Flüchtlingsdrama in Asien "Lieber wäre ich in Myanmar gestorben"

Jakarta · Keiner will sie haben, nun sind mehr als 1000 Bootsflüchtlinge an die Strände von Indonesien und Thailand getrieben worden. Tausende weitere Menschen sollen in Booten vor den Küsten der südostasiatischen Länder auf Hilfe warten.

Flüchtlinge vor Malaysia, Indonesien, Thailand: Flüchtlingsdrama im Asien
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Flüchtlingsdrama in Asien

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Das Schicksal von Tausenden auf hoher See treibenden Bootsflüchtlingen ruft die internationale Diplomatie auf den Plan. Die Vereinten Nationen riefen Thailand, Malaysia und Indonesien zur Rettung von Menschenleben auf. Auch die USA forderten die Regierungen auf, ankommende Bootsflüchtlinge nicht abzuweisen. Doch die Länder machten deutlich, dass die Migranten nicht willkommen seien.

Nach einer Irrfahrt in der Straße von Malakka und nahe gelegenen Gewässern strandeten dennoch mehr als 1000 Bootsflüchtlinge an den Küsten Indonesiens und Thailands. Sie berichteten von wochenlangem quälenden Hunger, tödlicher Gewalt und Ausbeutung auf hoher See.

"Wenn ich vorher gewusst hätte, dass die Bootsfahrt so schrecklich wird, wäre ich lieber in Myanmar gestorben", sagte die 16-jährige Manu Abudul Salam. Sie gehört der muslimischen Minderheit der Rohingya in der Region Rakhine in Myanmar an. Die Volksgruppe wird dort seit Jahren verfolgt. Viele Rohingyas ergriffen deshalb die Flucht.

Manu war an Bord eines Bootes, das am Freitag von Fischern in der indonesischen Provinz Aceh zum Dorf Langsa geschleppt wurde. An Bord waren Polizeiangaben 790 Menschen, darunter je 61 Frauen und Kinder.
In einem anderen Boot, das ebenfalls in die Ortschaft gebracht wurde, befanden sich 47 Menschen.

Dutzende sterben auf dem Boot

Nach mehreren Tagen auf hoher See sei der Kapitän ihres Bootes mit einem Schnellboot davongefahren, schilderte Manu. Ehe er die Insassen verlassen habe, habe er den Motor des Bootes zerstört. Es begann zu treiben. Mit schwindenden Lebensmittel- und Wasservorräten seien die Spannungen auf dem Boot gestiegen und Kämpfe ausgebrochen. Ihr 20 Jahre alter Bruder gehörte laut Manu zu den Dutzenden Todesopfern der Zusammenstöße zwischen Bangladeschis und Rohingyas an Bord. "Sie dachten, dass der Kapitän aus unserem Land kommt und attackierten uns mit Stöcken und Messern", sagte sie. Die Leichen der Toten seien ins Meer geworfen worden.

Ein 19-jähriger Überlebender aus Bangladesch, Saidul Islam, sagte, Dutzende auf dem Boot seien verhungert oder ihren Verletzungen durch die Kämpfe erlegen. Die Bootsfahrt habe drei Monate gedauert. Alles habe damit begonnen, dass ein Mann in seinem Dorf aufgetaucht sei und gefragt habe, ob jemand an einer Reise nach Myanmar interessiert sei.

Auf hoher See habe der Kapitän aber Hunderte Dollar von den Insassen verlangt und sie gezwungen, ihre Familien zwecks Bezahlung anzurufen. Auf dem beengten und heißen Boot seien sie zudem geschlagen worden, berichtete Islam. "Wir konnten nicht aufstehen. Wenn wir um Wasser gebeten haben, hat der Kapitän mit Draht auf uns eingeprügelt."

Zurück nach Myanmar können sie nicht

Vor den Küsten der südostasiatischen Länder treiben Schätzungen zufolge bis zu 6000 weitere Flüchtlinge in ihren Booten. Thailand, Indonesien und Malaysia verwehren ihnen Zutritt und haben sie bereits abgewiesen.

Myanmar erklärte zudem, man werde Flüchtlinge, die sich als Rohingya bezeichneten, nicht wieder aufnehmen. "Wir können nicht sagen, dass die Flüchtlinge aus Myanmar kommen, bis wir sie identifizieren können", sagte Regierungssprecher Ye Htut. In Myanmar gelten die Rohingya den Behörden als illegale Migranten aus Bengladesch und werden daher "Bengalis" genannt. Dabei leben sie seit Generationen in Myanmar.

Die Vereinten Nationen zeigten sich über die Flüchtlingskrise alarmiert. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon werde die örtlichen Staatschefs drängen, Menschenleben an die erste Stelle zu setzen, sagte sein Sprecher Farhan Haq. "Wir wollen nicht, dass sie in treibenden Särgen sind", fügte er mit Blick auf die Bootsflüchtlinge hinzu.

(ap)
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