Besuch in Assisi Der Papst auf den Spuren seines Namensgebers

Assisi · Franziskus besucht Assisi, ermahnt die Priester zu kurzen Predigten, speist mit den Armen und nicht mit den Würdenträgern.

Die Menschen in Assisi sind hin- und hergerissen — zwischen Rührung und Ekstase. Sehr früh ist Papst Franziskus mit dem Hubschrauber aus Rom gelandet, hat schon weit vor 8 Uhr das Istituto Serafico betreten, in dem Kranke und Behinderte betreut werden. In einer Kapelle fährt er den Kindern und Patienten mit der Hand übers Haar, er küsst, streichelt und segnet. Jorge Mario Bergoglio, dieser Papst zum Anfassen, ist jetzt bei den Hilfsbedürftigen.

Es ist nicht der erste Besuch eines Papstes in Assisi. Aber es ist der erste Besuch eines Papstes, der sich den Namen Franziskus gegeben hat. Namen können Programm sein, oder Etikette. An diesem Tag will Bergoglio zeigen, warum er sich am 13. März den Namen Franziskus gab. "Eine arme Kirche, die für die Armen da ist", wünschte sich der Papst damals.

Der Assisi-Besuch dieses Papstes ist ein Wandeln auf den Spuren seines Namensgebers. Auf den Spuren des poverello, des "kleinen Armen", der vor 800 Jahren der Welt entsagte, seinen Reichtum als Sohn eines Tuchhändlers aufgab und sich ganz den Schwächeren, den Armen, den Kranken und auch den Tieren anvertraute. Manche — Bergoglio gehört wohl zu ihnen — sehen genau darin den Sinn des Christentums. Vielleicht will Franziskus zurück zu diesen Anfängen.

Als der Papst das Wort ergreift, tut er das langsam. Die Journalisten schrecken trotzdem auf, denn kein Wort des Pontifex steht so im vorbereiteten Manuskript. "Heute ist der Tag des Weinens", sagt Franziskus und alle wissen, dass er damit die Flüchtlingskatastrophe meint, die sich vor der süditalienischen Insel Lampedusa ereignet hat.

Unzählig wirken die Orte in Assisi, die für Verehrer des Heiligen Franziskus Bedeutung haben. Da ist die Kirche San Damiano. An diesem Ort soll Jesus zum Heiligen gesprochen haben und ihm zum Aufbau des "ganz und gar in Verfall" geratenen Hauses aufgerufen haben. Papst Franziskus betet hier. Wer will, kann daraus lesen, dass der Pontifex die Kurie und vielleicht sogar die ganze Kirche umbauen will.

Franziskus besucht das Zimmer im Bischofssitz, in dem sich der Heilige seiner weltlichen Kleider und aller irdischen Güter entledigt hat. Der Papst betritt die Basilika San Francesco, wo die Gebeine des Heiligen ruhen. Drei weiße Rosen legt Franziskus auf den Sarg seines Namensgebers.

50 000 Gläubige haben auf dem Vorplatz der Basilika applaudiert, als der Papst eingetroffen ist. Er sagt "Pace e bene a tutti". Es ist der Gruß der Franziskaner, der bedeutet "Frieden und Gutes für alle". In seiner Predigt wendet sich der Papst gegen die Kriege in der Welt, vor allem "in Syrien, im Heiligen Land und im Nahen Osten". Später wird er Vertretern des Klerus mitteilen, sie sollten mit diesen "unendlichen, langweiligen" Predigten aufhören, die keiner verstehe.

Franziskus spricht in Assisi viel, aber immer recht kurz und pointiert. "Streitet, wann ihr möchtet. Werft die Teller durch die Gegend. Aber beendet den Tag nie, ohne wieder Frieden miteinander geschlossen zu haben!" So lautet sein Rat an Freunde, Familien, Ehepaare.

Franziskus hat sich schon in Rom entschieden, nicht mit den Würdenträgern zu Mittag zu essen, sondern mit den Armen. "Entweder steht man auf der Seite der Armen oder auf der Seite des Geldes", hatte er auf dem Vorplatz der Basilika gepredigt. Als Franziskus vom Papamobil steigt, empfängt ihn Abdallah, ein siebenjähriger Marokkaner. Ein Mann mit Palästinenserschal kniet sekundenlang vor Franziskus nieder. Der wirkt beinahe betroffen.

(RP)
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