Erneut schwere Erdstöße Insgesamt vier Erdbeben erschüttern Mittelitalien

Rom · Die Menschen in der Erdbebenregion in Mittelitalien sind sowieso schon am Rande ihrer Nervenkraft: Es liegt meterhoch Schnee und es ist eiskalt. Nun bebt der Boden wieder - gleich mehrere Male hintereinander.

 Die Zivilpolizei fährt durch die Straßen in Monterale (Italien).

Die Zivilpolizei fährt durch die Straßen in Monterale (Italien).

Foto: afp, ADS

Eine Serie von Erdbeben hat am Mittwoch erneut Mittelitalien erschüttert. Ihre Epizentren lagen in derselben Region, in der bei einem schweren Beben im vergangenen Sommer fast 300 Menschen umgekommen waren. Diese leidet zudem unter den heftigsten Schneefällen seit einem halben Jahrhundert. Es gab aber offenbar nur wenige Schäden.

Binnen vier Stunden erschütterten vier Beben mit einer Stärke über 5 die Region, das erste war um 10.25 Uhr mitteleuropäischer Zeit, das letzte um 14.30 Uhr. Die Erschütterungen waren in den gesamten Abruzzen sowie in den Regionen Marken und Latium mit der Hauptstadt Rom zu spüren.

In der rund 100 Kilometer entfernten Hauptstadt wurden wegen der Erschütterungen Schulen und öffentliche Gebäude vorsorglich evakuiert und der U-Bahnbetrieb für zwei Stunden unterbrochen. Auch in dem Erdbebengebiet wurden alle Schulen geräumt, die wegen des heftigen Schneefalls in den vergangenen Tagen noch nicht geschlossen waren.

Die Epizentren lagen in der Nähe des malerischen Bergdorfs Amatrice, das bei einem schweren Beben im vergangenen August fast völlig zerstört worden war. Bis heute hat sich der Ort davon nicht erholt. Zusätzlich machen Amatrice wie vielen anderen Orten in der Region auch die seit einigen Tagen herrschende Kälte und der Schnee schaffen.

Unter der Schneelast war in dem Ort bereits am Dienstag ein Behelfskrankenhaus aus aufblasbaren Modulen zusammengebrochen. Am Mittwoch stürzte durch das Beben dann der im August bereits beschädigte Glockenturm der 600 Jahre alten Kirche Sant'Agostina ein.

"Keine Ahnung, was wir Schlimmes verbrochen haben", sagte der Bürgermeister von Amatrice, Sergio Pirozzi. "Erst anderthalb bis zwei Meter Schnee - und jetzt auch noch Erdbeben! Was soll ich dazu sagen? Ich bin sprachlos."

"Die Lage ist dramatisch", sagte auch der Bürgermeister im nahegelegenen Accumoli, Stefano Petrucci. Wegen des Schnees sei der Straßenverkehr blockiert, es fehle an Räumfahrzeugen. "Wir können nicht mit Pfeil und Bogen dagegen ankämpfen!"

Nach Angaben des Roten Kreuzes sind Dutzende Menschen in einigen kleinen Dörfern wegen des Schnees in ihren Häusern eingeschlossen. Dort sollen zudem einige Gebäude eingestürzt sein. Nach mehreren Beben im August und Oktober waren tausende Einwohner allerdings in erdbebensicheren Regionen untergebracht worden.

In der Dutzende Kilometer weiter südlich gelegenen Stadt Aquila, in der bei einem Beben im Jahr 2009 mehr als 300 Menschen starben, rannten die Menschen in Panik auf die Straßen. Dort gab es aber offenbar keine neuen Schäden.

"Glücklicherweise gab es keine Opfer", sagte Ministerpräsident Paolo Gentiloni, der sich am Mittwoch in Berlin aufhielt. Er kündigte eine Aufstockung der Truppen an, die bereits zum Schneeräumen in die Region beordert waren.

Das Auswärtige Amt riet am Mittwoch in seinen Reisehinweisen, die von den Beben unmittelbar betroffenen Gebiete nach Möglichkeit zu meiden und die Hinweise und Empfehlungen der Behörden vor Ort zu beachten. Es müsse mit Beeinträchtigungen sowie weiteren Erdstößen gerechnet werden.

Nach dem Erdbeben in der Nähe von Amatrice waren Ende Oktober mehrere Orte etwa 60 Kilometer weiter nördlich von zwei weiteren schweren Beben erschüttert worden. Das zweite hatte eine Stärke von 6,5 und war damit das stärkste in Italien seit 36 Jahren. Tausende Menschen wurden obdachlos.

Italien wird immer wieder von schweren Erdbeben heimgesucht. Grund für die Beben sind riesige Spannungen, die sich im Untergrund aufbauen. Der "Adriatische Sporn" - ein Anhängsel der afrikanischen Erdplatte - reibt sich hier an der eurasische Platte. Auch deshalb haben sich Italiens Mittelgebirge aufgefaltet. Die enormen Energien können sich entladen.

(crwo/klik/dpa/AFP)
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