Nach dem Erdbeben in Japan Eine Katastrophe für Mensch und Tier

Fukushima (RPO). Völlig verdreckt trotten die Hunde die verwüstete japanische Nordostküste entlang. Auf der Suche nach Nahrung durchwühlen sie herumliegende Müllberge, jaulend suchen sie nach ihren Besitzern. Die verheerende Erdbeben- und Tsunamikatastrophe vom 11. März hat tausende Haustiere herrenlos gemacht.

Japan: Gerettete Tiere trösten die Überlebenden
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Japan: Gerettete Tiere trösten die Überlebenden

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Die sechsjährige Hündin "Luna" hatte mehr Glück - sie hat etwas zu fressen. Ihr Besitzer hat die Naturkatastrophe überlebt, konnte mit seiner Hündin jedoch nicht in die Notunterkunft flüchten, weil dort ein Haustierverbot gilt. Nun ist "Luna" vor der Turnhalle an einen Baum gekettet. Immer wieder bellt sie um Aufmerksamkeit oder legt sich in einem Karton auf einem dreckigen Kissen zum Schlafen nieder. Hin und wieder kommen Passanten vorbei, die dem Tier Zuwendung geben, es streicheln und trösten. Zwei mal am Tag geht jemand mit "Luna" Gassi.

Für viele Artgenossen sieht es dagegen gar nicht gut aus. Seit der Katastrophe, die mehr als 10.000 Menschen das Leben kostete, sind viele Hunde und Katzen auf sich allein gestellt.

"Das ist für Tiere wie Menschen eine große Katastrophe", sagt Sugano Hoso von der japanischen Zweigstelle des in den USA ansässigen United Kennel Clubs, eines Dachverbands für Hundezucht. "Viele Haustiere sind nun ganz alleine, viele weitere sitzen in menschenverlassenen Evakuierungszonen fest." Als es um Leben oder Tod ging, hatten Bewohner von Fukushima und Umgebung Tausende ihrer Haustiere in der Gefahrenzone rund um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima Dai-Ichi zurückgelassen. Den Tieren droht nun eine mögliche Verstrahlung.

"Ein wichtiger Teil geworden"

Die größte Herausforderung sei es nun, die Haustiere wieder zu den Besitzern zurückzubringen, ihnen Nahrung, tierärztliche Hilfe und eine Unterkunft zu besorgen, erklärt Hoso. Ihre Organisation versucht alles Menschenmögliche, um der Not abzuhelfen. "Wir haben die Regierung gebeten, in diese Evakuierungszonen gehen zu dürfen, um Hunde zu retten, aber die Regierung hört nicht auf uns", erklärt sie.

Auch "Luna" kommt aus der Gegend um Fukushima. Zum Glück hatte ihre Besitzerfamilie vor ihrer Flucht auch an sie gedacht. "Als wir dazu aufgefordert wurden, uns in Sicherheit zu bringen, stellten wir sicher, dass 'Luna' dabei ist und für die ersten Tage genügend Futter hat", sagt ihr Besitzer Masami Endo. Der 55-jährige Gemüsehändler kommt aus der Stadt Minamisoma, nicht weit weg vom beschädigten Reaktor von Fukushima. Schließlich ging Endo in die größte Notunterkunft in Fukushima, wo rund 1400 Menschen Zuflucht gefunden haben.

Auch Tamae Morino hat ihre Perserkatze "Lady" zur Notunterkunft gebracht, wie "Luna" muss jedoch auch "Lady" draußen bleiben. Die Erdbeben- und Tsunamikatastrophe hat die Katze unruhig und reizbar gemacht. "Sie ist krank geworden und ist immer noch sehr nervös", sagt Morino. "Sie ist ein wichtiger Teil unserer Familie geworden. Weil sie aber keine Haustiere hineinlassen, muss sie alleine im Auto schlafen", erzählt sie. "Sie wirkt sehr einsam. Aber wir sind froh, dass sie bei uns ist. So viele Katzen sind einfach verschwunden."

80 Hunde und Katzen finden in Tierheim Zuflucht

Ryo Taira kümmert sich zumindest um einige der vermissten Tiere. Er hat in seiner Zoohandlung in der bei Sendai gelegenen Stadt Arahama 80 Hunde und Katzen aufgenommen, die von ihren Besitzern nicht in Notunterkünfte gebracht werden konnten. Die Nächte verbringen die überwiegend kleinen Hunde nun in übereinander gestapelten Lattenverschlägen. In einem nahegelegenen Park gehen Mitarbeiter und Freiwillige mit ihnen Gassi.

Für die Halter zeigt Taira Verständnis. "Die Evakuierten stehen unter großem Stress, viele sind mit dem Wiederaufbau oder der Suche nach vermissten Familienmitgliedern beschäftigt", sagt Taira. "Da haben sie nicht allzu viele Energiereserven, um sich um ihre Haustiere zu kümmern. Deshalb tun wir, was wir können, um ihrem Stress abzuhelfen."

(apd/das)
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