Staatsanwältin Inga Bejer Engh Die Frau, die Breivik in die Enge trieb

Oslo · Anders Behring Breivik wollte den Prozess gegen ihn als Bühne zur Verbreitung seiner kruden Theorien nutzen. Dass ihm das nicht gelang, ist vor allem einer Frau zu verdanken: Staatsanwaältin Inga Bejer Engh demontierte den Massenmörder geradezu. Sie hatte den Fall angenommen, ohne zu zögern.

Dritter Prozesstag: Breivik wird erneut befragt
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Am dritten Tag des Prozesses sollte Anders Behring Breivik zu seinen Kontakten zu anderen militanten Nationalisten befragt werden. Doch zu Beginn des Prozesses wollte er dazu nichts sagen. Erschöpft und resigniert wirkte er, sagte, die Staatsanwaltschaft wolle doch nur anzweifeln, dass es das angebliche Netzwerk der "Tempelritter" gebe.

Genau das hatten Staatsanwältin Inga Bejer Engh und ihr Kollege Svein Holden sich vorgenommen. Breivik und seine kruden Theorien zerlegen, ihm keine Chance geben, die Show vor Gericht zu haben, die er sich gewünscht hatte. Ein schwieriges Unterfangen angesichts eines Massenmörders, der jede Sekunde seines Auftrittes im Prozess für sich zu nutzen sucht.

Doch der 41-Jährigen schien dies ein Stück weit zu gelingen. Bei ihrer Befragung Breiviks am zweiten Prozesstag ging es um seinen Schulabbruch, seine gescheiterten Firmen, im Kern um Breivik als Gescheiterten.

"Es war Staatsanwältin Engh, die Breivik (...) demütigte, indem sie seinen Hirngespinsten Fakten entgegensetzte", konstatierte etwa Spiegel Online. Und stern.de schrieb: "Bejer Engh lässt sich nicht irritieren, nicht provozieren (...) Stoisch arbeit sich die Staatsanwältin durch Breiviks Manifest und rupft es auseinander." Sie spricht mit dem Angeklagten, so konstatieren norwegische Medien, als spreche eine Mutter mit einem Kind.

Ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit

Inga Bejer Engh wurde im Jahr 2000 Staatsanwältin. Damals war sie gerade einmal 32 Jahre alt. Einer ihrer bekanntesten Fälle war der eines Mannes, der seiner Frau Säure ins Gesicht geschüttet hatte. Zuvor arbeitete sie als Anwältin in verschiedenen Regionen Norwegens und arbeitete für die Vereinten Nationen auf dem Gebiet des Völkerrechts.

Den Wunsch, Anwältin zu werden, habe sie aber bereits in der Schule gehabt, schreibt die norwegische Zeitung "Verdens Gang", die die zierliche Frau mit den blonden Haaren in den Wochen vor dem Prozess begleitete. Schon in der Grundschule, so heißt es in dem Beitrag, habe sie einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit gehabt.

Als schließlich die Bitte an sie herangetragen wurde, den Fall Breivik zu übernehmen, habe sie sofort Ja gesagt, zitiert "Verdens Gang" die Staatsanwältin. Sie habe gewusst, dass sie ihr Mann unterstützen würde. Und sie habe ihren Vater angerufen, ein freier Berater, der jeden Auftrag nach Prozessbeginn ablehnte, um sich mit um die zwei Kinder Enghs zu kümmern. Denn viel Zeit würde die 41-Jährige in den nächsten Wochen nicht mehr haben.

Eine völlig neue Situation

Doch nicht nur die Zeit, auch der Druck, der auf der Staatsanwaltschaft lastet, ist enorm. Denn die ganze Welt schaut auf diesen Prozess und diskutiert darüber, ob man einem Massenmörder ein solches Forum geben darf, in dem er sich stundenlang über seine Theorien auslassen darf. "Es ist als Ganzes sehr schwierig", zitiert tagesschau.de Inga Bejer Engh. "Ich war noch nie in einer solchen Situation, wie die meisten, die hier sitzen."

Auch "Verdens Gang" schreibt, wie sehr der Fall die junge Frau bereits Wochen vor dem Prozess beschäftigte. In den ersten Tagen, so erzählt Engh dem Blatt, sei es schwer gewesen, die Lektüre zu dem Fall wegzulegen. Am Anfang habe sie diese mit nach Hause genommen, besonders, nachdem sie selbst mit der Polizei die Insel Utoya besucht habe. Jetzt allerdings, habe sie eine professionelle Distanz zu dem Thema, auch wenn sie nicht sagen könne, woher diese komme.

(das)
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