Juli 1973 war der junge Mann auf dem Rückweg von einer Party, als er mitten im Zentrum Roms von Mitgliedern der kalabrischen Mafia 'Ndrangheta entführt wurde. Zwei Tage später erhielt seine Mutter einen ersten Anruf, in dem die Kidnapper 17 Millionen Dollar Lösegeld forderten. Kurz darauf folgte ein Brief ihres Sohnes: "Liebe Mami, ich bin in den Händen von Entführern. Lass nicht zu, dass ich getötet werde."

Doch weder Gettys Mutter noch sein Vater konnten die geforderte Summe aufbringen und sein reicher Großvater weigerte sich, das Geld zu bezahlen. Der für seine Sparsamkeit bekannte Familienpatriarch vermutete, sein Enkel habe seine Entführung nur inszeniert, um an sein Geld zu kommen. Laut Medienberichten argumentierte er, wenn er zahle, habe er bald 14 entführte Enkel.

Nachdem John Paul Getty III. schon drei Monate in Gefangenschaft war, erreichte die römische Zeitung "Il Messaaggero" schließlich ein grausames Paket. Der Inhalt: Eine Haarlocke des Entführungsopfers und sein abgetrenntes rechtes Ohr. Die Mafiosi senkten ihre Lösegeldforderung und schickten ein Foto des entstellten Getty mit der Drohung, ihn in Stücken freizulassen.

Erst daraufhin lenkte Gettys Großvater ein und zahlte schließlich rund 2,8 Millionen Dollar, die an einer Autobahn zwischen Rom und Neapel hinterlegt wurden. Nach der Lösegeldübergabe kam Getty frei. Neun mutmaßliche Kidnapper wurden festgenommen, jedoch nur zwei von ihnen verurteilt. Von dem Lösegeld fehlte jede Spur.

Die Zeit in der Gefangenschaft hatte den Teenager geprägt. Seine Versuche, wieder in ein normales Leben zurückzufinden, scheiterten. Gettys Ohr wurde mit plastischer Chirurgie wiederhergestellt und er heiratete seine Freundin, die deutsche Fotografin Gisela Schmidt. Doch die Ehe wurde geschieden, und auch beruflich gelang dem jungen Mann als Schauspieler nicht der Durchbruch. Von Panikattacken geplagt flüchtete Getty sich in Drogen.

1981, im Alter von nur 25 Jahren, erlitt er nach einer Überdosis einen Hirnschlag und lag sechs Wochen im Koma. Als Getty wieder aufwachte, war er teilweise gelähmt, fast blind und konnte nicht mehr sprechen. Der US-Amerikaner saß danach im Rollstuhl und lebte zurückgezogen, bis er im Februar 2011 im Alter von 54 Jahren starb.

(dpa)
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