Dieter K. soll 14-jährige Kalinka getötet haben Deutscher Arzt in Frankreich zu 15 Jahren verurteilt

Créteil · 30 Jahre nach dem Tod der 14-jährigen Kalinka ist der deutsche Arzt Dieter K. in Frankreich erneut zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Ein Berufungsgericht in Créteil bei Paris sprach den 77-Jährigen am Donnerstag wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge schuldig. Laut Staatsanwaltschaft hatte K. seiner Stieftochter 1982 in Lindau ein Schlafmittel verabreicht, um sie zu vergewaltigen. Das Mädchen sei erstickt.

Eine Chronik des Falls Kalinka
Infos

Eine Chronik des Falls Kalinka

Infos
Foto: dpa, Privat

Kalinka war am 10. Juli 1982 von ihrer Mutter tot in ihrem Bett in K.s Haus in Lindau am Bodensee gefunden worden, nachdem K. dem französischen Mädchen am Vorabend eine Spritze gegeben hatte. Die genauen Umstände ihres Todes konnten auch in dem Berufungsverfahren nicht geklärt werden: Die Staatsanwaltschaft erhob schwere Vorwürfe gegen die deutsche Justiz, die die Akten "auf Grundlage einer verpfuschten Autopsie und verpfuschter Ermittlungen" geschlossen habe.

In Deutschland waren die Ermittlungen zum Tod des Mädchens 1987 in letzter Instanz eingestellt worden, ohne dass es je zu einer Anklageerhebung gegen K. kam. Um K. dennoch hinter Schloss und Riegel zu bringen, hatte Kalinkas leiblicher Vater André Bamberski den Arzt im Herbst 2009 aus seinem Wohnort in Bayern in die elsässische Stadt Mülhausen verschleppen lassen. Ein Pariser Gericht verurteilte K. daraufhin im Oktober 2011 zu 15 Jahren Haft.

Das Berufungsgericht in Créteil bestätigte nun dieses Urteil der ersten Instanz, gegen das K. Beschwerde eingelegt hatte. Die drei Richter und neun Geschworenen sprachen in ihrem Urteil von "Gewalttätigkeit", ohne dies genauer zu benennen. Kalinkas Tod sei aber nicht absichtlich herbeigeführt worden.

K.s Anwälte kündigten umgehend Revision vor dem höchsten französischen Gericht, dem Kassationsgerichtshof, an. Ein Anwalt bezeichnete das Urteil als "Schande". K. werde "ohne Beweise" gegen ihn in die "Todeszelle" geschickt. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von 15 bis 18 Jahren gefordert.

Der 77-jährige K. hatte bis zuletzt seine Unschuld beteuert: "Ich schwöre bei Gott: Ich habe Kalinka weder vergewaltigt noch getötet", sagte er noch am Donnerstag kurz vor der Urteilsverkündung. Er sei "hundert Prozent unschuldig", versicherte der Kardiologe mit schwacher Stimme auf Französisch. "Ich möchte nicht in Frankreich sterben." Den Urteilsspruch, der ihm auch auf Deutsch vorgelesen wurde, nahm er dann beinahe regungslos zur Kenntnis.

Kalinkas Vater André Bamberski ist hingegen seit Jahrzehnten von der Schuld des deutschen Arztes überzeugt, der 1997 in Deutschland vom Landgericht Kempten wegen der Vergewaltigung eines anderen Mädchens in seiner Praxis zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden war. Für die Verschleppung von K. nach Frankreich wird er sich nächstes Jahr vor einem französischen Gericht verantworten müssen.

In Frankreich war K. bereits 1995 in Abwesenheit zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Deutschland lieferte den Kardiologen aber nie aus.

(AFP/felt)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort